Globopolis

Geschrieben von Micha aus dem Süden am 29. Oktober 2006 17:17:00:

Als Antwort auf: Re: Leider haben sie ziemlich recht - fast... Reflexion am Sonntagmorgen geschrieben von BBouvier am 29. Oktober 2006 13:55:49:

LieberBB,

danke für deine anregung, die mich weiter nachdenken lässt:
"Die" Globopolis wird aus lauter Regionen, Communities, religiösen Gemeinschaften bestehen, die in sich vernetzt sind, und nach außen mit anderen vernetzt. Der Schwarzwald wird landschaftlich, wirtschaftlich, kulturell, religiös anders sein, als New Delhi. Aber auch im Schwarzwald wird es hier mal ein buddhistisches zentrum und dort mal eine Moschee geben - Minderheiten im christlichen Umland, so wie Christen in new Delhi Minderheit im hinduistisch-muslimischen Umland sind. Und nirgendwo wird es noch große Probleme damit geben.

Frieden im Großen und im Kleinen wird es geben, weil Menschen sich gegenseitig als Menschen respektieren - religiöse Menschen gegenseitig als religiöse Menschen, und Vielfalt als Reichtum wertschätzen - wenn denn diese Vielfalt einem verbindlichen zivilisatorischen Rahmen gerecht wird (z.B.Menschenrechten).

Was für immer vorbei ist, sind die Zeiten "ethnisch" oder "kulturelle" "reiner" Gebiete. Zu meiner Kindheit vor 35-40 Jahren unterschieden die Schwarzwald- und Breisgaudörfer sich noch scharf in katholische und evangelische. Unter "Mischehe" verstand man die Ungeheuerlichkeit, dass eine Katholische einen Evangelischen heiratete (oder umgekehrt), machte sich Sorgen, wie denn die Kinder aufwachsen würden. Die gingen sogar auf getrennte Klos. Heute weiß in meiner Generation, geschweige denn bei den Jüngeren, überhaupt noch wer genau zu sagen, welche Dorfbewohner katholisch oder evangelisch seien.

Der Schwarzwald wird nicht muslimisch oder buddhistisch werden. Aber die Welt ist bunt geworden - und ist gerade dabei, damit klarzukommen. Wie geht man gut mit Buntheit um? Sicher nicht, indem man allen eine einzige Farbe (nämlich die eigene) aufzwingen will. Sondern merkt, was die Gemeinsamkeit aller Farben ist (nämlich "farbig" zu sein), und dann sicherstellt, dass "farbig" sein unterstützt wird, und "Farbe zerstören" unterbunden wird.

Sprich- echte Muslime, Christen, Juden, Buddhisten, Hindus streben alle danach, gute Menschen zu werden. Wer aber Menschen verletzt, tötet, unterdrückt, ausbeutet... hindert sie daran, gute Menschen zu werden. Und wird deshalb, egal wo auf der Welt, genau daran gehindert, andere zu verletzen, töten, auszubeuten, zu unterdrücken... . Und sonst freut man sich daran, dass es neben 500 guten Christen im Schwarzwald-Dorf auch 20 Moslems und 5 Buddhisten gibt, die auf ihre Weise daran arbeiten, gute Menschen zu sein. Meine Erfahrung: wer die eigene Religion aufrichtig praktiziert, hat tiefen Respekt vor jedem anderen, der seine Religion aufrichtig praktiziert. Und wenn andere Moslems oder Buddhisten aus New Delhi ins Schwarzwald-Dorf kommen, freuen sie sich daran, wie "Schwarzwald-Buddhismus" oder "Schwarzwald-Islam" aussieht, denn auch das ist meine Erfahrung: Menschen, die sich gegenseitig respektieren und wertschätzen, lernen viel voneinander.

Und wenn die Schwarzwaldchristen mal unterwegs in New Delhi sind, fühlen sie sich nicht fremd - denn sie kennen ja Moslems und Buddhisten, und sind gern zu gast bei den Christen in New Delhi (und lernen dazu, denn Christentum in New Delhi hat andere Nuancen, als im Schwarzwald).

Das wäre Globopolis. Eine Menschheit fühlt sich zuhause auf ihrem Planeten.

LG,

Micha



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