Relative und Absolute Logik

Geschrieben von Micha aus dem Süden am 27. Januar 2006 14:02:00:

Als Antwort auf: Re: Ach, der gute Karl Raimund Popper geschrieben von Theodor am 26. Januar 2006 13:54:34:

Hi Theodor,

so macht das Spaß ;-)

Schrauben wir das Niveau der Debatte noch eins höher:

Du schreibst:

>auch der finale Beweis des von Dir vertretenen (Kritischen) Rationalismus steht noch aus, andernfalls würde er ja, seiner eigenen Argumentation folgend, in sich zusammenbrechen. Manche behaupten deshalb, daß auch er "nur" ein Glaubenssystem sei, wenngleich ein vermeintlich näherliegenderes als der Idealismus zum Beispiel, da er sich auf die Ratio stützt.

Wer den Fehler macht, aus Krtischem Rationalismus ein Glaubenssystem zu machen (wie es viele Wissenschaftler tun), ist selber schuld. Die Methoden des Kritischen Rationalismus sind aber ein SEHR GUTES Werkzeug, um die Qualität des Denkens und der Wirklichkeitserfassung sicherzustellen.

Du schreibst weiter:
>Ursache und Wirkung sind bei manchen Denkern Axiome, bei anderen aber genauso relativ wie die Logik per se. Hierdurch wird eine Deduktion in Bezug auf die Nichtexistenz, bzw. Existenz des Satans fragwürdig.

Jahaaa... aber schau Dir diese Denker mal an, da gibt es erhebliche Qualitätsunterschiede. Zunächst mal zur Relativität von Ursache und Wirkung. Tatsächlich stellt sich bei näherer Untersuchung heraus, dass die Beziehung von Ursache und Wirkung ein menschliches Konstrukt ist, eine Theorie, aber immerhin ein "funktionierendes Konstrukt", eine "taugliche Theorie". Aber relativ, nicht absolut. Nun schließen aus diesem Befund manche Denker (etwa der gute alte Rudi Steiner), dass auch alle Konstrukte jenseits von "Ursache und Wirkung" das gleiche Daseinsrecht hätten, wie die unter Beachtung von Ursache und Wirkung. Haben sie aber nicht - wenn ich Himbeersaft in den Tank fülle, nützt alles positive Denken nicht und alle Relativität, das Auto will nicht fahren. Aus Sand kann ich kein Sesamöl pressen, selbst nicht, wenn ich inständig bete. Und wenn ich die Hand ungeschützt für 10 Sekunden auf eine glühende Herdplatte lege, wird sie Verbrennungen erleiden, da hilft auch kein Meditieren dagegen. Solche Naivität leidet also an einer fehlerhaften Relativierung von Ursache und Wirkung, und dazu gehört auch das Konzept eines "absolut Bösen".

Nun gibt es noch andere Denker (Alfred North Whitehead, Francesco Varela, Vittorio Hösle...), die die Relativität von Ursache dahingehend auswerten, dass sie nach dem Absoluten fragen. Am Ende bleibt als einziges Absolutes der "offene Raum der Möglichkeiten" und die Tatsache des Vorhandenseins von Bewusstsein. Buddha nannte es den "offenen, leuchtenden Raum des Geistes".

Fazit: dass Logik und "Ursache und Wirkung" relativ sind, bedeutet nicht, dass jeder Blödsinn genauso zulässig ist, wie bewährte Konzepte ("Ursache und Wirkung"). Es bedeutet aber wohl, dass letztendliche Realität größer und offener ist, als bewährte Konzepte zu fassen vermögen. "Größer und offener" bedeutet aber nicht "kleiner und verschlossener" (das mit einem satanischen Prinzip zu assoziieren wäre, wenn es dieses denn gäbe).

Sagen wir es mal so: "Dunkelheit" ist kein Prinzip an sich, sondern bloße Abwesenheit von Licht. Bosheit ist kein Prinzip an sich, sondern bloße Abwesenheit von Liebe, Einsicht, Mitgefühl, Weisheit.

Wäre doch fast ein Spruch für die Weihnachtsgrüße 2006 ;-)

Beste Grüße,

Micha


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