Öl ins Feuer - Die Bundestagsdebatte
Geschrieben von ahlfi am 03. Dezember 2002 16:22:49:
Tach,
man braucht es eigentlich nicht mehr kommentieren, also lasse ich es!
Ahlfi
Hauen und Stechen im Bundestag
„ Wahllüge“, „Stimmung wie im Zweiten Weltkrieg“: So vergiftet ist die Atmosphäre zwischen Regierung und Opposition schon lange nicht mehr gewesen. Die Union forderte Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) in der Etatdebatte des Bundestages zum Rücktritt auf. „Nehmen Sie Ihren Hut, Sie haben versagt wie kein Finanzminister vor Ihnen“, sagte Haushaltsexperte Dietrich Austermann.
Unionsfraktionsvize Friedrich Merz (CDU) erklärte, Eichel stehe mit dem Rücken zur Wand. Dies werde der ntersuchungsausschuss „Wahlbetrug“ zeigen. „Dort sind Sie unter Strafandrohung zur Wahrheit verpflichtet, das ist der entscheidende Unterschied!“, wetterte Merz.
Mit seinem Vorwurf der Wählertäuschung bezog sich Merz auf die Haushaltsrede von Eichel am 12. September. Damals habe der Finanzminister unterstrichen, dass die Nettoneuverschuldung 15,5 Milliarden Euro nicht überschreiten werde. Stattdessen würden es nun 18,9 Milliarden Euro. Außerdem habe Eichel noch fünf Tage vor der Wahl erklärt, er sei sicher, keinen „Blauen Brief“ aus Brüssel zu erhalte. Nun stehe Eichel „mit dem Rücken zur Wand“.
Der Konter von Eichel
Eichel verteidigte seine Politik. Ihm sei klar, „nichts, was man jetzt tut, ist populär“. Der Nachtragsetat habe sein müssen. In der Konjunkturflaute sei es unmöglich, Investitionen zu senken. Es werde außerdem weitere Eingriffe im Sozialbereich geben. Die derzeit geplanten Kürzungen bei der Arbeitslosenhilfe blieben nicht die einzigen Einschnitte. Vom Sparpaket seien weiter Teile der Gesellschaft betroffen. Die Regierung lasse es nicht zu, dass nur bei sozial Schwachen gekürzt werde.
Auch der Abbau von Subventionen und Steuervorteilen sei notwendig, so Eichel. Es
mache keinen Sinn, den Eigenheimbau mit jährlich zehn Milliarden Euro zu fördern, wenn gleichzeitig im Osten leer stehende Wohnungen abgerissen würden.Eichel bekräftigte das Ziel, im nächsten Jahr die Drei-Prozent-Grenze des Europäischen Stabilitätspaktes wieder einzuhalten und 2006 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dazu müssten auch die Länder und Gemeinden ihren Beitrag leisten. Er rief die Länder zugleich auf, entschiedener gegen Umsatzsteuerbetrug vorzugehen. Die Maßnahmen, die die Bundesregierung dazu ermöglicht habe, würden nicht konsequent genug eingesetzt.
Mehr Arbeitslose befürchtet
Er befürchte, dass die Zahl der Erwerbslosen im Winter „deutlich“ über vier Millionen liegen werde, sagte Hans Eichel am Dienstag zum Auftakt der Haushaltsdebatte im Bundestag. Dies seien aber immer noch 500 000 weniger als im Winter 1997 und 1998, als die Entwicklung noch von der unionsgeführten Regierung zu verantworten gewesen sei.
Die Anschuldigung, er habe die finanzielle Lage vor der Wahl absichtlich verschwiegen, nannte Eichel absurd. Er habe stets gesagt, der Haushalt 2002 sei „auf Kante genäht“. Erst im Oktober sei klar gewesen, dass das Staatsdefizit über dem Maastricht-Kriterium liegen werde. Empört reagierte Eichel auf den Vorwurf der „Bilanzfälschung“. Mit solchen Angriffen bringe die Union die „politische Klasse insgesamt“ in Misskredit.
SPD steht ihrem Minister bei
Die SPD stellte sich klar hinter den Finanzminister. „Eichel hat etwas durchgesetzt und erreicht, dafür gebührt ihm großer Respekt von uns allen“, sagte Finanzexperte Joachim Poß. Sein Fraktionskollege Walter Schöler ergänzte: „Hans Eichel genießt unser Vertrauen.“ Deswegen werde die Koalition ihren Weg mit ihm fortsetzen.
Poß warf der Opposition Konzeptionslosigkeit vor und erklärte: „Mit uns wird es keine Steuersenkungspolitik auf Pump geben.“ Zur Zeit gebe es keinen Spielraum für weitere Steuer- und Abgabensenkungen. Union und FDP ignorierten, dass Steuersenkungen gegenfinanziert werden müssten. „Die Alternative ist massiver Sozialabbau und Rückkehr in den Schuldenstaat. Das ist der Kern der Politik von Union und FDP.“
Die Finanzexpertin der Grünen, Antje Hermenau, warf den Ländern vor, sich hinter Eichel zu verstecken. 2,5 Prozent des diesjährigen Schuldenstands von 3,8 Prozent gingen auf Lasten aus der Vergangenheit zurück. Notwendig seien jetzt noch entschiedenere Reformen. Die Reformen der vergangenen Legislaturperiode hätten vielleicht noch nicht richtige Energie gehabt. „Wir haben zu sanft gespart“, sagte Hermenau. Insgesamt sei es Rot-Grün aber gelungen, die Kultur des Sparens zu etablieren. Der nächste Schritt müsse sein, eine Kultur der Modernisierung durchzusetzen.
Stimmung wie im Zweiten Weltkrieg
Die FDP enthielt sich aller persönlichen Angriffe auf Eichel. Der haushaltspolitische Sprecher Günter Rexrodt kritisierte aber eine „Deflationspolitik in Reinkultur“, die zu großer Verzagtheit geführt habe. In Deutschland gebe es zurzeit eine Stimmung wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Die Bundesregierung habe immer noch nicht verstanden, dass man in der Rezession Steuern senken und nicht erhöhen müsse.
Der Bundestag berät bis Donnerstag insgesamt 25 Stunden über den Haushalt 2003 und den Nachtragshaushalts 2002. Eichel hat einen überarbeiteten Entwurf für 2003 vorgelegt. Danach nimmt die Neuverschuldung überplanmäßig um 3,4 Milliarden auf 18,9 Milliarden Euro zu. Der Entwurf sieht Ausgaben von 247,9 Milliarden Euro vor. Mit dem Nachtragsetat 2002 fängt Eichel Steuerausfälle ab, muss aber die neuen Schulden kurzfristig um 13,5 Milliarden auf 34,6 Milliarden Euro aufstocken.
03.12.02, 15:45 Uhr
(Quelle: dpa/ap)
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