Re: Missverständnisse

Geschrieben von Backbencher am 19. August 2005 10:35:37:

Als Antwort auf: Missverständnisse geschrieben von franke43 am 19. August 2005 08:21:26:

Danke, Franke, für Deine ausführliche Antwort. Schön, wie Du Mozart siehst. Da kann ich völlig mitgehen.

Ich antwortete in erster Linie, um auch klarzumachen, daß man allein mit Hilfe der Jahresfeiern anläßlich von Todes- oder Geburtstagen genügend Gründe finden würde die 'erwarteten' Geschehnisse noch um viele Jahre hundert Jahre hinauszuzögern! Und daß man gar nicht so weit zurück gehen muß und Mozart bemühen muß.

Mozart ist einer von vielen genialen Musikern. Andere sind nach 'meiner' Beurteilung weitaus genialer, da sie 'meine' Gefühls- und Gedankenwelt in einem zigfach stärkeren Maß inspirieren (= den Geist einführen). Und das ist es, worauf es bei Musik ankommt. Ich möchte inspiriert werden, meine Leute, mein Volk, die Völker sollen inspiriert werden. Heute tun das in weitaus stärkerem Maße - und notwenigerweise - andere. Jetzt z.B. Leute, deren Berufsbezeichnung aus zwei Buchstaben besteht, und die zwei banale Plattenspieler zum multifunktionalen Musikinstrument machen. Und da kommt manchmal wahrhaft Geniales heraus, obwohl sie meiner Meinung nach - leider - nur ein Bruchteil der musikalischen Bandbreite bedienen. Ich wünschte mir mal einen Techno-Blues zu hören, der mich Weinen läßt.

Trotz allem sind wir, so glaube ich, an einer Art Endpunkt in der Kunst und Kultur angelangt, in der eine zielgerichtete Beliebigkeit und eine geschäftige Langeweile vorherrscht. Ich sehe in den erwarteten Umwälzungen ein riesiges Potential! Hoffentlich sind sie der Ausgangspunkt eines wirklichen Evolutionsschritts für uns Menschen, was eine neue Dimension in Kunst und Musik zwangsweise nach sich zöge.

Viele Grüsse
Hinterbänkler


(M)ein kleiner Ohrwurm:

Der Mensch ist ein Seil, geknüpft zwischen Tier und Übermensch, - ein Seil über einem Abgrunde.

Ein gefährliches Hinüber, ein gefährliches Auf-dem-Wege, ein gefährliches Zurückblicken, ein gefährliches Schaudern und Stehenbleiben.

Was groß ist am Menschen, das ist, dass er eine Brücke und kein Zweck ist: was geliebt werden kann am Menschen, das ist, dass er ein Übergang und ein Untergang ist.

Ich liebe die, welche nicht zu leben wissen, es sei denn als Untergehende, denn es sind die Hinübergehenden.

Ich liebe die großen Verachtenden, weil sie die großen Verehrenden sind und Pfeile der Sehnsucht nach dem andern Ufer.

Ich liebe die, welche nicht erst hinter den Sternen einen Grund suchen, unterzugehen und Opfer zu sein: sondern die sich der Erde opfern, dass die Erde einst der Übermenschen werde.

Ich liebe den, welcher lebt, damit er erkenne, und welcher erkennen will, damit einst der Übermensch lebe. Und so will er seinen Untergang.

Ich liebe den, welcher arbeitet und erfindet, dass er dem Übermenschen das Haus baue und zu ihm Erde, Tier und Pflanze vorbereite: denn so will er seinen Untergang.

Ich liebe den, welcher seine Tugend liebt: denn Tugend ist Wille zum Untergang und ein Pfeil der Sehnsucht.

Ich liebe den, welcher nicht einen Tropfen Geist für sich zurückbehält, sondern ganz der Geist seiner Tugend sein will: so schreitet er als Geist über die Brücke.

Ich liebe den, welcher aus seiner Tugend seinen Hang und sein Verhängnis macht: so will er um seiner Tugend willen noch leben und nicht mehr leben.

Ich liebe den, welcher nicht zu viele Tugenden haben will. Eine Tugend ist mehr Tugend, als zwei, weil sie mehr Knoten ist, an den sich das Verhängnis hängt.

Ich liebe den, dessen Seele sich verschwendet, der nicht Dank haben will und nicht zurückgibt: denn er schenkt immer und will sich nicht bewahren.

Ich liebe den, welcher sich schämt, wenn der Würfel zu seinem Glücke fällt und der dann fragt: bin ich denn ein falscher Spieler? - denn er will zugrunde gehen.

Ich liebe den, welcher goldne Worte seinen Taten voraus wirft und immer noch mehr hält, als er verspricht: denn er will seinen Untergang.

Ich liebe den, welcher die Zukünftigen rechtfertigt und die Vergangenen erlöst: denn er will an den Gegenwärtigen zugrunde gehen.

Ich liebe den, welcher seinen Gott züchtigt, weil er seinen Gott liebt: denn er muss am Zorne seines Gottes zugrunde gehen.

Ich liebe den, dessen Seele tief ist auch in der Verwundung, und der an einem kleinen Erlebnisse zugrunde gehen kann: so geht er gerne über die Brücke.

Ich liebe den, dessen Seele übervoll ist, so dass er sich selber vergisst, und alle Dinge in ihm sind: so werden alle Dinge sein Untergang.

Ich liebe den, der freien Geistes und freien Herzes ist: so ist sein Kopf nur das Eingeweide seines Herzens, sein Herz aber treibt ihn zum Untergang.

Ich liebe alle die, welche schwere Tropfen sind, einzeln fallend aus der dunklen Wolke, die über den Menschen hängt: sie verkündigen, dass der Blitz kommt, und gehn als Verkündiger zugrunde.

Seht, ich bin ein Verkündiger des Blitzes und ein schwerer Tropfen aus der Wolke: dieser Blitz aber heißt Übermensch.

Friedrich Nietzsche - Also sprach Zarathustra



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