@Chris: Probleme im Krisenfall

Geschrieben von ExImagina am 12. März 2001 13:32:10:

Hallo Chris!

Im Großen und Ganzen stimme ich mit Dir überein. Deine Darstellung ist sehr realistisch (siehe WK2) aber m.E. zu einseitig. Wie Du weißt, gibt es keinen "richtigen" Weg, nur Alternativen und Möglichkeiten. Also sollten wir gleich mehrere Seiten betrachten.

Im folgenden mal, einpaar schnelle Gedanken:

1. Einzelpersonen

Einzelpersonen müssen damit rechnen, daß sie nicht alleine am Waldesrand wohnen werden. Da sich viele Menschen außerhalb unseres Forums mit diesen Themen auseinandersetzen (vgl. dazu WK1 + 2 Vorphase), könnten vermutlich viele im Krisenfall auf der Flucht sein. Da ist mit Konfrontationen unter Flüchtigen zu rechnen. Diese könnte unerwartet zu Gruppierungen führen, d.h. man muß auch mit den Problemen einer Gruppe vertraut sein. Ansonsten wird dies zum Verhängnis, obwohl man den Krieg überstehen würde (groteskerweise).

Weiters haben Einzelpersonen den Nachteil, daß sie nicht auf Spezialwissen und -erfahrung zurückgreifen können. Sie sind auf sich alleine gestellt. Da bleibt oft nur die Try-And-Error Methode. Nicht nur bei der Nahrungssuche oder Behausung, sondern auch im Krankheitsfall oder bei Verletzungen. Infektionen sind da sehr unterschätzt.

2. Gruppen

Wie Du auch schreibst, werden Gruppen soziale Problem haben. Das Naturell jeder Organisation bzw. Gruppierung ist, daß ein Verantwortlicher, ein Anführer benötigt wird (es können nicht alle entscheiden, dies führt unweigerlich zum Zerfall). Hier wird das Hauptproblem sein. Es werden Rangordnungskämpfe entstehen (vgl. Tierverhalten). Die Krisensituation verschärft diese Problematik, da Fehlentscheidungen schneller zu (ungewollten!!!) Resulaten führen als üblich, also kurzphasig sind, was Interessenskonflikte zur Folge hat (Menschen unter Stress produzieren mehr Fehler als üblich, dies schließt jeden mit ein, wird aber in einer Krise ignoriert: man war ja von Anfang an dagegen). Die Konsequenz ist zwei (oder mehrere) rivalisierende Gruppen, die unterschiedliche Ideologien verfolgen werden. Hier muß unbedingt eine Vorentscheidung getroffen werden, woraus sich die Gruppe zusammensetzen soll (also klare und wohlüberlegte Auswahlkriterien definieren). Franke43 hat ja bereits ein Survialtraining in Kommunen absolviert. Dies sollte noch näher diskutiert werden.

Wenn man sich für Rückzugsgruppen entscheidet (also z.B. Objekt von Franke43), muß beachtet werden, daß sie statischer Natur sind, d.h. die Absicht liegt darin, daß die Gruppe sich für ein Ort entscheidet und die gesamte Energie (Planung, Vorbereitung etc.) in diese Möglichkeit investiert. Dies hat den Nachteil einer Abhängigkeit. Konflikte basieren dann meistens auf diese Abhängigkeit (keiner wird freiwillig den Ort der "Geborgenheit" verlassen wollen -> siehe oben: Rivalitäten). Der Vorteil wird die starke Abwehrskraft und Zusammenhalt der Gruppe sein. Es muß mit Verteidung des Reviers gerechnet werden (sowohl Tiere als auch Menschen).

Ein wesentlicher Punkt ist die Entzweiung der Gruppe durch Neuankömmlinge. Unser Gesellschaft und Rechtssystem basiert auf jahrtausendlange Durchführung, d.h. egal wie wir darüber denken, es wird praktiziert. In der neuen Gruppe ist die Durchführung nicht zwingend. Was macht ihr beispielsweise bei einem Flugzeugabsturz mit Überlebenden (egal ob Feind oder Freund). Neue Mitglieder in der Gruppe setzen die Gruppenideologie (respektive Auswahlkriterien) außer Kraft.

Weitere Probleme einer Gruppe sind z.B.:
*) Schnelle Entscheidungen können nicht getroffen werden
*) Eine Gruppe ist organisch und abhängig von seiner "Konsistenz": Größe, Stabilität, Flexibilität, Wissensdurchschnitt etc. Je komplexer, desto schwerfälliger und langsamer wird die Gruppe sein.
*) Eine Gruppe ist so stark, wie ihr schwächstes Mitglied. Das ist ein sehr wesentlicher Punkt, den viele oft übersehen.
*) Ehtik und Moral sind willkürliche Definitionsmengen von Menschen. Es gibt keine absolute, universale Menge. Krisensituationen bedürfen oft Entscheidungen, die in völligem Kontrast zu diesen Mengen stehen. Diesen Punkt zu ignorieren, mündet in der Auflösung der Gruppe (= Krise innerhalb einer Krise: Subkrisen).
*) Es muß mit Abfall von Objektivität gerechnet werden. Falsche Entscheidungen mit spürbaren Konsequenzen werden oft außerhalb von Logik und Ratio (gegen-) argumentiert. Es ist unerheblich, wer Recht hat. Es zählt nur, wer Recht bekommt !!!

Ich rate auf jeden Fall, egal wie man sich entscheidet, sich Lektüre über Psychologie und Soziologie zu besorgen.

Gruß
XI

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