Re: Summe aller Geldguthaben == Summe aller Geldschulden
Geschrieben von Johannes am 03. Februar 2005 00:24:03:
Als Antwort auf: Summe aller Geldguthaben == Summe aller Geldschulden geschrieben von Georg am 02. Februar 2005 22:19:13:
> In einem Zinsgeldsystem wachsen Guthaben zinseszinsmäßig, ergo müssen das
> auch die Schulden tun.
Hallo Georg,nein, das sehe ich anders. Denn das exponentielle Wachstum gibt es erst dann, wenn man so viel Schulden macht, daß man sie nicht mehr zurückzahlen kann. Dann beginnen die Zinsen exponentiell zu wachsen und fressen einem schnell auf.
Um mal ein Beispiel zu nehmen: Wenn eine Familie 2.500,00 Euro Einkommen hat und davon 1.500,00 Euro für Lebenshaltung (ohne Miete) benötigt, so kann sie entweder 750,00 Euro an Miete zahlen und für 250,00 Euro sparen oder Urlaub nehmen -oder sie kann mit den 1.000,00 Euro einen Kredit zurückzahlen für eine eigene Wohnung. Es ist eine Frage der persönlichen Präferenz, für was man sich entscheidet, aber wenn man richtig kalkuliert, dann sind die Zinsen zwar Kosten, die man einrechnen muß, aber sie werden nicht endlos wachsen, sondern in absehbarer Zeit abbezahlt sein.
Der Zinseszins ist erst dann ein Problem, wenn man die Rückzahlungen nicht mehr leisten kann. Sprich, die Familie fährt dennoch in Urlaub und nimmt für Zinsen und Rückzahlung erstmal einen neuen Kredit auf. Das ist dann ein wirkliches Problem und in vielen Fällen der Anfang vom Ende. Dies liegt aber nicht am Zins an sich, sondern an der zu hohen Verschuldung.
Mal kurz zur Bemerkung von BB:
> Diese Diskussion führe ich mit J. bereits seit längerem.
> Genauso könnte man versuchen, eine Beule in eine Gummiwand zu machen.Könnte es sein, daß Du vielleicht nie richtig zugehört hast oder die Hintergründe meiner Frage nicht kennst?
> Er hat sich eben so mal gedacht, wenn Alle
> keine Schulden machen/haben, dann
> hätten Alle nur Guthaben!gg:-))
> Dass die Wirklichkeit nicht so ist, wie er sich das
> so nett ausgedacht hat, kommt in ihn einfach "nicht rein".Nicht ich denke mir das so, sondern die Freigeldanhänger! Ich versuche nur, in Gedanken eine vergleichbare Situation zu schaffen.
@Georg: Ich versuche bewußt, die beiden Modelle auf eine vergleichbare Basis zurückzuführen. Und auch, wenn BB in Unkenntnis des Hintergrundes fröhlich vor sich hin lästert, so gehen die Freigeldanhänger von einem System aus, in dem es keinen Zinseszinseffekt gibt.
Ich drücke es mal anders aus: Der Unterschied der beiden Systeme ist doch eigentlich nur der, wie sich der Staat die Ausgabe von Geld bezahlen läßt. Bei Freigeld dadurch, daß jedes Jahr Geldscheine ungültig werden und man eine Gebühr zahlen muß, um sie weiter verwenden zu können. In der Diskussion werden da meist 3-5% genannt, die man jährlich aufbringen muß, da die Scheine sonst wertlos werden. Dies wird "Umlaufgebühr" genannt.
Im Zinssystem wird ebenfalls eine Art Umlaufgebühr verlangt, es gibt nämlich derzeit einen Grundzinssatz von ca. 2%, den die Zentralbanken verlangen, um das Geld in Umlauf zu halten. Was ist das anderes als eine Umlaufgebühr? Und würden die örtlichen Banken nicht von Krediten leben, so müßten sie für Verwaltung, Transport und Aufbewahrung des Geldes eine Gebühr verlangen, so daß man auf Gesamtkosten von vielleicht ebenfalls 3-5% käme.
Beide Systeme haben also ihre Umlaufgebühr, die sicherstellt, daß das Geld in Umlauf bleibt bzw. daß die Kosten wieder hereinkommen, die der Staat mit der Ausgabe hat. Es gibt für beide Systeme Vor- und Nachteile, aber bei beiden müssen wir eine Leistung erbringen, um das Geld zu haben. Beim "Zinssystem" fallen die Kosten gleichmäßig auf die gesamte Geldmenge an und jeder ist mit der Menge beteiligt, die er hat.
