Re: Fälschungen ?
Geschrieben von JeFra am 16. Mai 2001 22:31:49:
Als Antwort auf: Fälschungen ? geschrieben von franke43 am 16. Mai 2001 09:22:00:
>Klar kann man das fälschen, wenn man irgendwo auf einen alten
>Restposten Papier stösst und womöglich auf dem Flohmarkt einen
>ausrangierten Stempel der Feldpost gefunden hat. Aber warum um
>alles in der Welt sollte ein Fälscher solche komplizierten
>Umwege gehen, ohne selber einen Eigennutz zu haben ?Einmal können manche Fälscher sehr wohl persönliche Vorteile aus ihren Bemühungen ziehen, etwa wenn sie selber als Buchautoren auftreten. Das ist hier aber nicht der Punkt, den ich für entscheidend halte. Der direkte persönliche Vorteil steht wohl eher im Hintergrund. Es handelt sich eben bei den Prophezeiungen um kulturelle Produkte, mit denen eine politische und religiöse Gemeinschaft sich in Form (also zB. Zweifler bei der Stange) hält. Daß selbst offener Betrug in den christlich-jüdischem Religonsgemeinschaften (zum Teil auch in der heidnischen Antike) eine lange Tradition hat, kann man etwa bei KH Deschner, Kriminalgeschichte, 3. Band nachlesen. Ich kann nicht sehen, warum diese Tradition irgendwann in der Neuzeit gänzlich abgerissen sein soll und warum unter den christlichen Glaubensgemeinschaften gerade die Fundamentalisten davon frei sein sollen. Übrigens gibt es ja auch in den Naturwissenschaften immer wieder offene Fälschungen. In dem bekannten Buch von Spaemann/Löw, Die Frage wozu, wird ein Beispiel mit Bezug auf Haeckel genannt.
Natürlich muß man nicht unbedingt an Betrug denken, um beispielsweise die Gemeinsamkeiten der katholischen Prophezeiungen zu erklären. Vieles erklärt sich möglicherweise auch (wie von mir erwähnt) durch Kryptomnesie oder einfach dadurch, daß die Prophetenmacher (Bekh, Adlmayer, Backmund etc) eine Auslesefunktion ausüben. Wieviele Möchtegern-Propheten werden schon Kontakt zu Bekh aufgenommen haben, und wieviele sind mit ihren Prophezeiungen veröffentlicht worden? Soweit ich sehe, gibt es in Deutschland den Prophezeiungsglauben einmal im katholisch-fundamentalistischen Lager und zum anderen in Teilen der linksliberalen Ökologiebewegung. Unter den `linken' Ökologen scheinen aber indianische oder asiatische Texte eine größere Rolle zu spielen als autochtone Prophezeiungen. Wer mit Prophezeiungen hervortreten möchte, wird wohl die Bedürfnisse einer dieser Gruppen ansprechen müssen, um auf dem Markt eine Chance zu haben.
>>Und 1868 war das ja so schwer nicht vorherzusehen.
>Na gut, ich hatte geglaubt, das wären Voraussagen nach dem
>Blinden Jüngling von Prag (um 1365).
>Aber trotzdem: auch bei einem 1868 veröffentlichten Text
>stimmt es ja, dass eine Menge moderner "Zauberkünste" seitdem
>von allen möglichen Ländern nach Tschechien gekommen sind.
>Oder wie hätte ein Mensch vor fast 150 Jahren zum Beispiel
>unsere Funk-, Fernseh- Video- Computer- Mobiltelefon- und
>sonstige Technik gefunden, und die Autos und die Flugzeuge
>und die Raumfahrt usw. usw. ??
>Damals hatte man die Eisenbahn als neue Fortbewegungstechnik
>noch nicht so richtig verdaut, und die neue Fabrikproduktion
>mit mechanisierte Fertigungstechnik mit Anschluss an Dampfmaschinen.
>Um 1868 rum hat gerade Jules Verne seine kühnsten Zukunftsvisionen
>veröffentlicht, die heute längst von der Wirklichkeit überrundet
>worden sind. Und diese Visionen sind im tschechischen Sprachraum
>bestimmt nicht gelesen worden.Ich glaube, mit Sibylle von Prag war hier eine Prophetin gemeint, die S. Berndt als Sibylle Michalda bezeichnet und auf die die von Fred genannten 6 von 12 Vorzeichen zurückgehen. Soweit ich mich erinnere, setzt Berndt die Publikation auf 1868 an und fügt nur hinzu, daß es auf alten böhmischen Überlieferungen beruht. Welche Künste genau gemeint sind, wird nicht näher spezifiziert. Und daß der wissenschaftlich-technische `Fortschritt' im Jahre 1868 noch nicht an sein Ziel gelangt war, konnte man damals sehr wohl wissen. Was den blinden Jüngling von Prag betrifft, so bezweifle ich gerade, daß alle Teile des nach 1945 veröffentlichten Textes auf das 14. Jahrhundert zurückgehen.
MfG
JeFra
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