@aber: zu Rudi Steiner und Carlos Castaneda (Übersinnliches & Paranormales allgemein)

Ulrich ⌂, München-Pasing, Montag, 18.09.2023, 15:30 (vor 226 Tagen) @ aber (1379 Aufrufe)

Liebe aber,

Der Okkultist Rudolf Steiner erwähnte in seinen Vorträgen Unerhörtes: Die menschliche Seele werde von den Thronen gegessen.

Anderswo faselt der gleiche Rudolf Steiner in okkulter Weise davon:

"Wenn die Seele nun nicht mehr im physischen Leibe lebt [also nach dem Tod], so muß sie andere Fähigkeiten entwickeln, die während des physischen Lebens nur schlummern, sie muß, während noch der Nachklang von Gefühl und Wille Jahre [!] hindurch in ihr wirkt, aus diesem Zusammenhang das herausreifen, was sie nun für die geistige Welt auch in dieser Beziehung brauchen kann, Kräfte, die ich bezeichnet habe, indem ich sagte, es ist etwas wie ein fühlendes Begehren oder ein begehrendes Fühlen."

Wie eine von Thronen gefressene Seele es anstellen soll, "andere Fähigkeiten [zu] entwickeln", das verrät Steiner nicht.
Trotz seiner Neigung, Alles und Jedes in Schubladendenken von "Ebenen" und "Sphären" einzuteilen, verwendet er den Begriff "Seele" inflationär und meint mal Dieses und mal Jenes damit.

Was "die Seele", die von den Thronen gefressene, nach dem Tod so treibt, wiederholt er in zahlreichen seiner Vorträge:

"Ich werde heute vorzugsweise davon reden, wie es sich mit dem Leben zwischen dem Tod und einer neuen Geburt verhält ...
Dann beginnt die Zeit, in welcher es notwendig ist, daß wir Seelenkräfte entwickeln, welche während des Lebens auf dem physischen Plane eigentlich unentwickelt bleiben müssen, weil sie alle dazu verwendet werden, den physischen Leib und das, was zu ihm gehört, das ganze physische Leben, durchzuorganisieren, Seelenkräfte, die während des physischen Lebens in etwas anderes verwandelt sein müssen. Diese Kräfte müssen allmählich erwachen nach dem Tode. Schon in den Tagen, während welcher wir das Erinnerungstableau erleben, haben wir ein solches Erwachen von Seelenfähigkeiten zu verzeichnen. ..."

Wofür das Bild der die Seelen essenden Throne vermutlich steht, das erfährt man, wenn man sich zwingt, mehr von dieser Schwafelei zu ertragen. Aber trotz seiner vorgeblichen "Hellsichtigkeit" scheint der Zusammenhang für ihn im Dunkel zu liegen:

"Wenn wir jeden Tag aus den Erlebnissen des Tages heraus einschlafen, eine Zeit zubringen zwischen dem Einschlafen und dem Erwachen, dann sind wir in unserem Seelisch-Geistigen außerhalb unseres Leibes. Wir kehren zurück, weil wir im Seelisch-Geistigen einen Trieb zu diesem Zurückkehren haben, weil wir wirklich nach unserem Leib begehren. Wir begehren durchaus nach unserem Leib, und wer das Aufwachen bewußt erleben kann, der weiß: Du willst aufwachen und du mußt aufwachen wollen. Es besteht eben eine Anziehungskraft im Geistig-Seelischen nach dem Leibe hin. Diese muß nach und nach abglimmen, muß ganz und gar überwunden werden. Das dauert Jahrzehnte. Es ist die Zeit, in der wir nach und nach unseren Zusammenhang mit dem letzten Erdenleben überwinden. Das macht es, daß wir in bezug auf die Erlebnisse nach dem Tode in der Zeit, die also verfließt, wie ich es eben geschildert habe, eigentlich alles auf dem Umweg durch unser Erdenleben erleben müssen. ..."

Wenn man sich nach dieser Klärung, dass der "Zusammenhang mit dem letzten Erdenleben", der "Seelisch-Geistige[n einen] Trieb zu diesem [Körper] Zurück[zu]kehren" gemeint ist mit dem Bild, dass "die Seele" von Thronen verspeist wird (Throne = Saturn = Kronos = jenseits der linearen Dimension Zeit), und nun hofft, dieser Wirrwarr wäre nur ein Ausrutscher Steiners gewesen, dann liest man sowas:

"Wir arbeiten uns allmählich hinein, wirklich auch die toten Menschenseelen, insofern sie real leben in der geistigen Welt, als unsere Genossen in der geistigen Welt zu haben."

Auf welcher Droge man sein muss, um solche sinnfreien Sätze zu drechseln? Keine Ahnung.

Derlei Begriffsverwirrungen bei Steiner haben ihren Ursprung darin, dass er systematisch alles ihm brauchbar scheinende aus den unterschiedlichsten "esoterischen" Traditionen kompilierte, ohne deren Herkunft zu benennen und damit seinen Lesern/Zuhörern eine Auseinandersetzung mit den Quellen zu erschweren, woraus sich zwangsläufig irre Widersprüche ergeben.

Aber das macht nichts. An Steiner verzweifelnd, kann man sein Heil beim fiktiven "Don Juan Matos" und dessen Erfinder Carlos Castaneda suchen, der uns wissen lässt:

„Don Juan legte mir eines Tages seine Vorstellung nahe, dass die Gesamtheit des Universums nichts anderes als die Vorstellung des Beobachters ist. Es komme darauf an, wie wir die Dinge sähen. Es gebe keine Fakten, nur Interpretationen. Vielleicht hat er Recht in dieser Annahme, doch, doch, er hat Recht. Die Fakten sind nur unsere Interpretation.“

Die Universalmethode, nach dem Tode seine Seele vor Rudi Steiners "Thronen" und Carlos Castanedas "Adler" zu retten, besteht also darin, Throne und Adler weg zu interpretieren.
Wenn "die Seele" das erledigt hat, interpretiert sie Steiners "Aufgaben der Entwicklung" auch noch weg und hat dann eine Ewigkeit Zeit, über das Paradoxon nachzudenken, ob sie nun eigentlich außerhalb der "Gesamtheit des Universums" steht, und wenn ja, wo, weil diese "Gesamtheit des Universums" ja "nichts anderes als die Vorstellung des Beobachters ist", womit sie dann "nichts anderes als die Vorstellung" ihrer selbst wäre, wenn sie nicht außerhalb stehen würde.
Das muss die Hölle sein. Ach nein, die Hölle ist ja das Territorium der Christen.
Vielleicht sollte man auf Hermes Trismegistos und sein abgedroschenes "Wie oben, so unten" zurückgreifen, damit hätte sich die Frage nach Himmel und Hölle erledigt.
Im "Jenseits" scheint es noch chaotischer zu sein als hier.

Um sich gegen derlei esoterisches Geschwätz zu immunisieren, hat es sich bewährt, das Gedicht "Das Dunkel" des Okkultisten Robert Gernhardt (bekannt durch das okkultistische Magazin "Titanic") vor dem Schlafengehen zu rezitieren: https://www.lyrikline.org/de/gedichte/das-dunkel-2991

Gruß
Ulrich


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