Re: Summe aller Geldguthaben == Summe aller Geldschulden

Geschrieben von detlef am 03. Februar 2005 01:11:14:

Als Antwort auf: Re: Summe aller Geldguthaben == Summe aller Geldschulden geschrieben von Johannes am 03. Februar 2005 00:24:03:

>> In einem Zinsgeldsystem wachsen Guthaben zinseszinsmäßig, ergo müssen das
>> auch die Schulden tun.

>
>Hallo Georg,
>nein, das sehe ich anders. Denn das exponentielle Wachstum gibt es erst dann, wenn man so viel Schulden macht, daß man sie nicht mehr zurückzahlen kann. Dann beginnen die Zinsen exponentiell zu wachsen und fressen einem schnell auf.
>Um mal ein Beispiel zu nehmen: Wenn eine Familie 2.500,00 Euro Einkommen hat und davon 1.500,00 Euro für Lebenshaltung (ohne Miete) benötigt, so kann sie entweder 750,00 Euro an Miete zahlen und für 250,00 Euro sparen oder Urlaub nehmen -oder sie kann mit den 1.000,00 Euro einen Kredit zurückzahlen für eine eigene Wohnung. Es ist eine Frage der persönlichen Präferenz, für was man sich entscheidet, aber wenn man richtig kalkuliert, dann sind die Zinsen zwar Kosten, die man einrechnen muß, aber sie werden nicht endlos wachsen, sondern in absehbarer Zeit abbezahlt sein.

ich glaube, hier machst du einen denkfehler. deine urspruengliche frage ging um wachstum. jetzt ist auf einmal die rede von exponentiellem wachstum.
wenn deine beispielfamilie 1.000,- eu zurueckzahlt, hat sie damit nicht 1.000,- schulden getilgt, sondern nur, sagen wir, 995,- die restlichen fuenf sind zinsen. um diese fuenf eu waechst bei jeder zahlung die gesamtmenge umlaufenden geldes. das nenne ich auch wachstum.

>Der Zinseszins ist erst dann ein Problem, wenn man die Rückzahlungen nicht mehr leisten kann. Sprich, die Familie fährt dennoch in Urlaub und nimmt für Zinsen und Rückzahlung erstmal einen neuen Kredit auf. Das ist dann ein wirkliches Problem und in vielen Fällen der Anfang vom Ende. Dies liegt aber nicht am Zins an sich, sondern an der zu hohen Verschuldung.

die frage von drohender insolvenz ist doch schon ein anderes thema: folgen.

>Nicht ich denke mir das so, sondern die Freigeldanhänger! Ich versuche nur, in Gedanken eine vergleichbare Situation zu schaffen.
>@Georg: Ich versuche bewußt, die beiden Modelle auf eine vergleichbare Basis zurückzuführen. Und auch, wenn BB in Unkenntnis des Hintergrundes fröhlich vor sich hin lästert, so gehen die Freigeldanhänger von einem System aus, in dem es keinen Zinseszinseffekt gibt.

wie willst du jemals ein kapitalbildungsfreundliches und ein kapitalbildungsfeindliches system auf einen nenner bringen?
das schliesst sich doch gegenseitig aus.

>Ich drücke es mal anders aus: Der Unterschied der beiden Systeme ist doch eigentlich nur der, wie sich der Staat die Ausgabe von Geld bezahlen läßt. Bei Freigeld dadurch, daß jedes Jahr Geldscheine ungültig werden und man eine Gebühr zahlen muß, um sie weiter verwenden zu können. In der Diskussion werden da meist 3-5% genannt, die man jährlich aufbringen muß, da die Scheine sonst wertlos werden. Dies wird "Umlaufgebühr" genannt.

da geldscheine ursaechlich schuldscheine des ausgebenden sind, (in der form von inhaberpapieren) haben beide geldsysteme wenigstens dies gemeinsam: die organisatoren bescheissen die teilnehmer. die ausgebenden verlangen eine gebuehr dafuer, dass sie bei den anderen teilnehmern schulden haben koennen.


