Amerikaner reißen sich um "Atompillen"

Geschrieben von H.Joerg H. am 04. Juli 2002 15:54:48:

Tag zusammen!

Aus der "Nahe-Zeitung" von heute:

Amerikaner reißen sich um "Atompillen"

Aus Furcht vor nuklearem Terror boomt in USA Geschäft mit Jodtabletten

Alan Morris bestätigt die amerikanische Weisheit, dass es immer jemanden gibt, der von einer Katastrophe profitiert. Seit dem 11.September können sich der Präsident der "Anbex Inc." und seine Mitarbeiter in Florida jedenfalls kaum mehr vor Arbeit retten.

Washington. "Immer wenn Verteidigungsminister Donald Rumsfeld oder der Heimatschutzbeauftragte Tom Ridge vor die Presse treten und neue Terrorwarnungen
aussprechen, klingelt bei uns das Telefon", bilanziert der rührige Unternehmer Alan Morris nüchtern. Er verkauft Tabletten im Dutzend, deren Inhaltsstoff bei Chemikern unter dem Kürzel "KI" bekannt ist. Im Volksmund heißen sie "Nuke-Pillen". Sie sind ein "Muss" für besorgte Amerikaner, die nichts so sehr fürchten wie einen Terroranschlag mit nuklearem Material.

Im Dezember bestellte die Atomaufsichtsbehörde neun Millionen Jodtabletten, um alle Anwohner, die im Umkreis von Atomkraftwerken leben, im Katastrophenfall zu versorgen. Bei rechtzeitiger Einnahme verhindern die Pillen die Absorption radioaktiven Jods in der Schilddrüse, was ein Mitverursacher von Krebserkrankungen ist. Die Dosierung: 130mg für Erwachsene, die Hälfte für Kinder.

Neben dem Staat gehören vor allem Privatpersonen zu den Kunden Morris´, der die Pillen seit 1980 herstellt, und vor dem 11.September "höchstens ein paar hundert Streifen" im Jahr verkaufte. Während damals Angsthasen und "Loonies", wie alle irgendwie Durchgeknallten in den USA genannt werden, die "Nuke-Pillen" bestellten, haben sie heute ihren Weg in die Hausapotheke der Durchschnittsamerikaner gefunden.

Die Wirtschaftsberaterin Jaci Longan (41) aus Arnold (Maryland) gab der "Washington Post" zu Protokoll, dass sie gleich drei Packungen bei "Anbex" für je 13 Dollar 95 erstanden hat. Eine für zu Hause, eine fürs Handschuhfach im Auto und eine für ihr Büro in New-York. "Sicher ist sicher", meint die Frau, die sich nach der Festnahme des "Dirty Bombers" dazu entschloss, Vorsorge zu treffen.

Alan Morris vertreibt seine Pillen gegen Strahlenerkrankungen unter der Adresse "Nukepill.com" im Internet. Der Markt ist so einträglich, dass auch die Konkurrenz von "KI4U" (sprich:KIfürDich) ein gutes Geschäft macht. "Der Konflikt zwischen Indien und Pakistan hat unseren Absatz im Mai angeheizt", berichtet KI4U-Chef Shane Connor und fügt hinzu, dass der angeblich geplante Anschlag mit einer "schmutzigen Bombe" auf Washington den Umsatz noch einmal getoppt hat.

Vor den mit Terrorwarnungen garnierten Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag
am heutigen Donnerstag arbeiten die Hersteller rund um die Uhr, um die Nachfrage zu decken. Die Kunden stammen meist aus Großräumen der Metropolen mit Schwerpunkt Hauptstadt und New-York. "Jeder denkt, dass dort etwas passiert, wenn es passiert", erklärt Troy Jones, der für Anbex das Internet-Geschäft betreibt.

Während Morris, Jones und Connor unbestritten ein einträgliches Geschäft betreiben, zweifeln Experten an der generellen Wirksamkeit der Atompillen. Sinn machten sie vor allem bei einem Nuklearunfall in einem Atomkraftwerk. So hätten in Tschernobyl 1985 rund 2000 Krebserkrankungen verhindert werden können, wenn eine ausreichende Zahl an Jodtabletten verfügbar
gewesen wäre. Gegen "schmutzige Bomben" dürften sie dagegen wenig helfen, da das wahrscheinlich verwandte Material nicht auf Jod anspricht.

Bei einer "nuklearen Explosion überwiegen" andere Gefahren. Jaci Longan lässt sich von solcher Logik nicht abhalten. "Ich wünschte mir, dass auch mein Bruder, meine Schwester sowie meine zehn Nichten und Neffen die Nuke-Pillen" einkaufen." Keine schlechte Perspektive für Anbex-Chef Morris, der auf einen lang anhaltenden Boom für sein Geschäft hofft.
(USA-Korrrespondent Thomas Spang)

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Na, dann hoffe ich mal, daß aus einem "langanhaltenden Boom" kein "kurzandauernder Bumm" wird.

Gruß

Jörg

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