Eindringlinge

Geschrieben von franke43 am 04. Februar 2004 08:16:47:

Als Antwort auf: Re: Lebensraum im Westen (Ideologie) geschrieben von JeFra am 04. Februar 2004 04:13:54:

Herr JeFra

Im Grunde sind alle Menschen Eindringlinge, nur stellt sich
die Frage, ob sie Eindringlinge in einem vorher nicht von
Menschen besiedelten (oder von diesen bereits aufgegebenen)
Kulturraum sind oder auf Kosten von bereits vorhandenen
Menschen in deren Lebensraum eindringen.

>>Die kulturelle Ähnlichkeit mit den nordamerikanischen Indianerkulturen ist >>unübersehbar.

>Gut, Sie wollten also auf die kulturelle Ähnlichkeit hinaus und nicht auf die >Art der Landnahme. Damit bin ich einverstanden, obwohl man natürlich damit >rechnen muß, daß für einen Stadtmenschen die Nomadenzelte vergleichbarer >Klimazonen ununterscheidbar sind, so wie vielleicht ein Nomade den Unterschied >zwische New York und Moskau nicht sehen würde.

Es kann ja auch so sein, dass ähnlich gelagerte Lebensweisen
zu ähnlichen Kulturleistungen führen, auch wenn keine
Ur-Verwandtschaft da ist.

>>Aber interessant: es gibt einen samischen Film, in dem dargestellt wird, wie >>eine Bande germanischer Wikinger (also frühes Mittelalter) sich aufgemacht >>hat, um die samische Bevölkerung in ihrer Gegend auszurotten. Sie überfallen >>das eine Zeltdorf nach dem anderen. Das spielt sich in Nordnorwegen ab. Nur >>Phantasie ?

>Das kann ja schon sein, aber da könnten genausogut die germanischen Schweden >oder Norweger einen Propagandafilm drehen, wie eine Bauernfamilie von einem
> Nomadenstamm erschlagen wird, der sein Vieh über das Feld treiben will. >Beides wäre Spekulation. Aber die Samen dürfen derartige Filme machen
>(vielleicht sogar mit den Steuergeldern der Norweger finanziert), während >völkische Propaganda der germanischen Norweger eher unerwünscht ist.

Also ich kann nicht wissen, was in der altnordischen Literatur
alles über die Besiedelungsgeschichte von Nordnorwegen erhalten
ist. D.h. ich könnte mir das Wissen schon beschaffen, sehe
aber meine Hauptaufgabe nicht darin, ein wandelndes Konversations-
lexikon zu sein - ein Eindruck, den aber Sie auf mich machen.
Es ist durchaus möglich, dass solche Vorfälle wie in dem Film
überliefert sind. Schliesslich waren die "skreifinnar" - also
die Samen - bei den germanischen Wikingern nicht hoch angesehen.
Interessant finde ich, wie Sie freimütig den Begriff "völkisch"
verwenden, der seit seinem Gebrauch durch Ihre Gesinnungsgenossen
vor 60 Jahren bei den meisten Leuten verrufen ist.

>Halten Sie den Langenscheidt-Verlag für eine Propagandaeinrichtung ? Dann >müsste ja im Langenscheidt-Wörterbuch Norwegisch dasselbe über die Norweger >stehen. Tut es das?

>Das Norwegisch-Lehrbuch habe ich nicht. Das ist ja wegen der bokmål/nynorsk >Problematik nicht so einfach.

Ich habe es (zu Hause), habe aber nicht nachgesehen. Ich erinnere
mich nur, dass die bokmål/nynorsk-Problematik in der Einleitung
ausführlich behandelt wird.

>Im Moment kann ich ja noch nicht mal richtiges Schwedisch. Aber ich finde es >auf jeden Fall aufschlußreich, daß im Fall der Schweden auf den >nichtgermanischen Ureinwohnern herumgeritten wird, im Fall der Türken hingegen >nicht auf den idogermanischen und/oder kaukasischen (Kaukasier iS von >Georgier, Tschetschenen etc.) Ureinwohnern Anatoliens. Irgendwie typisch >Bundesrepublik, auch wenn es eher aus der ideologischen Grundeinstellung >unserer Intellektuellen resultiert und nicht Ergebnis einer Planvorgabe ist.

Vielleicht weiss man ja einfach weniger über die anatolischen
Völker, die aus Völkerschaften wie den Hethitern, den
Phrygern, Kappadoziern oder den (ingogermanischen) Galatern
hervorgegangen sind. Diese Völkerschaften wurden aber bereits
unter der römischen und dann der byzantinischen Besatzung
allmählich zu einer gesamtanatolischen Bevölkerung umgeformt,
die aber noch nicht türkisch sprach.

>Sie bringen in Ihrem gestrigen Beitrag den Vorschlag, in Nordamerika die >ethnischen Gegebenheiten des Jahres 1500 wiederherzustellen:

>>Es wäre auszuprobieren was wäre, wenn diese Indianer ihr Stammesland zurück >erhalten würden.

Das ist kein Vorschlag, sondern ein Gedankenexperiment.
Ausserdem liesse sich das ja ion Teilbereichen und mit
einzelnen Stämmen ausprobieren statt mit allen Indianer-
völkern (oder ihren Überresten) auf einmal.

>Im Gegensatz dazu wird es als chauvinistisch angesehen, wenn die Germanen >versuchen, die Ergebnisse des Hunnensturmes rückgängig zu machen. Jedenfalls >ist das Projekt der Landnahme im Osten von den Nazis so verstanden worden.

