Re: Überf die oft mißverstandene 'Unfehlbarkeit'
Geschrieben von Johannes am 29. November 2003 03:19:52:
Als Antwort auf: Al-Qaida gegen den Papst? geschrieben von Phil Dick am 29. November 2003 02:38:46:
> Hat Andreas den Simon Petrus tatsächlich aus der Gemeinschaft der Gläubigen
> ausgestoßen?
Hallo Phil,klare Frage, klare Antwort: NEIN.
> Zweite Frage: Die Unfehlbarkeitserklärung und die Syllabus errorum des
> Papstes PiusIX sind gerade mal 139 Jahre alt. Sie wurden gerade durch den
> amtierenden Papst mit der Seligsprechung des Pius untermauert. Also gelten
> diese widernatürlichen, absolutistischen Glaubensauswüchse und Verfluchun-
> gen weiter fort?Die Unfehlbarkeit wird sehr häufig mißverstanden. Letztendlich ist sie nämlich eigentlich eine Selbstverständlichkeit, wenn man an einen lebendigen Gott glaubt.
Das Grundproblem liegt, so sehe ich das, darin, ob man an einen lebendigen Gott glaubt oder nicht. Hat Gott nur früher einmal geredet und schweigt seitdem? Oder spricht er noch heute zu uns?
Ich mag Beispiele. :-)
Also nehme ich jetzt den Kaninchenzüchterverein. Der hat verschiedene Fragen, die diskutiert werden. Machen wir das so, machen wir das anders? Letztendlich muß eine Entscheidung getroffen werden. Hier, bei unserem Kaninchenzüchterverein, wird sie entweder von der Mitgliederversammlung oder vom Vorstand / dem Vorsitzenden getroffen.
Die Kirche ist nun aber kein Kaninchenzüchterverein. Die Kirche geht davon aus, daß Gott nicht tot ist, sondern uns auch heute noch etwas zu sagen hat.
Wenn Du nicht glaubst, daß es einen lebendigen Gott gibt, dann wird die Unfehlbarkeit für Dich auch nie Sinn machen. Aber wenn Du es Dir einmal vorstellst, daß es Ihn gibt, wer sollte dann in Seiner Kirche die letztendlichen Entscheidungen treffen und Zweifelsfragen klären? Wie im Kaninchenzüchterverein die Mitglieder nach Tageslaune? Oder sollte letztendlich der Chef entscheiden?
Gott hat uns in der Bibel die Verheißung gegeben, uns nicht zu verlassen und auch weiter zu uns zu reden. Der Einzelne kann da leicht etwas mißverstehen, denn der eine sieht das eher so, der andere so. Wenn es aber einen Chef gibt, der das letztendliche Sagen hat, dann gibt es Punkte, die nicht mehr in das beliebige Ermessen des Einzelnen gestellt sind.
Die Kirche glaubt nun, daß es in verschiedenen Dingen eine letztendliche Wahrheit gibt, sie bezeichnet sie als Dogmen. Es sind Wahrheiten, die vielleicht über lange Zeit nicht besonders als Wahrheit verkündet werden mußten, da sie einfach Grundauffassung und somit selbstverständlich waren. Aber irgendwann schlichen sich Zweifel ein, dann mußte klargestellt werden, was falsch und was richtig ist.
Oder es gibt Punkte, die waren früher nicht so wichtig und tauchten erst später auf. Wie ist das nun so sehen, so oder anders?
Eine Kirche, die sich nicht in der Tradition eines Kaninchenzüchtervereins sieht, kann letztendliche Wahrheiten nicht der Tageslaune der Mitglieder bei einer Versammlung überlassen, sondern sie muß darauf hören, was der Chef dazu sagt. Ist doch eigentlich logisch, oder? Und wenn der Cehf redet, dann muß doch auch irgendwer entscheiden, dies hat der Chef so gesagt, oder? Denn wenn es in einem Punkt eine letztendliche Wahrheit gibt, dann ist diese nicht in das beliebige Ermessen des Einzelnen gestellt, sondern sie ist Chefsache. Und diese letztendliche Wahrheit wird, nach vielen Prüfungen, von der Kirche schließlich als "Dogma" bezeichnet.
Okay, soweit meine Bitte, Dir einmal vorzustellen, daß Gott auch heute noch redet und daß es eine letztendliche Wahrheit gibt. Du wirst an diesen Gott eher nicht glauben, denke ich. Aber wenn es Ihn gibt, und wenn Er seine Nachfolger dazu auffordert, Gemeinschaft untereinander und mit Ihm zu haben (--> das ist Kirche), dann ist es doch auch plausibel, daß Er zu dieser Seiner Kirche spricht. Die Kirche sagt, daß ihr Gründer, ihr Chef, noch heute zu ihr spricht. Und daß sie dadurch Dinge erkennen kann, die der Chef ihr sagt. Und daß sie, da sie einen fähigen Chef hat, dazu in der Lage ist, die Aussagen ihres Chefs richtig wiederzugeben (nach vielen Prüfungen).
Dies nennt die Kirche dann "unfehlbar", was aber eigentlich keine Aussage über die Kirche ist, sondern nur darüber, daß die Kirche in Lage ist, das Reden ihres Chefs zu erkennen.
Jetzt stelle die Frage doch mal anders herum: Was wäre denn eine Kirche, die nicht glaubt, das Reden ihres Chefs zu erkennen? Macht das Sinn? Ist, so herum betrachtet, die "Unfehlbarkeit" nicht eigentlich eine Selbstverständlichkeit, wenn es um Chefsachen geht?
Ob die kath. Kirche immer richtig auf den Chef hört, ist damit natürlich nicht bewiesen, das weiß ich. Ist auch nicht Aufgabe des Forum. Ich wollte nur einmal aufzeigen, daß die Annahme der "Unfehlbarkeit" nur folgerichtig ist, wenn man von einem lebendigen Gott ausgeht, der zu Seiner Kirche spricht. Du mußt nicht an Ihn glauben. Nur, wenn Du nicht an Ihn glaubst, dann wundere Dich nicht, wenn Du mit der Unfehlbarkeit Probleme hast. Hier geht es nämlich um eine Chefsache - und wenn Du nicht glaubst, daß es den Chef gibt, dann macht der Rest der Diskussion nicht viel Sinn.
Gruß
Johannes
- Re: Und da gibts dann noch die "wilden" Kaninchen.. Nerwen 30.11.2003 14:00 (0)
- Re: Über die oft mißverstandene Geburtenkontrolle, was mir auffällt franz_liszt 29.11.2003 10:38 (0)
- ich schließe mich an, Johannes :-) owt (o.T.) Ruhrgebietler 29.11.2003 09:29 (0)
- Re: Das hat mir noch keiner so gut erklärt wie Du-Danke ! (o.T.) Kuddel 29.11.2003 09:23 (0)
- Re: Überf die oft mißverstandene 'Unfehlbarkeit' Phil Dick 29.11.2003 03:41 (4)
- Re: Überf die oft mißverstandene 'Unfehlbarkeit' Kuddel 29.11.2003 09:17 (2)
- Re: Über die oft mißverstandene 'Unfehlbarkeit' Phil Dick 01.12.2003 03:50 (1)
- Re: Über die oft mißverstandene 'Unfehlbarkeit' Katrin 02.12.2003 13:29 (0)
- Re: Überf die oft mißverstandene 'Unfehlbarkeit' Tawa 29.11.2003 07:29 (0)