Beim "Freigeldsystem" dagegen bleiben die Kosten am schwächsten Glied in der Kette hängen: Sprich, die Oma, die nicht mehr gut sieht, wird den ablaufenden Schein bekommen, damit sie die Umtauschkosten trägt. Oder der Unternehmer, der am dringendsten auf das Geschäft angewiesen ist, bei dem wird man durch Zahlen mit einem alten Schein einen Zusatzrabatt herausschlagen können. Wer dagegen stark genug ist, wird durchsetzen können, nur Scheine entgegenzunehmen, die er vor dem Verfallsdatum selbst ausgeben kann.
Das sehe ich, neben dem Verwaltungsaufwand, übrigens auch als das Manko des Freigeldsystems an. Aber eigentlich sind das relativ geringe Kosten, die da in beiden Systemen entstehen, denn sie fallen ja jeweils nur auf die ausgegebene Geldmenge an.
Was viel entscheidender ist, das sind die Zinsen, die man zu zahlen hat, weil man sich Geld geliehen hat. Und die einem, wenn die Raten zu hoch sind, durch den Zinseszinseffekt irgendwann das wirtschaftliche Genick brechen werden. Aber das ist eine Frage der Verschuldung und nicht eine Frage, in welcher Art die Umlaufgebühr entrichtet werden muß!
Genauso könnte ich sagen, das Freigeldsystem hätte einen Zwang zum Wachstum. Denn schließlich werden die Scheine wertlos, wenn man nicht jedes Jahr neues Geld aufbringen kann, um die Gültigkeit zu verlängern. Aber woher nehmen? Und das ist doch letztendlich die gleiche Frage wie die, woher man die "Umlaufgebühr" bezahlen soll, die die Bundesbank in Form des Grundzinses verlangt.
Aber die Lösung ist in beiden Fällen einfach: Mein bekommt eine Leistung vom Staat (ein Verrechnungsmittel, das überall akzepiert wird), und für das muß man dem Staat eine Gegenleistung erbringen muß, sprich: abarbeiten. Wenn der Staat z.B. 1 Milliarde Umlaufgebühr verlangt, so muß er Arbeiten vergeben, die er mit 1 Milliarde bezahlt, dann bleibt die Geldmenge gleich. Diejenigen, die für den Staat arbeiten (in Bildung, Sicherheit, Verwaltung, ...), bekommen diese Milliarde ausbezahlt und bekommen dafür dann wieder Leistungen von anderen (Nahrung, Kleidung, Wohnung, ...), so daß diese Leistung für das Geld von allen aufgebracht wird.
Was man nicht darf, das ist, den jetzigen Zinseszinseffekt (z.B. in der Staatsverschuldung) mit einem Freigeldsystem zu vergleichen, in dem zu Beginn noch keine Schulden gemacht wurden. Eben deshalb versuche ich ja unser "Zinssystem" erstmal auf den Kern zurückzuführen, nämlich das System an sich, also ohne Verschuldung oder gar Überschuldung. Daß eine gewisse verschuldung durchaus sinnvoll ist (Investitionen), steht auf einem anderen Blatt, mir geht es erstmal um den reellen Vergleich. Und dabei wird deutlich, so sehe ich das, daß der Zinsenzinseffekt eine Folge der Überschuldung ist und ich das nicht allein dadurch lösen kann, indem ich die Umlaufgebühren für das Geld auf eine andere Art und Weise erhebe.
Die Verschuldung muß ich in den Griff bekommen, und danach kann ich mich über die Detailunterschiede unterhalten, die beide Systeme bei der Ausgabe des Geldes haben. Und ich darf nicht das jetzige überschuldete System mit einem theoretischen System vergleichen, bei dem im Gedankenexperiment noch keine Schulden bestehen.
Wenn Du nun immer noch der Ansicht bist, die Ver- und gar Überschuldung sei eine Schuld unseres Zinssystems, dann möchte ich, auf wenn BB entnervt ist, auf meine Ursprungsfrage zurückkommen: Wo zwingt Dich das System, Schulden zu machen? Wo zwingt es Dich dazu, wo Deine Stadt, wo eine Firma? Bzw., anders ausgedrückt, wo muß ich eine Leihgebühr für das geliehene Geld zahlen, die ich im gleichen Fall im Freigeldsystem nicht auch zahlen müßte?
Gruß
Johannes
- Re: Summe aller Geldguthaben == Summe aller Geldschulden BBouvier 03.2.2005 01:17 (0)
- Re: Summe aller Geldguthaben == Summe aller Geldschulden detlef 03.2.2005 01:11 (0)
- Zinseszins - ganz einfach Tarman 03.2.2005 00:54 (3)
- Re: Zinseszins - ganz einfach Johannes 03.2.2005 01:07 (2)
- Re: Zinseszins - ganz einfach Tarman 03.2.2005 02:52 (1)
- Re: Zinseszins - ganz einfach Kastelan 03.2.2005 07:08 (0)