Die Völker, die nach den Germanen die alten Wohnsitze im
Weichselraum eingenommen haben, waren die ebenfalls
indogermanischen Slawen und Balten. Der Hunnensturm war
auch nicht der einzige Auslöser der grossen germanischen
Süd- und Westwanderungen. Schon vor dem Einfall der Hunnen
versuchten Germanenvölker auf römisches Reichsgebiet
vorzudringen und sich dort niederzulassen. Aufgrund der
massiven römischen Gegenwehr blieb es meist bei kurzen
Plünderungen. Die Hunnen haben der Sache dann den rechten
Schub von hinten gegeben, mehr nicht.

>Und im Falle Nordamerikas ist ja auch href="http://vho.org/VffG/1999/4/Nugent386-390.html">nicht so klar, ob die >Indianer wirklich die einzigen Ureinwohner waren.

Ja, aber haben WIR das zu entscheiden ? Ausserdem - wer
soll denn noch dort gewohnt haben ? Oder Sie sehen die
Inuit als etwas völlig anderes - dann könnte man von
mehreren Völkerschaften sprechen.

>>Wobei die Sicht auf Entwicklung wieder spezifisch für die Eindringlinge ist.
>>


>Das kann ja schon sein, aber welche Sicht auf Entwicklung haben Sie denn dann >selber? Die des lieben Gottes? Oder die der nomadisierenden Ureinwohner? >Selber haben Sie ja Chemie studiert, also eine Wissenschaft, die aus >ökologischer Sicht besonders verrufen ist. Wollen Sie diese Kenntnisse >wegwerfen?

Was soll dieser Personenangriff ? Ich habe zwar Chemie studiert,
aber mich nie für umweltschädliche Forschungen oder Entwicklungen
hergegeben.

Die Kenntnisse (so viele sind´s gar nicht) will ich nicht
wegwerfen, aber sinnvoll einsetzen.

>Was wären die Überlebenschancen für Sie und Ihre Familie, wenn wieder die >nomadische Lebensweise eingeführt wird und ganz Skandinavien vielleicht 10mal >soviel Menschen ernähren kann, wie es jetzt dort Samen gibt?

Die wären schlecht. Wir haben leider das Falsche gelernt.

>Wenn es Ihren religiösen Vorurteilen entspricht, scheinen Sie durchaus nichts >gegen Landnahme zu haben. Jedenfalls haben Sie ja mehrfach gesagt, daß Ihrer >Ansicht nach die Landnahme der Juden in Palästina auf göttlichen Befehl >erfolgt sei. Und was hat der Herr den Juden versprochen?
>


>... große und feine Städte, die du nicht gebaut hast, und Häuser, alles Guts >voll, die du nicht gefüllt hast, und ausgehauene Brunnen, die du nicht >ausgehauen hast, und Weinberge und Ölberge, die du nicht gepflanzt hast, daß >du essest und satt werdest.
>

>(Deut. 6:10ff mit gekürzter Wiederholung in Josua 24:13). Der Unterschied zu >den von Ihnen zitierten norwegischen Einwanderern ist offenbar der, daß die >Norweger das Land selber urbar machen mußten, während die Israeliten (nach >eigenem Selbstverständnis, Spekulationen über den historischen Hintergrund >will ich hier nicht anstellen) Völker vernichtet haben, die ihnen kulturell >überlegen waren und denen sie die Früchte ihrer Arbeit weggenommen haben.

Die "kulturelle Überlegenheit" wird ebenfalls im AT besprochen.
Sie bestand aus Götzendienst. Aber davon abgesehen habe ich
Gott nicht zu kritisieren - wer bin ich denn schon ? Das hat
schon Hiob versucht, und der hatte persönliche Gründe.

>Sicher ist das jetzt eine Sichtweise, die von Seßhaften stammt. Aber sich die >Sicht des Nomaden zu eigen machen, wäre doch für einen industriell tätigen >Wissenschaftler wie Sie einigermaßen absurd.

Warum ? Warum soll man sich nicht etwas wünschen dürfen,
auch wenn es fern der Möglichkeiten liegt ?

>Es könnte natürlich auch sein, daß es hier nicht um den Konflikt Seßhafte->Nomaden geht, sondern um die Rassenfrage

Der Begriff "Rasse" war zu erwarten. Anthropologen und
Genetiker sind inzwischen der Auffassung, dass die
genetischen Unterschiede zwischen uns Menschen trotz des
verschiedenen Aussehens gar nicht für einen biologischen
Rassenbegriff ausreichen.

>und daß man sich schon darüber klar ist, daß Nordamerika nicht ewig ein >gigantisches Freilichtmuseum zur Lebensweise der Steinzeitmenschen bleiben >konnte,

Warum genau eigentlich nicht ?

>es aber trotzdem für untragbar hält, daß ausgerechnet die Germanen sich dieses >Land gegriffen haben und nicht das gelobte Volk des Herrn oder wenigstens >Türken, Afrikaner und Chinesen.

Am besten wäre es wohl gewesen, KEINER hätte sich dieses
Land "gegriffen", denn keiner war dazu berechtigt. Und
das gilt unabhängig davon, ob das Spanier, Portugiesen,
Engländer, Franzosen oder Holländer waren.

>>Hat man die Leute je frei von Bevormundung wählen lassen ?
>
>Läßt man denn die Leute bei uns frei über die multikulturelle Gesellschaft
>(also den zweiten Hunnensturm) wählen?

Also der erste Hunnensturm hat meines Wissens mit Pfeil und
Bogen stattgefunden. Ich sehe da keinen Vergleich.

>MfG
>JeFra

Auch

Franke


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