Augen auf
Geschrieben von Baran am 13. August 2005 02:33:48:
Als Antwort auf: Re: Kath. Kirche geschrieben von Johannes am 13. August 2005 00:37:01:
Hallo Johannes
> Baran versucht leider wieder, das Geistliche gegen das Materielle
> auszuspielen. Weil es eine geistlich-spirituelle Deutung gibt, hätte
> das in der Bibel geschilderte Ereignis gar nicht stattgefunden, sagt er,
> sondern sei nur symobolhaft zu verstehen.Das "Weil" in diesem Satz ist falsch. Damit unterstellst Du mir etwas, was so nicht stimmt.
Weil es eine geistig-spirtituelle Deutung gibt, deshalb gibt es überhaupt einen Grund, sich mit der Bibel zu beschäftigen. Wenn es diese Deutung nicht gäbe, dann gäbe es auch keinen Grund sich mit der Bibel zu beschäftigen. Dann könnten wir die Bibel ebenso gut neben Jerry Cotton stellen.
Zunächst ein paar Gründe, warum ich vieles in der Bibel nicht in einem historischen Sinn interpretiere. Später werde ich noch erklären, warum die Bibel trotzdem eines der wichtigsten Bücher für mich ist.
Die Bibel ist kein besonders gutes Geschichtsbuch. Vieles ist in einem historischen Sinne falsch. Zur Zeit der Volkszählung war Herodes seit 10 Jahren tot. Selbst Theologen geben inzwischen zu, dass dieser Teil der Weihnachtsgeschischte eine Erfindung ist. Die Ägypter wussten nichts von den zehn Plagen. Jericho hatte noch keine Stadtmauern. Usw.
Dass vieles in der Bibel unhistorisch ist, war übrigens den frühen Christen bekannt!!! Und sie waren trotzdem Christen. Es war kein Problem für sie, weil sie ganz anders an die Texte herangingen.
Origenes, einer der frühen Theologen, schrieb ganz offen und ehrlich:
„Es war ja das erste Ziel, den Zusammenhang des Pneumatischen durch geschehene und durch noch auszuführende Handlungen auszusagen. Wo nun der Logos geschichtliche Ereignisse fand, die sich auf diese Geheimnisse beziehen ließen, da benutzte er sie, wobei er den tieferen Sinn vor der Menge verbarg; wo (diesem) aber bei der Darlegung des Zusammenhangs der geistigen Dinge der bisher niedergeschriebene Ablauf bestimmter Vorgänge nicht entsprach, weil es sich um zu tiefe Geheimnisse handelte, da webte die Schrift in die Geschichtsdarstellung Unwirkliches mit hinein, was teils gar nicht geschehen kann, teils zwar geschehen könnte, aber nicht geschehen ist. Manchmal sind nur wenige Ausdrücke eingefügt, die "leiblich" nicht wahr sind, manchmal aber auch mehr.“ (Peri Archon IV, 2,9)
Mit dem Thema "noch auszuführende Handlungen" sind wir übrigens wieder bei der Prophezeiungsthematik. Alles was ich hier schreibe, kann man in gleicher Weise auch auf biblische Prophezeiungen anwenden.
Die Autoren der Bibel haben sich sogar bei den drei Tagen im Grab verzählt:
Mt 12,40 Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte bim Schoß der Erde sein.
Es sind aber von Karfreitag bis Ostersonntag nur zwei Nächte. Zähle nach!
1. Freitag auf Samstag
2. Samstag auf SonntagDie Bibel ist bei einer wörtlichen Deutung keine besonders gute moralische Richtschnur, da man nahezu für jedes Gebot irgendwo ein Gegengebot finden. Selbst dem Liebesgebot von Jesus wird widersprochen:
Lk 14,26 Wenn jemand zu mir kommt und haßt nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern und dazu sich selbst, der kann nicht mein Jünger sein....
So kann sich jeder aus der Bibel die Moral raussuchen, die ihm in den Kram passt und damit ist die christliche Moral "beliebig". Der eine Pfarrer segnet die Waffen und der andere Pfarrer betreut die Kriegsdienstverweigerer. Das ist ein Beispiel für diese Beliebigkeit.
Die Zeugen der Bibel sind nicht besonders zuverlässig: Selbst bei der Auferstehung verheddern sie sich in Widersprüchen, von wegen, wer da wann mit wem am Grab war.
Die Evangelien sind nachweislich so gestaltet worden, dass sie zu den Messias-Erwartungen des Alten Testaments passen. Die Evangelisten beweisen, dass sie das Alte Testament kannten. Immerhin schreiben sie immer wieder, wie durch Jesus die Schrift erfüllt würde. Aber die Jesus-Geschichte passt nachweislich auch bei solchen Punkten zum Alten Testament, wo eine tatsächliche Erfüllung historisch nicht möglich gewesen wäre (z.B. 30 Silberlinge).
Die Qumran-Gemeinde, die in der richtigen Region und in der richtigen Zeit lebte und die auch thematisch sehr gut zur Jesus-Gemeinde passen würde, hat Jesus nicht erwähnt. Die Historiker nahmen Jesus erst wahr, nachdem die ersten Evangelien erschienen waren.
Diese Liste könnte man endlos fortsetzen. Ich möchte es aber dabei bewenden lassen, dass ich die wichtigsten Themenbereiche kurz angedeutet habe.
Wenn es nur diese historischen Fakten gäbe, dann hätte ich keinen Grund, mich auch nur eine Minute weiter mit der Bibel zu beschäftigen, denn es wäre Zeitverschwendung.
