Re: Die Russen zapfen das turkmenische Gas an

Geschrieben von Johannes am 03. Januar 2006 14:04:54:

Als Antwort auf: Re: Die Russen zapfen das turkmenische Gas an geschrieben von Zwobbel am 03. Januar 2006 11:33:45:

> Wow. Cool.
> Da haben ja beide Seiten die besten Chancen in der Öffentlichkeit als die
> Saubermänner dargestellt zu werden. Je nach dem ob die Medien gerade die
> Russen oder die anderen unterstützen oder runtermachen wollen.


Hallo Zwobbel,

ja, die Situation ist schon faszinierend (zumindest, wenn man sie vom warmen Wohnzimmer aus betrachtet), wobei es mir persönlich aber gar nicht darum geht, den Saubermann auszudeuten. Für mich ist es ein Lehrstück bezüglich Politik und Journalismus.

Was ich sehe, das ist ein eingespieltes Preisgefüge innerhalb der östlichen Staaten. Dazu gehören die Rohstoffpreise genauso wie günstige Kosten für die Häfen. Und wer unbedingt in der Geschichte weiter zurückgehen möchte: Auch die Krim ist schon in das allgemeine Preisgefüge eingerechnet, wie es bis vor einem Jahr noch bestand.

Die wesentlich Änderungen der Situation sind:

  • Steigende Gaspreise. Der Hauptgewinner des WTC-Anschlags sind für mich die Russen, da sie im Gegensatz zu den USA Selbstversorger mit Öl und Gas sind, die viel größeren Reserven haben und viel exportieren können, statt importieren zu müssen. Nur einzelne Ölsorten müssen eingeführt werden, insgesamt ist Russland aber ein Exportland für Öl und Gas, und das hat sehr rasch zur Schuldenfreiheit geführt (rechnerisch, die Verhandlungen über Rückzahlungsdetails laufen), während der Schuldenberg der USA steigt. Diesen Vorteil der hohen Rohstoffpreise versuchen die Russen, nun auch innerhalb der östlichen Staaten zu nutzen.

  • Liberalisierung in der Ukraine. Statt einem moskaufreundlichen Präsidenten nun einer, der sich eine EU-Mitgliedschaft wünscht. Russland reagiert gegenüber der Ukraine auch aus politischen Gründen, um den anderen östlichen Staaten zu zeigen, daß es nicht sinnvoll ist, sich von Moskau zu lösen.

    Zum einen nutzen die Russen also die Folgen des 11.9. zu ihren Gunsten, zum anderen ist es auch eine politische Strafaktion. Beides ist aus russischer Sicht verständlich und nachvollziehbar. Was für mich aber nicht nachvollziehbar ist, daß ist, daß man in unseren Medien wirklich suchen muß, um Informationen zu den turkmenischen Gaslieferungen zu finden. Denn laut russ. Eigenauskunft ist in den Leitungen ja nur noch russ. Gas (von dem die Ukraine den Teil einbehält, den sie als turkmen. sieht), so daß die Frage nach dem Verbleib des turkmen. Gas wirklich einer der Kernpunkte des Themas ist. Warum wird dieser Punkt nicht näher beleuchtet?

    Ich würde mir wünschen, daß darüber mehr berichtet wird. Denn dann würden wir sehen, daß unsere Versorgungssicherheit keineswegs sichergestellt ist, wenn es eine weitere Trasse aus Russland zu uns gibt, denn der Schwachpunkt bleibt die russische Politik. Wenn die uns den Gashahn zudrehen wollen, dann tun sie es. Und wenn sie uns dazu den Gashahn eines Drittlandes abdrehen, um uns mehr unter Druck zu setzen, um ihnen z.B. unsere Infrastruktur zu übereignen (Russland möchte von der Ukraine alle Gasleitungen überschrieben bekommen, um die Rohstoffversorgung komplett kontrollieren zu können).

    Wie gesagt, aus russ. Sicht handelt das Land genial, man muß sie schon bewundern. Auch die neue Pipeline in der Ostsee dient ja (aus russ. Sicht) dazu, Polen und der Ukraine ggf. ganz abklemmen zu können (wenn sie weitere Forderungen nicht erfüllen), ohne dann auf die Einnahmen der westlichen Staaten verzichten zu müssen.

    > Auch könnte das Ukraine und EU entzweien usw.

    Yep, genau das. Der Schwächere wird so aus der Gemeinschaft herausgelöst, um dann mehr Druck auf ihn ausüben zu können.

    Gruß

    Johannes



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