Die Sicht des Chemikers
Geschrieben von franke43 am 09. Januar 2002 14:31:22:
Als Antwort auf: Benzin aus Sand !!! geschrieben von Tashi Lhunpo am 09. Januar 2002 12:35:48:
>Hallo
>vielleicht lassen sich die prophezeiten Kriege, die ja alle Kriege ums Öl sind, doch verhindern, wenn die Ideen von Plichta verwirklicht werden. Plichta will nämlich die Energieprobleme durch "Energie aus Sand" lösen. Gestern kam darüber ein Bericht in WDR-Magazin Dschungel, wer’s verpaßt hat, es wird wiederholt.
>Gruß Tashi
>Homepage Plichta:
>www.plichta.deHallo
Das mit "Energie aus Sand" stimmt in etwa so, als ob wir sagen würden:
"Energie aus Kohlendioxid"
oder auch:
"Energie aus Asche"
Verbrennt man fossile Brennstoffe, also Kohlenstoff in irgendeiner Form
(Benzin, Rohöl, Diesel, Teerstoffe, Stein/Braunkohle etc.), dann ist das
Hauptverbrennungsprodukt das "Treibhausgas" Kohlendioxid (CO2). Nebenprodukte
sind Wasserdampf (vom Wasserstoffanteil) und mineralische Aschen. Die
Hauptasche bei der Verfeuerung von fossilen Energieträgern ist also das
gasförmige Kohlendioxid, das in die Luft verschwindet (ca. 350 ppm).Verbrennt man die Siliziumwasserstoffe (Silane), dann erhält man als
Verbrennungsprodukte Kieselsäure (SiO2) und wiederum Wasser aus der
Verbrennung des Wasserstoffanteils.Hier ist also das Hauptprodukt die Kieselsäure (SiO2), die direkt dem
Kohlendioxid entspricht und der Hauptbestandteil in vielen natürlichen
Sandsorten ist.Der Vergleich zwischen Sand und beispielsweise Steinkohle oder Erdöl
hinkt. Denn die fossilen Energieträger Steinkohle und Erdöl liegen in
der energiereichen, direkt brennbaren Form vor. Da hat die Natur also
für uns über Jahrmillionen Energie aus der Photosynthese aufgespeichert.Im Sand hingegen haben wir nur die blosse energiearme "Asche". Die
Energie, die aus dem Sand eienn Treibstoff macht, muss erst aus anderen
Energiequellen (z.B. Sonnenlicht) gewonnen und durch chemische Umwandlung
von Sand+Wasserstoff in die Speicherform der Siliziumwasserstoffe
übergeführt werden.Der Sand ist also keine Energiequelle, sondern nur die Quelle für
eine mögliche Speicherform der Energie.Genau wie Wasserstoff sind auch die Silane keine neue Energiequelle
der Zukunft, sondern nur alternative Lagerformen, während Steinkohle
und Erdöl ab dem Augenblick der Förderung bereits beides sind:
Energieträger UND Lagerform.Das im Sand gespeicherte Silizium ist also auf zweierlei Weise
brauchbar für die Energiehantierung der Zukunft:Zum einen als Konstruktionsmaterial für die direkte Verstromung von
Sonnenlicht. Die Energiequelle ist dabei die Sonne, nicht der Sand
und auch nicht das aus dem Sand gewonnene Silizium.Zum anderen als die Speicherform Silan, die aber durch chemische Synthese
erst aus dem Rohsilizium hergestellt werden muss.Ein Teil des Silizium dient dabei dazu, um die Sonnenstrahlung in
Strom umzuwandeln, der andere Teil dient dazu, diesen Strom durch
Herstellung von Silanen als chemische Bindungsenergie lager- und
transportfähig zu machen.Dabei ist noch anzufügen, dass die Umwandlung von Kieselsäure
(aus Sand oder Silikaten) in reines Silizium als Primärschritt
schon sehr aufwendig ist.Noch einmal aufwendig ist dann die weitere Veredlung des elementaren
Silizium zu hantierbaren (nicht direkt entzündlichen) höheren Silanen.Endlich wird die Verbrennung der Silane zu Wasser und Kieselsäure
(wurde in der Sendung erwähnt) neue Probleme aufwerfen, da das
Hauptverbrennungsprodukt nicht gasförmig ist (wie bei Kohle und Benzin),
sondern fest und hart und deshalb auf bewegliche Motorteile (Kolben)
wirkt wie ein Schleifmittel. Denn die feinverteilte Kieselsäure, die
sich bildet, IST in der Tat ein Schleifmittel und wird auch als solches
benutzt. Die Tatsache, dass Silane teilweise auch mit Stickstoff zu
Siliziumnitrid verbrennen kann, ist zwar ein Vorteil bei der Nutzung
der Verbrennungsluft (fast 100% nutzbar), aber nicht was die Endprodukte
angeht. Ausserdem dürfte beid er Verbrennung mit Stickstoff weniger
Energie (Verbrennungsenthalpie) frei werden als bei der Verbrennung
mit Sauerstoff. Genaueres müsste ich aber erst in thermochemischen
Tabellen nachsehen. Zudem ist auch Siliziumnitrid Si3N4 ein Feststoff
genau wie SiO2 und hat daher ähnliche mechanische Nachteile gegenüber
dem gasförmigen CO2 aus der Kohle- und Ölfeuerung.Es hat also massive Gründe, weshalb die relativ bequeme Energiewirtschaft
auf Basis von Kohlenstoffverbindungen noch nicht durch eine neue
Energiewirtschaft auf Basis von Siliziumverbindungen ersetzt worden
ist.Ausserdem:
Wer die Verbrennungsgase aus einem Benzinmotor einatmet, riskiert
eine Vergiftung mit Kohlenmonoxid (Nebenprodukt).
Wer die Verbrennungsprodukte eines (hypothetischen) Silanmotors
einatmet (also SiO2-Aerosole), der riskiert stattdessen eine
Staublunge.Soviel mal zu den Ausführungen von Jean (Schäng) Pütz, den ich
sonst sehr gern mag.Franke 43
- Re: Die Sicht des Chemikers EN.KI 09.1.2002 16:53 (0)
- Wasserstoff contra "Sand" Tashi Lhunpo 09.1.2002 15:54 (1)
- Re: Wasserstoff contra Freddie 09.1.2002 18:34 (0)
- Re: Die Sicht des Chemikers Freddie 09.1.2002 14:59 (7)
- Re: Die Sicht des Chemikers franke43 09.1.2002 15:39 (5)
- Re: Die Sicht des Chemikers Freddie 09.1.2002 18:44 (4)
- Re: Die Sicht des Chemikers Johannes 09.1.2002 22:30 (3)
- Ach so Freddie 10.1.2002 10:09 (2)
- Wo ist das Problem ? franke43 10.1.2002 10:19 (1)
- Das Problem ist ... Freddie 10.1.2002 10:52 (0)
- Re: Die Sicht des Chemikers Tashi Lhunpo 09.1.2002 15:08 (0)