Re: Wie "Ur" ist eine "Urbevölkerung" ?

Geschrieben von franke43 franke43 am 24. Oktober 2000 08:08:56:

Als Antwort auf: Re: Wie geschrieben von Stefan am 23. Oktober 2000 22:08:14:

>Hallo F.Z.

Hallo

Also ich bin kein Zionist, Jude oder unkritischer Anhänger der
israelischen politik. Ich kann nur die aufgekratzten Schreier und
Steinlesschmeisser mit ihrem primitiven Blutrachedenken auf der
anderen Seite nicht vertragen. Und ich vergesse den Arabern und Islamisten
nicht, dass auch ich in deren Augen nur ein "Qafr", ein minderwertiger
"Ungläubiger" bin.

>Wenn die Zionisten einen Anspruch auf "Das Gelobte Land" auf Basis des Alten Testamentes ableiten, dann ist dies Unfug. Irgend etwas muß man sich ja als Ausrede für den Landraub einfallen lassen.

Immerhin hat damals (angeblich) der Höchste, der Schöpfer von Himmel und
Erde, seinem auserwählten Volk dieses Land zugewiesen. Im Buch Josua wird
sogar behauptet, dass der Völkermord an den Kanaanäern, Aramäern und
Jebusiten von Jahwe befohlen war.

>Auf dieser Basis könnte jedes europäische Volk Anspruch auf jedes europäische >Territorium erheben. Bei all den Völkerwanderungen in den letzten paar tausend >Jahren war jeder schon mal überall.

Das stimmt zweifelsohne, aber kein anderes Volk in den vielen Völkerwanderungen
(auch unsere Vorväter nicht) hat behauptet, aufgrund einer göttlichen Weisung
die neuen Wohngebiete in Anspruch zu nehmen. Man hatte in einem Kampf gesiegt
und war als Sieger der Herr des neuen Landes. Paradebeispiel: Wilhelm der
Eroberer in England nach der Schlacht von Hastings. Aber das war aufgrund von
Kriegsrecht, nicht weil England das "gelobte Land" der französischen Normannen
gewesen wäre. (Eigentlich war es ein Testamentsstreit)

>Die Landnahme der Juden nach den erlebten Greueln der Nazizeit war >verständlich und auch die Abgrenzung gegenüber den Arabern bis zu einem >gewissen Grade nachvollziehbar, wurden sie ja auch schon vor der militärisch >begründeten Konstitution des Staates Israel von ihren arabischen Nachbarn >nicht unbedingt freundlich behandelt.

Eben. In der Diaspora wurden sie nie in Ruhe gelassen, schon lang vor der
Schoah nicht. Imemr wieder hat es Pogrome gegeben. Die Schoah war nur das
letzte, kompromissloseste und technischste der vielen Pogrome. Nur im Land
ihrer Vorväter haben sich die allseits Verfolgten halbwegs sicher gefühlt,
und die Araber wollten sogar das noch verhindern.

>Aber die in den letzten Jahrzehnten durchgeführte fortgesetzte >Besiedlung der besetzten Gebiete ist und bleibt staatlich geduldete >Kriminalität und ein Verbrechen an Frieden und guter Nachbarschaft und muß >umgehend rückgängig gemacht werden.

Meines Wissens ging das alttestamentarische Israel sogar über die heutigen
Grenzen von Israel + "besetzte" Gebiete hinaus.

>Auch fortschrittliche jüdische Israelis wissen dies. Auf der anderen Seite >haben sich die Israelis mittlerweile ein Naturrecht an einem Kernisrael >ersessen. Ein in Israel geborener Jude hat das gleiche Recht dort zu leben wir >ein in Palestina geborener Araber ein Recht auf ein Leben in einer eigenen >staatlich begründeten Gemeinschaft hat.

Die Araber verfügen - als Kultur-, Religions- und Sprachengemeinschaft
aufgefasst, über ein geradezu riesiges Gebiet. Allerdings sind weite
Teile dieses Gebietes nicht unbedingt bewohnbar. Aber die Flächen, die
die "arabische Welt" ihr eigen nennt, sind nahezu unermesslich. Aber
nein: von dem kleinen Landstreifen neben Israel soll kein Meterbreit
preisgegeben werden, obwohl gleich daneben riesige Räume unter arabischer
Kontrolle verbleiben. Schau mal in den Atlas und vergleiche.

>Erst wenn jede Seite die Rechte der anderen mit dem Herzen anerkennt gibt es >eine Chance auf eine friedliche Nachbarschaft.

Seit der Aufteilung der verwandten semitischen Stämme in die Nachkommenschaft
von Isaak und Ismael ist das nicht mehr möglich gewesen. Religiöse Arroganz
(auch Sendungsbewusstsein genannt) verhindert dies auf beiden Seiten. Auf
der einen Seite kommt noch ein mittelalterliches Blutrache- und Fehdedenken
dazu.

>Meine Position gegenüber Barak möchte ich aber noch einmal betonen. Er ist um >keinen Deut besser als Ariel Sharon. Er ist ein Militarist und ein Egomane, >der den Friedensprozeß, den er nie wirklich verstanden hat, für seinen >persönlichen Ehrgeiz opfert. Wie seine Witwe schon sagte, Yitzhak Rabin >rotiert in seinem Grabe.

Leider müssen wir sagen, dass Mose und Josua aus genau den entgegengesetzten
Gründen ebenfalls in ihren uralten Gräbern rotieren.

>Die einseitige Unterstützung der Israels durch >die USA kann auch für Europa zum Problem werden.

Das sagen zumindest die Seher ganz klar und deutlich voraus. Ändern
können wir es trotzdem nicht, wir können uns nur darauf einstellen.

>Ein Schritt der Emanzipation von den USA wäre es, Israel klar und deutlich >Wirtschaftssanktionen anzudrohen, wenn es den Friedensprozeß "auf Eis legt" >und die Situation weiter eskaliert. Gerade unter französischer Präsidentschaft >sind die Chancen dafür am höchsten. Eine Wirtschaftsblockade und Einstellung >aller Hilfsleistungen durch die EU würde Israel sehr hart treffen. Härter als >ein Boykott durch die arabischen Nationen.

Vergiss das. Die ganzen europäischen Nationen haben sich damals an der
Schoah irgendwie mitschuldig gemacht. Auch die Vichy-Regierung im
unbesetzten Teil von Frankreich. Keine europäische Nation kann es sich
moralisch leisten, ausgerechnet auf Israel mit Steinen zu werfen, auch
nicht mit verbalen oder wirtschaftlichen. Deutschland am allerwenigsten.
Für uns gilt - angesichts unserer geschichtlichen Verantwortung Israel
gegenüber - Klappe zu, Maul halten, umdrehen und weiterschämen.

>Eine solche Initiative könnte natürlich nicht von Deutschland ausgehen.

Wie wahr. Aber wie oben erwähnt: kein europäischer Staat hat in der Schoah
eine weisse Weste behalten.

>Deutschland könnte sich aber der Mehrheitsmeinung in der EU anschließen. Damit >dies Wirklichkeit werden kann, muß allerdings noch viel Blut den Jordan >hinunter fließen.
>
>Stefan

Solange es den Jordan gibt, ist er immer mit Blut getränkt gewesen. Leider.

Gruss

Franke43


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