Re: EU und USA - Doktrin.
Geschrieben von Johannes am 16. Juni 2003 15:13:30:
Als Antwort auf: EU und USA - Doktrin. geschrieben von Guerrero am 16. Juni 2003 13:48:05:
> Nähert sich die EU den USA im Bezug auf die Politik der
> Prävention?
Hallo Guerrero,nun, wenn Du es schon wieder ansprichst, dann möchte ich Dich doch mal fragen, wie Du den Unterschied zwischen Präventiv- und Angriffskrief definieren würdest.
Meine Definition: Wenn Land A das Land B erst politisch/wirtschaftlich unter Druck setzt und dann einen Militärschlag gegen das Land vorbereitet, um die Forderungen durchzusetzen, dann ist dies ein Angriffskrieg. Wenn Land B nun versucht, Land A zuvor zu kommen, damit es nicht militärisch überfallen wird, dann würde ich dies als Präventivkrieg bezeichnen.
Ich weiß, man kann sich hier beliebige Verwicklung hinzudenken, auch über beteiligte Drittländer C, D, E, ... Zur Unterscheidung zwischen Präventiv- und Angriffskrieg würde ich aber im Zweifelsfall fragen, wer wessen Grenzen verletzen will.
Zusatzfrage: Wie weit darf Prävention gehen? Hier mal ein kleines Beispiel aus dem Alltag: Eine Jugend-Gang bedroht 2 schwächere Schüler "Warum habt Ihr das Handy meines Kumpels geklaut". Darauf die beiden verängstigt: "Wir haben doch gar nichts getan". Darauf die Gang: "Dann müssen wir Euch durchsuchen".
Die beiden versuchen zu fliehen, die Gang holt sie ein, schlägt zu und nimmt außer dem Handy, das den Überfallenen gehört, auch noch die Geldbörse etc. mit "Denkt dran, wir haben Eure Adressen. Wenn Ihr weiter Handys klaut und Stunk macht, dann werden wir Euch finden".
Die Gang macht also unmißverständlich klar, daß sie "präventiv" tätig werden wird, sollten die Überfallenen auf die Idee kommen, sich zu wehren. Kann sie etwa eine "Aufrüstung" dulden, indem sich die Überfallenen mit anderen zusammentun oder gar einen Kampfsport lernen? Nein, dann wird sofort ein Exempel statuiert, ein "Präventiv-Schlag" sozusagen.
Wer hat nun recht? Klarer Fall, sagen wir, die Überfallenen. Worauf ich aber hinaus will: Wenn nun aber die Gang sich durchsetzt, wie wird wohl deren Bericht darüber sein? Und sollte ein Beobachter wirklich deren Wortwahl übernehmen?
Nein, keine Angst, ich will damit werder eine lange politische Diskussion beginnen und kann mich auch nicht festlegen, wer in der großen Politik nun der Gang und wer den beiden jüngeren Schülern entspricht. Es spielen zuviel Faktoren eine Rolle, um sich da klar entscheiden zu können.
Nur, das gleiche "Spiel", was die Gang vor Ort macht, wird auch im Großen in der Welt "gespielt". Und da bin ich dafür, als Beobachter eine möglichst neutrale Position einzunehmen und auch nicht die Wortwahl der "Gang" zu übernehmen. Aber es ist natürlich auch nicht jeder unschuldig, nur weil er um Hilfe schreit.
Was ich gerne als Beobachter unterscheiden würde, das sind Begründung und Motivation. Für das reale Beispiel der Jugend-Gang (letzte Woche in der Zeitung) ist das relativ einfach. Die Motivation ist schlicht und einfach Gier, sie wollen Rauben und schrecken auch vor Gewalt nicht zurück. Aber die Begründung ist natürlich geschickter, sie wollen selbstverständlich nur nachsehen, ob das evtl. das Handy ihres Kumpels ist. Und da die beiden abhauen wollten, haben sie sich eben verdächtig gemacht, und da mußte man doch...
Was würdest Du dazu sagen, wenn im Zeitungsbericht die Position der Gang übernommen wurde, nachdem sie erfolgreich war? Und berichtet würde, die Gang hätte das gestohlene Handy zwar trotz der vielen Hinweise noch nicht finden können, aber der "Präventiv-Schlag" sei auf jeden Fall wichtig gewesen, damit sich in Zukunft niemand mehr wagt, die Handies der Gang zu stehlen, ...
Okay, aber lieber noch etwas praktisches. Nicht "Heiteres Beruferaten" mit Robert Lembke, aber Du darfst ein Zitat einordnen:
Die Verwirklichung dieses Ziels [des Bündnisses] kann durch Krisen und Konflikte, die die Sicherheit des euro-atlantischen Raums berühren, gefährdet werden.
...
Ethnische und religiöse Rivalitäten, Gebietsstreitigkeiten, unzureichende oder fehlgeschlagene Reformbemühungen, die Verletzung von Menschenrechten und die Auf-lösung von Staaten können zu lokaler und selbst regionaler Instabilität führen. Die daraus resultierenden Spannungen könnten zu Krisen führen, die die euro-atlantische Stabilität berühren, sowie zu menschlichem Leid und bewaffneten Konflikten. Solche Konflikte könnten, indem sie auf benachbarte Staaten einschließlich [Bündnis]-Staaten übergreifen oder in anderer Weise, auch die Sicherheit des Bündnisses oder anderer Staaten berühren.
...
Die Sicherheit des Bündnisses muß jedoch auch den globalen Kontext berücksichtigen. Sicher-heitsinteressen des Bündnisses können von anderen Risiken umfassenderer Natur berührt werden, einschließlich Akte des Terrorismus, der Sabotage und des organisierten Verbrechens sowie der Un-terbrechung der Zufuhr lebenswichtiger Ressourcen. Die unkontrollierte Bewegung einer großen Zahl von Menschen, insbesondere als Folge bewaffneter Konflikte, kann ebenfalls Probleme für die Sicherheit und Stabilität des Bündnisses aufwerfen.Was auch immer und wo auch immer, das Bündnis ist bereit? Wann ist das wohl veröffentlicht worden?
Gruß
Johannes
- Vorbeugung. Guerrero 17.6.2003 01:56 (3)
- Re:Vorbeugen. Genau! Nick 17.6.2003 08:07 (2)
- Re: Kaum möglich. Guerrero 17.6.2003 22:06 (1)
- Gerechter Präventivkrieg Nick 18.6.2003 08:50 (0)