Noch einen Monat bis zu den Gouverneur-Wahlen

Geschrieben von Epidophekles am 05. September 2003 04:24:23:

Als Antwort auf: Zwei Monate nach dem 7.8. Gouverneur-Wahlen geschrieben von Epidophekles am 04. September 2003 22:13:21:

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Aus der Neuen Zürcher Zeitung:


Total Recall

Wird Arnold Schwarzenegger Kaliforniens «Governator»?

Mein Freund Win hat ihn neuerdings an der Kühlschranktür hängen - den republikanischen Star-Kandidaten für den Gouverneursposten in Kalifornien. Man kann nicht sagen, dass Win ein Fan der Republikaner ist, und auch figürlich ist Arnold Schwarzenegger nur noch bedingt sein Vorbild. Die kleine schwarzweisse Fotografie, die er aus der «New York Times» herausgerissen hat, zeigt den Terminator vielmehr im vorletzten Stadium einer uns allen drohenden Niederlage - über einem viel zu knappen Teeny-Weeny-Badehöschen quillt es unschön rund um Arnolds Leibesmitte.

Das Bild, angeblich in diesem Frühjahr in der Karibik aufgenommen und jetzt gemeinerweise in Umlauf gebracht von «Peoples Magazine» und der «New York Post», könnte «Arnies» Beliebtheit freilich eher noch steigern: Die stahlharte Muskelikone als Dickerchen, der Sieger über die Technokiller der Zukunft als Kämpfer mit den eigenen Pfunden ist sonderlich in Amerika eine herzerwärmende Vorstellung. In einem Land, in dem eine gute Figur macht, wer eine hat, ist die Zukunft, sprich: das Alter, selbst der Feind - und wer sich stellt, schon der Gewinner: Das Älterwerden, hat der 56-jährige Mr. Universum unlängst von sich gegeben, sei nichts für Schlappschwänze und Verlierer. Der Ex-Bodybuilder, der den Mythos vom Habenichts, der zum Millionär aufsteigt, in die Fitnessstudios getragen hat, weiss, wovon er spricht: You can make it.

Retter Kaliforniens
Natürlich ist Arnold, wie seine Manager panisch beteuern, längst wieder in «good shape». Freilich, sein jüngstes Opus, «Rise of the Machines», beendet auch die Filmkarriere des Maschinenmannes; für einen vierten «Terminator» steht Schwarzenegger nicht mehr zur Verfügung. Dafür ward sein Aufstieg als Sonnenkönig in der Politik werbemässig schon vor Wochen programmiert. Seit Arnie nach strategisch inszeniertem Hin und Her letzte Woche die «Tonight-Show» seines Freundes Jay Leno nutzte, um sich als Retter Kaliforniens aufzuspielen, ist der «Total Recall», sprich: die vorzeitige Abberufung des demokratischen Gouverneurs Gray Davis, beinahe schon beschlossene Sache. Nach einer ersten Umfrage hat der Terminator bereits 42 Prozent der Befragten hinter sich gebracht. «Hasta la vista, Baby.» Am letzten Samstag war Deadline, und aus den annähernd vierhundert Anwärtern haben sich um die einhundertsechzig Gouverneurskandidaten herausgeschält - darunter so illustre Gestalten wie Larry Flint, der Herausgeber des Sexmagazins «Hustler», der das Glücksspiel ausbauen und besteuern will, oder das Pornostarlet Mary Cary, das als einzigen Programmpunkt seine Oberweite hat und, rein äusserlich gesehen, gut neben Arnolds Bild auf Wins Kühlschrank passen würde.

An Geld mangelt es Arnie im Unterschied zum Staat Kalifornien keineswegs. Kein Wunder also, dass der Hollywoodstar, der für die Jahre 2000 und 2001 ein Einkommen von 57 Millionen Dollar deklariert hat, gut im Rennen liegt. Viele sehen überdies in ihm einen Wiedergänger von Ronald Reagan; er selbst beschreibt sich freilich eher als «Republikaner mit sozialem Gewissen». In der Tat sind viele seiner Parteigenossen durchaus nicht glücklich mit dem Kandidator - dem konservativen Flügel ist Schwarzenegger viel zu fortschrittlich. Der Gründer der «Inner City Games Foundation» setzt sich nämlich nicht nur für die Kids aus den armen Vorstädten ein, er unterstützt überdies das Recht auf Abtreibung und die Möglichkeit für homosexuelle Paare, Kinder zu adoptieren; ja, sogar den Waffenbesitz will er einschränken. Gleichwohl hat Präsident Bush seinen Wahlgang nobilitiert: «Ich glaube, er wäre ein guter Gouverneur», gab der Präsident kurz vor seiner eignen Reise an die Westküste bekannt, wo er Geld und Stimmen sammeln will.

Zwischenetappe
Dabei ist der Gouverneursposten, glaubt man Schwarzenegger, nur eine Zwischenetappe auf dem Weg ins Weisse Haus. Wer ihn daran erinnert, dass dies nach der Verfassung gar nicht möglich sei, da Schwarzenegger nicht im Land seiner wahr gewordenen Träume auf die Welt gekommen ist, kennt den Kandidaten schlecht. Schliesslich hat der Polizistensohn aus der Steiermark den Amerikanern noch einmal vorgemacht, wie man es mit einem Schilling in der Tasche hier zu einer eignen Boeing, einem Villenkomplex mit elf Badezimmern und vielen, vielen Aktien bringt - um nur das mindeste zu nennen. «Die Verfassung kann geändert werden», liess er, «warum nicht?», die Reporter schon einmal wissen. Arnie for president? No problemo.

Die Grenzen zwischen Politik und Showbiz, in den USA ohnehin mehr als fliessend, sind in dem Hype um Arnie, der seit Mitte letzter Woche (nicht nur) alle Titelseiten füllt, jedenfalls verschwunden. Am Drehbuch für die Rolle als Hoffnungsträger für die Zukunft Kaliforniens arbeitet der Terminator allerdings schon eine ganze Weile. Die Sätze, die er bisher von sich gab, stammen beinah ausnahmslos aus seinen eigenen Filmen. Dementsprechend ausgefeilt fällt die Präsentierung seiner Pläne aus. In «Terminator 2» hatte Schwarzenegger gerade einmal 700 Worte auswendig zu lernen.

Andrea Köhler




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Auszug aus diesem Link:
http://f23.parsimony.net/forum53379/messages/70075.htm






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