Re: Es werden Weltmarktpreise gezahlt, hat nichts mit der Region zu tun

Geschrieben von Johannes am 02. Januar 2006 19:28:09:

Als Antwort auf: Es werden Weltmarktpreise gezahlt, hat nichts mit der Region zu tun geschrieben von JoeKaiser am 30. Dezember 2005 13:26:21:

> Wir und die Asiaten haben genug Geld, auch bei uns steigt der Preis wegen
> der größeren Nachfrage. Es wird teurer, sonst nix. Wenn wir die asiatischen
> Preise nicht zahlen wollen können wir woanderst einkaufen (Flüssiggas-
> Schiffe)...

Hallo Joe,

bei den Preisen für Gas ist durchaus sehr viel Politik dabei.

Zum einen sind das die speziellen Preise z.B. für Weißrußland. Das ist kein Weltmarktpreis, sondern ein politischer Verrechnungspreis.

Zum anderen geht es auch bei "echten" Preisen nicht nur um die Kubikmeter, sondern auch um Mindestabnahmen, Höchstmengen, Liefersicherheit, etc., so daß man eben nicht nur den Kubikmeterpreis vergleichen kann.

Russland nutzt derzeit den Vorteil, den es durch den WTC-Anschlag hat: Nachdem die Preise für Öl und Gas massiv gestiegen sind, ist Russland rechnerisch schuldenfrei und nutzt seine neue Position. Die Ukraine soll zwar weiterhin die Schwarzmeerflotte billig beherbergen, aber für das Gas den gleichen Preis wie Deutschland zahlen, d.h. die Ukraine soll eine einseitige Änderung der Gesamtbedingungen akzeptieren. Das ist nicht Marktpreis, sondern Politik oder meinetwegen Marktmacht. Rußland will die Ukraine erpressen, daß sie ihr internes Gasnetz an die Russen gibt. Sobald die damit die vollständige Kontrolle über das Gas in der Ukraine haben, wird das Gas auch wieder zu einem guten Verrechnungspreis abgegeben.

Und vor diesen Hintergrund sehe ich auch die neue Pipeline: Sie führt keineswegs zu einer höheren Versorgungssicherheit. Denn wenn Russland uns erpressen will (tausche Gas für je eine Woche gegen die Gaswerke in Frankfurt, Hamburg, München, ...), dann müssen sie statt einer Pipeline halt zwei schließen, mehr nicht. Aber sie können dann leichter einen schwächeren Partner aus der Gemeinschaft der EU heraushebeln, weil wir nun nicht mehr durch die eine Pipeline alle in einem Boot sitzen, sondern der Schwächere (hier: Mitglied Polen, Erwartungsland Ukraine) kann in Zukunft einzeln erpreßt werden, während für die anderen kein zwingender Anlaß besteht, zusammenzustehen.

Gruß

Johannes




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