Trotzdem ist die Bibel für mich eines der wichtigsten Bücher, weil es genau EINEN Grund gibt, so dass alle diese Fakten bedeutungslos werden. Es ist nämlich vollkommen irrelevant, was damals geschehen ist. Es ist auch vollkommen irrelevant, ob die Geschichten in der Bibel in einem wörtlichen Sinne wahr sind.
Die Bibel ist ein Buch, an dem wir lernen können, eine ganz bestimmte Bildersprache zu deuten. Es ist die gleiche Bildersprache, in der sich das Göttliche IN UNS offenbart. Diese Bildersprache kann man natürlich nur dann lernen, wenn man die Bibel entsprechend betrachtet. Was ich hier schreibe, das beruht nicht auf Spekulation, sondern auf eigener Erfahrung. Ich habe diese Bildersprache inzwischen so weit gelernt, dass ich die Schöpfungsgeschichte und große Teile der Moses-Geschichte und der Evangelien deuten kann - und auch vieles von dem, was sich IN MIR offenbart.
> Sicher, man kann es auch locker feiern, aber egal, hier tut sich viel mehr,
> als nur gemeinsam ein Stückchen gebackenen Teig zu essen. Jesus selbst hat
> es eingesetzt, und so bin ich überzeugt, daß sich dabei auch im unsichtbaren
> Bereich etwas tut, was weit darüber hinausgeht, welche Form wir bevorzugen.Es geschieht dann etwas, wenn es uns gelingt, die Geschichte von Jesus so aufzubrechen wie einen Laib Brot, so dass wir das Verborgene sehen. Man könnte das Ritual anwenden, um dieses Aufbrechen symbolisch zu unterstreichen.
Wenn man aber nur gemeinsam ein Stückchen gebackenen Teig isst ohne die Geschichte aufzubrechen, dann ist es nur ein sinnentleertes Ritual.
> Baran wünsche ich, daß er erkennt, daß er das Geistliche nicht gegen das
> Materielle auszuspielen braucht, ...Ich spiele in diesem Fall keine spirituelle Deutung gegen eine materielle und historische Deutung aus. Die materielle und historische Deutung ist weitgehend gegenstandslos (jedenfalls was die biographischen Details von Jesus betrifft). Das ist sie aber nicht deshalb, WEIL es eine spirituelle Deutung gibt, sondern das ist sie völlig unabhängig davon. Weil die materielle und historische Deutung weitgehend gegenstandslos ist, stehe ich auch nicht vor dem Problem, zwischen der spirituellen Deutung und der historischen Deutung abwägen zu müssen.
Was wir über den "historischen Jesus" wissen, das sind einige Aussagen von ihm. Es sind hauptsächlich die Sprüche die man heute als Logienquelle Q bezeichnet. Auch das Thomas-Evangelium dürfte weitgehend authentisch sein.
Aber über seine Biographie wissen wir tatsächlich nichts.
> allgemein bitte ich darum, den anderen nicht gleich als vom Satan
> inspiriert zanzusehen (oder, wie Baran das tut, den Papst quasi als
> Stellvertreter Satans zu bezeichnen). Denn damit kommen wir nicht weiter.Petrus wird von Jesus als Satan angesprochen, nicht von mir. Und das an einer Stelle, die in unmittelbarem Zusammenhang steht mit der Stelle, auf der sich die Legitimation der römischen Kirche begründet. Damit ist diese Legitimation gegenstandslos!!! Das halte ich für eine sehr wichtige Aussage - auch wenn sie sicherlich vielen nicht passt.
Weiterhin geht es bei dieser Stelle um eine ganz bestimmte Art von Missverständnis. Es werden betimmte Aussagen menschlich interpretiert und nicht göttlich. Und genau das ist Jesus ein Ärgernis.
Das heutige "Christentum" basiert aber genau darauf, dass diese Aussagen menschlich interpretiert werden. Es basiert also in einem ganz wichtigen Punkt auf einem Missverständnis.
Kommt man weiter, wenn man weiterhin an einem Missverständnis festhält?
Hier habe ich eine andere Ansicht als Du. Ich denke, dass man die Fehler erkennen, benennen und korrigieren sollte, um weiter zu kommen - auch dann, wenn diese Korrekturen wehtun - auch dann, wenn man wieder vollkommen neu anfangen muss - wenn man wieder werden muss wie ein Kind, das vollkommen neu an die Sache heran geht.
Ich weiß, dass es bequemer ist, einfach so weiter zu machen wie bisher und die Augen vor den Fehlern zu verschließen. Aber je mehr man die Augen verschließt, umso mehr wird man für die Wahrheit blind.
MfG
Baran
- Die Beweisführung Baran 13.8.2005 10:26 (0)
- Re: Drewermann? MattB 13.8.2005 02:44 (9)
- Drewermann entspricht der zweiten Stufe Baran 13.8.2005 09:25 (8)
- Re: Drewermann entspricht der zweiten Stufe Leionel 13.8.2005 10:09 (7)
- Re: Drewermann entspricht der zweiten Stufe Baran 13.8.2005 10:34 (6)
- @Baran Leionel 13.8.2005 12:42 (1)
- Re: @Baran Baran 13.8.2005 13:30 (0)
- Re: Drewermann entspricht der zweiten Stufe Backbencher 13.8.2005 11:00 (3)
- Re: Drewermann entspricht der zweiten Stufe Viola 13.8.2005 17:02 (1)
- Re: Drewermann entspricht der zweiten Stufe Backbencher 13.8.2005 21:47 (0)
- Re: Drewermann entspricht der zweiten Stufe Baran 13.8.2005 11:38 (0)