>Was viel entscheidender ist, das sind die Zinsen, die man zu zahlen hat, weil man sich Geld geliehen hat. Und die einem, wenn die Raten zu hoch sind, durch den Zinseszinseffekt irgendwann das wirtschaftliche Genick brechen werden. Aber das ist eine Frage der Verschuldung und nicht eine Frage, in welcher Art die Umlaufgebühr entrichtet werden muß!

die zinsen, die man dem verleiher zahlt, sind ein lohn fuer dessen konsumverzicht. ohne einen solchen lohn fuer konsumverzicht, haette niemand einen grund, anderen geld zu leihen.
es sind nicht zinseszinsen, die genicke brechen, sondern unkluge verhaltensweisen des schuldners.

>Genauso könnte ich sagen, das Freigeldsystem hätte einen Zwang zum Wachstum. Denn schließlich werden die Scheine wertlos, wenn man nicht jedes Jahr neues Geld aufbringen kann, um die Gültigkeit zu verlängern. Aber woher nehmen? Und das ist doch letztendlich die gleiche Frage wie die, woher man die "Umlaufgebühr" bezahlen soll, die die Bundesbank in Form des Grundzinses verlangt.

so einfach sehe ich das nicht. das wesentliche ist doch, dass die freigeldsysteme den verbrauch foerdern, und die herkoemmlichen die kapitalbildung.
leider kann man von gehabtem verbrauch nichts aufbauen...

>Aber die Lösung ist in beiden Fällen einfach: Mein bekommt eine Leistung vom Staat (ein Verrechnungsmittel, das überall akzepiert wird), und für das muß man dem Staat eine Gegenleistung erbringen muß, sprich: abarbeiten. Wenn der Staat z.B. 1 Milliarde Umlaufgebühr verlangt, so muß er Arbeiten vergeben, die er mit 1 Milliarde bezahlt, dann bleibt die Geldmenge gleich. Diejenigen, die für den Staat arbeiten (in Bildung, Sicherheit, Verwaltung, ...), bekommen diese Milliarde ausbezahlt und bekommen dafür dann wieder Leistungen von anderen (Nahrung, Kleidung, Wohnung, ...), so daß diese Leistung für das Geld von allen aufgebracht wird.

abgesehen davon, dass es umgekehrt ist, naemlich staaten soviel geld ausgeben, wie sie brauchen, um ihre verpflichtungen zu erfuellen, darfst du nicht vergessen, dass geld nicht gleich bargeld ist. die geldmenge beinhaltet, genau, wie die schuldmenge auch buchgelder. die ein vielfaches des bargeldes sind. das ist meines wissens beim freigeld anders.

>Was man nicht darf, das ist, den jetzigen Zinseszinseffekt (z.B. in der Staatsverschuldung) mit einem Freigeldsystem zu vergleichen, in dem zu Beginn noch keine Schulden gemacht wurden. Eben deshalb versuche ich ja unser "Zinssystem" erstmal auf den Kern zurückzuführen, nämlich das System an sich, also ohne Verschuldung oder gar Überschuldung. Daß eine gewisse verschuldung durchaus sinnvoll ist (Investitionen), steht auf einem anderen Blatt, mir geht es erstmal um den reellen Vergleich. Und dabei wird deutlich, so sehe ich das, daß der Zinsenzinseffekt eine Folge der Überschuldung ist und ich das nicht allein dadurch lösen kann, indem ich die Umlaufgebühren für das Geld auf eine andere Art und Weise erhebe.

imho, ist ueberschuldung kein wirtschaftlicher faktor, sondern ein politischer, bzw. wirtschaftspolitischer.
denn es ist eine geschaeftspolitische entscheidung jemanden mehr auf kredit zu verkaufen, als er sicher zurueckzahlen kann.
und den von dir so strapazierten "zinseszins" kann man als risikolohn sehen, gegen die gefahr, bei insolvenz nichts zu erhalten.

gruss,detlef
http://fc1.parsimony.net/user355/cowboy.gif


Antworten: