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Zu Antonius von Aachen (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Freitag, 28.10.2011, 19:52 vor 4570 Tagen (1779 Aufrufe)

Hallo!

Zur Quelle:
https://schauungen.de/forum/index.php?id=9959

"Antonius, geb. 1820 in der Diozöse Köln/
Bauernbub/der Älteste von 3 Buben und 3 Schwestern/
mit 8 Jahren von Tante mütterlicherseits adoptiert/
seinem Bruder in Lüttich schreibt er im Oktober 1858,
er habe im Alter von 11 Jahren (1831 also) eine Vison seines
künftigen Labens bis hin zu seinem Tode gehabt.
In der Vision enthalten schreckliche Katastrophen,
die ihm von Jemand aus der anderen Welt enthüllt wurden.
Und zwar das ganze mehrmals, jedoch mit immer weniger Einzelheiten.
Das alles war ihm unvergesslich, was jedoch die Daten betrifft,
so sei er sich deren nicht recht sicher."

Daß der uns vorliegende Antoniustext von 1858 und die Schau von noch früher stammt, kann eigentlich nicht sein, denn immerhin steht darin:

"Der Krieg wird einmal im Elsaß von neuem ausbrechen. Ich sah die Franzosen im Besitz des Elsaß; sie hatten Straßburg im Rücken."

Diese Aussage hatte vor 1871 gar keinen Sinn, weil das Elsaß bis dahin zu Frankreich gehörte.
Warum hätte Antonius 1858 eine banale Gegenwartstatsache erwähnen sollen?

Das zweite ist:
"Als Folge all dieser Umbrüche gab es so etwas wie ein Zusammentreffen des neuen Kaisers und des Heiligen Vaters. Papst Pius IX. wird nach diesem letzten Kriege nicht mehr lange leben; jedoch wird er alle diese Ereignisse überstehen."

1858 war Pius IX. 66 Jahre alt, also noch nicht sehr alt und kaum vom Tode bedroht.
1871 war Pius fast 80 und es war zweifelsohne wahrscheinlich, daß er nicht mehr lange leben würde.
(Zudem ist klar, daß der Seher keine Schau mit Pius IX. gehabt haben kann.)

Daraus folgt, daß der Text wahrscheinlich auch erst 1871 entstanden ist.

Auch das Vorhandensein von "Preußen" am Südrhein statt Russen erklärt sich durch den jüngst vergangenen deutsch-französischen Krieg im Elsaß. Tatsächlich werden da nie Preußen sein, allerhöchstens Tschechen (Hypothese!), wie im Kriegsplan von 1964 vorgesehen.

Es ist auch nicht anzunehmen, daß ein 11-jähriger Bauernsohn derart detailierte Schauungen über Kriegsgeschehen hat, Orte erwähnend, von denen ein illiterater Bauer nie gehört hat (Tatsächlich soll der Detailreichtum im Laufe der Zeit abgenommen haben.) und erst 27 Jahre später seinem Bruder davon erzählt.

Nichtsdestoweniger beschreibt der Text prinzipiell ein Kriegsgeschehen das sehr viel Sinn hat und sich mit späteren Schauungen über den russischen Feldzug ergänzt. Ein wahrer Kern, bzw. ein wahres Grundgerüst (aufgepeppt mit Volkssagen und Umständen der Gegenwart des Schreibers) ist daher wahrscheinlich.

Zweifel über die Quelle sind jedoch dringend angebracht.

Gruß
Taurec

--
„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“

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1870/71 "Elsass"

BBouvier @, Samstag, 29.10.2011, 12:50 vor 4569 Tagen @ Taurec (1891 Aufrufe)
bearbeitet von BBouvier, Samstag, 29.10.2011, 13:00

<"Der Krieg wird einmal im Elsaß von neuem ausbrechen.">


Es ist gar nicht so leicht, eine Schau zu fälschen.
Wobei ich jedoch nicht davon ausgehe, "Antonius"
sei durchgehend eine Fälschung, jedoch weisen einige
Indikatoren darauf hin, ein redigierender Autor habe da
"letzte Hand" angelegt.
Auf dessen Idee, die Russen vertrieben unmittelbar
nach dem Kriege - in einem weiteren - die Türken aus Europa,
sie nähmen dann Istambul in Besitz und besiegten
das Osmanische Reich, hatte ich oben bereits hingewiesen.

Zu obigem:
Der Autor dessen setzt beim Leser genaueste Kenntnis
des deutsch-frz. Krieges von 1870/71 voraus.

Frankreich erklärt aus nichtigem Anlass
dem Norddeutschen Bund im Juli 1871 den Krieg.
=>
"Drei Armeen marschierten schließlich,
geführt von Karl Friedrich von Steinmetz,
Prinz Friedrich Karl von Preußen
und Kronprinz Friedrich Wilhelm,
nach Frankreich (in das Elsass!)ein.

Frankreich verlor in kurzer Folge die Schlachten
von Weißenburg, Wörth und Spichern.
(= dort wurde mein Urgrossvater so schwer verwundet,
dass er einige Zeit später an den Folgen starb
)
Nach seiner Niederlage bei Wörth
räumte das französische Feldheer das Elsass

und überließ das Rheintal der deutschen 3. Armee,
die nach Süden vorrückte, das Elsass besetzte
und schließlich die Festung Belfort belagerte.
Einzig die Zitadelle von Bitsch konnte von den Deutschen
nicht eingenommen werden
und ergab sich erst am 25. März 1871."

Dort, im Elsass, "brach der Krieg aus",
und auch die Nationalität des Gegners
repetiert der Autor des Textes.
Weswegen wir bei der Analyse
des "Antonius" völlig unverständlich von "Preussen"
anstelle von Russen am Oberrhein und im Elsass lesen.

Gruss,
BB

--
- es ist gemein, Blinden Stummfilme zu zeigen
- eine schöne Theorie sollte man sich mit Forschung nicht kaputt machen
- Irlmaier: "Ein Mann erzählt das, was er irgendwo mal gelesen hat."

antonius und aloisius, vermutungen

Gerhard, Samstag, 29.10.2011, 15:08 vor 4569 Tagen @ Taurec (1527 Aufrufe)

Hallo Taurec und BB!

Ich wollte mit meinen letzten beiden Beiträgen anregen, dass wir uns Irlmaier nicht isoliert und als den großen Seher vorstellen sollten, der einsam steht und alle anderen überragt. Auch große Bäume wurzeln im selben Boden wie der übrige Wald. Irlmaier hatte sehr viele Kontakte, darunter (worauf Elfe ganz richtig hingewiesen hat) auch solche zum Establishment, das ihm ganz andere Fragen gestellt hat, als die Leute vom Land (ich verweise besonders auch auf den Besuch des Konstantin von Bayern bei ihm 1948). Außerdem, und das ist für uns am wichtigsten, geriet er offenbar in die damals wieder neu aufgewühlte Prophezeiungsszene hinein - das heißt, es wurden ihm gewisse Informationen zugetragen und er wurde nach bestimmten Dingen gefragt. So wie ich ihn einschätzen möchte, hat er wahrscheinlich gar keine Lust gehabt, weltgeschichtliche Prophezeiungen zu äußern, höchstens in sehr privatem Rahmen, aber er hat dem Sog dann doch eine Zeit lang nachgegeben.

Für mich ist die große Frage, wie sich die geschichtlichen Schauungen beim ihm ausgelöst haben. Da er sehr vermutlich niemand begegnete, der das dritte Weltgeschehen real noch erleben wird (na ja, vielleicht ein Kind, das 1958 in einem Kinderwagen in Rosenheim lag ...), können die weit in die Zukunft reichenden Schauungen nicht aus der Resonanz mit einer direkt vor ihm stehenden Person stammen. Von was wurden die "großen Visionen" (Heersäulen, Untergang von London und Prag etc.) dann angestoßen? Ich persönliche vermute, dass er früh schon einzelne spontane Gesichte hatte, die er zunächst wohl nicht richtig einordnen konnte. Nach der intensiveren Bekanntschaft mit überlieferten Prophezeiungen mag er dann diese Gesichte strukturiert und vielleicht auch häufiger und deutlicher empfangen haben. Ich möchte sogar annehmen, dass er manchmal über bestimmte Dinge nachgedacht hat, und darf hierzu ein Beispiel konstruieren. Sicherlich hat er das Lindenlied gekannt und sich wahrscheinlich die Frage nach "der Erde Riss" gestellt. Diese Voraussage geht auf die Jahenny zurück (von biblischen Bildern abgesehen - falls jemand andere "Vor"bilder kennt, würde ich um Mitteilung bitten). Irlmaier mag sich, wie auch wir, Gedanken darüber gemacht haben, was dieser Riss wohl wäre. Für mich ist nun interessant und auch sehr wichtig, dass er keinen Impakt gesehen hat und auch keinen Vulkanausbruch, auch keinen Böhmerwald und keine Tschechei "die durch die Luft fliegen" - obwohl er das seiner Begabung nach doch hätte "schauen" können. Also gibt es das alles gar nicht!!?? Den einzigen Riss, den Irlmaier uns dann liefert, ist ein Ereignis, das einige Monate vor dem Krieg stattfinden soll (und sehr auffällig ist!), und das eher wieder in Resonanz zu seiner beruflichen Tätigkeit steht, nämlich die Dinge unter der Erde zu finden ...

http://www.alois-irlmaier.de/Sonderpost.htm

In der systematischen Arbeit mit Schauungen sind zwei Ansätze gleichzeitig zu verfolgen. Zum einen sucht man nach Ähnlichkeiten in den Schauungen, muss dabei aber rigoros herausschneiden, was von Übertragungen stammt, und letztere gibt es nicht nur mündlich und literarisch sondern auch (schlagwortartig ausgedrückt) auf "telepathischem Wege", über die Zeiten hinweg. In der Summe ergeben die Ähnlichkeiten in den Schauungen ein farbloses und abstraktes Bild, etwa von "Fluten an den Küsten" oder von "Russen in Deutschland" oder von einer "Dunkelheit". Das ist schon mal wertvoll. Der andere Ansatz sucht in den Schauungen das ganz Spezielle und Individuelle, und je eigenartiger (in einem gewissen Rahmen) das ist, umso interessanter sind solche Schauungen - wie etwa der "Funkenregen" oder der "Gelbe Staub". Mit der Individualität wächst meist (aber nicht immer) auch die Authenzität. Deswegen wehre ich mich heftig, wenn jemand interessante Schauungsbilder, die wir im Augenblick noch nicht voll verstehen, mit irgendwelchen Erklärungen glattbügeln und in eigene VORSTELLUNGEN einordnen will. Die wertvollsten Schauungen sind schließlich diejenigen, die im Besonderen auch das Allgemeine erkennen lassen.

Deshalb noch ein paar Worte zu Antonius von Aachen (=AvA, der eigentlich aus Köln stammt). Was "er" erzählt (wohl etwas modifiziert durch seinen Bruder, 1858, und Abbe Curicque, 1870), ist ein Kriegsgeschehen am Rhein, vor allem im Raum Köln, dessen Schilderung vom breiten Sagenstrom, den es hierzu ebenfalls gibt **), deutlich abweicht. AvA teilt im Gegensatz zu letzterem kostbare individuelle Einzelheiten mit, etwa räumliche Bewegungen oder die (für 1850ff) eigenartige Parteiung "Franzosen gegen Russen" oder auch das Alter des Kaisers oder auch die "Krankheit" nach diesem Krieg. Deswegen ist AvA ein wertvoller Zeuge (ohne dass nun alles stimmen muss, was von ihm überliefert wurde). Jedenfalls lässt er allgemein Bekanntes ("Russen in Westdeutschland", Dank von mir an Alex für die Karten!) in Verbindung mit sehr Spezifischem erkennen (z.B. auch die Schlacht bei Siegburg - die vielleicht aber auch symbolisch zu verstehen wäre). Und sowas ist immer wertvoll, selbst wenn wir gewisse Zweifel zu AvA haben.

Antonius von Aachen ist ferner eine gute Gelegenheit, einmal darauf hinzuweisen, dass der "Große Monarch" ein Motiv ist, das aus Frankreich stammt. Es gibt zwar auch bei uns einzelne vergleichbare, aber doch sehr dünne Überlieferungsstränge (etwa der im Berg versteckte Kaiser, der einst wiederkommen wird ***). Aber die eigentliche Quelle für den "Großen Monarchen" ist die katholische französische Tradition, zu der wir auch Nostradamus zählen dürfen. Deswegen wurde wahrscheinlich die Erinnerung an die Schauung des AvA (die ja eine Begegnung von Papst und Monarch enthält) gerade in Frankreich bewahrt, bei uns dagegen war AvA völlig vergessen.

Ich möchte behaupten, dass der Wunsch nach einem "Großen Monarchen" dem deutschen Wesen, so wie ich es aus der Beschäftigung mit der deutschen Geschichte zu kennen vermeine, in der Summe fremd ist. Das wird schon in den Anfängen deutlich: vor ziemlich genau 2000 Jahren standen die Germanen unter Arminius in einem verzweifelten Existenzkampf gegen die Römer. Nach dem Jahre 9 waren alle Schlachten für die Germanen unentschieden oder verloren - und dennoch zogen die Römer am Ende frustriert und zermürbt ab. Ohne Arminius hätten die Stämme dies nicht leisten können. Als aber Arminius Bestrebungen zeigte, König von Germanien zu werden, haben engste Verwandte und Freunde (!) ihn erdolcht.

Der Sieg über die Russen wird, wie damals gegen die Römer, nicht gewonnen sondern erlitten. Weil er nicht mehr allein aus unserer eigenen Kraft resultiert, werden wir den Monarchen akzeptieren müssen. Doch die Idee des Monarchen ist nicht die unsere.

Gerhard

**) vegl. hierzu Hänssler, Spielbähn, den Anhang ab Seite 148
***) siehe Lauchert, Kaiserprophetie

Noch jemand derselben Meinung?

attempto, Samstag, 29.10.2011, 16:22 vor 4569 Tagen @ Gerhard (1468 Aufrufe)

Doch die Idee des Monarchen ist nicht die unsere.

Stimmt!
Während der gesamten Geschichte war Deutschland Stammesland.
Das 'Heilige römische Reich' wurde von einem gewählten Kaiser regiert, der keinerlei kaiserliche Macht hatte, und auf Unterstützung der anderen Fürsten angewiesen war.
Während des 2. Reiches (1871-1918) hatten wir noch nicht mal einen eigenen Kaiser, sondern der preußische König übernahm in Personalunion die Funktion des Kaisers.

Deutschland wurde 1871 gegründet, um vor Allem Frankreich auf militärischem Gebiet überlegen zu sein, um Maße und Zahlungsmittel zu vereinheitlichen, und damit die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. Eine Liebesheirat war es sicherlich nicht.

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Irlmaier, Kaisertum

Taurec ⌂, München, Samstag, 29.10.2011, 18:17 vor 4569 Tagen @ Gerhard (1734 Aufrufe)
bearbeitet von Taurec, Samstag, 29.10.2011, 18:42

Hallo!

Sicherlich hat er das Lindenlied gekannt und sich wahrscheinlich die Frage nach "der Erde Riss" gestellt. Diese Voraussage geht auf die Jahenny zurück (von biblischen Bildern abgesehen - falls jemand andere "Vor"bilder kennt, würde ich um Mitteilung bitten). Irlmaier mag sich, wie auch wir, Gedanken darüber gemacht haben, was dieser Riss wohl wäre. Für mich ist nun interessant und auch sehr wichtig, dass er keinen Impakt gesehen hat und auch keinen Vulkanausbruch, auch keinen Böhmerwald und keine Tschechei "die durch die Luft fliegen" - obwohl er das seiner Begabung nach doch hätte "schauen" können. Also gibt es das alles gar nicht!!?? Den einzigen Riss, den Irlmaier uns dann liefert, ist ein Ereignis, das einige Monate vor dem Krieg stattfinden soll (und sehr auffällig ist!), und das eher wieder in Resonanz zu seiner beruflichen Tätigkeit steht, nämlich die Dinge unter der Erde zu finden ...

Hä?
Zu konstruieren, daß es etwas nicht gibt, weil Irlmaier es nicht gesehen hat, ist ein schräges Ding.
Er hat ja auch nicht gesehen, wie die Russen am Rhein im einzelnen geschlagen werden. Heißt das, es gibt es nicht und sie lösen sich dort spontan in Luft auf?

Wir haben des Waldviertlers Schau von der Feuersäule (entweder Riß oder Impakt), die nördlich von ihm bis in die Stratosphäre schießt. Der Riß wurde 1996 auch von einer Frau aus Dresden genannt: "...und die Erde würde in der Gegend von Prag (!) 70 – 100 km lang aufplatzen und die entsprechend starken Eruptionen würden die Sonne verfinstern und giftige (Schwefel etc.) Gase enthalten."
Zu Impakten eine auffällige Stelle bei der Sibylle von Prag (Stichworte: Vyšehrad, Feuerball) und den Traum einer Bekannten Guerreros.

Beides zu finden hier: https://schauungen.de/forum/index.php?id=11437

Daraus läßt sich schließen, daß Irlmaier eben nicht alles gesehen hat und nicht allmächtig war.

Deshalb noch ein paar Worte zu Antonius von Aachen (=AvA, der eigentlich aus Köln stammt). Was "er" erzählt (wohl etwas modifiziert durch seinen Bruder, 1858, und Abbe Curicque, 1870), ist ein Kriegsgeschehen am Rhein, vor allem im Raum Köln, dessen Schilderung vom breiten Sagenstrom, den es hierzu ebenfalls gibt **), deutlich abweicht. AvA teilt im Gegensatz zu letzterem kostbare individuelle Einzelheiten mit, etwa räumliche Bewegungen oder die (für 1850ff) eigenartige Parteiung "Franzosen gegen Russen" oder auch das Alter des Kaisers oder auch die "Krankheit" nach diesem Krieg. Deswegen ist AvA ein wertvoller Zeuge (ohne dass nun alles stimmen muss, was von ihm überliefert wurde). Jedenfalls lässt er allgemein Bekanntes ("Russen in Westdeutschland", Dank von mir an Alex für die Karten!) in Verbindung mit sehr Spezifischem erkennen (z.B. auch die Schlacht bei Siegburg - die vielleicht aber auch symbolisch zu verstehen wäre). Und sowas ist immer wertvoll, selbst wenn wir gewisse Zweifel zu AvA haben.

Richtig.

Antonius von Aachen ist ferner eine gute Gelegenheit, einmal darauf hinzuweisen, dass der "Große Monarch" ein Motiv ist, das aus Frankreich stammt. Es gibt zwar auch bei uns einzelne vergleichbare, aber doch sehr dünne Überlieferungsstränge (etwa der im Berg versteckte Kaiser, der einst wiederkommen wird ***). Aber die eigentliche Quelle für den "Großen Monarchen" ist die katholische französische Tradition, zu der wir auch Nostradamus zählen dürfen. Deswegen wurde wahrscheinlich die Erinnerung an die Schauung des AvA (die ja eine Begegnung von Papst und Monarch enthält) gerade in Frankreich bewahrt, bei uns dagegen war AvA völlig vergessen.

Warum vergessen?
Curicques Buch erschien 1872 auf Deutsch und mit der Veröffentlichung von Ellerhorst 1951 ist er auch den Prophezeiungskennern der Nachkriegszeit bekannt.

Ich möchte behaupten, dass der Wunsch nach einem "Großen Monarchen" dem deutschen Wesen, so wie ich es aus der Beschäftigung mit der deutschen Geschichte zu kennen vermeine, in der Summe fremd ist. Das wird schon in den Anfängen deutlich: vor ziemlich genau 2000 Jahren standen die Germanen unter Arminius in einem verzweifelten Existenzkampf gegen die Römer. Nach dem Jahre 9 waren alle Schlachten für die Germanen unentschieden oder verloren - und dennoch zogen die Römer am Ende frustriert und zermürbt ab. Ohne Arminius hätten die Stämme dies nicht leisten können. Als aber Arminius Bestrebungen zeigte, König von Germanien zu werden, haben engste Verwandte und Freunde (!) ihn erdolcht.

Hübscher beschreibt in seinem Buche, wie der Mythos vom kommenden "Erretterkaiser" aus der antiken in die byzantinische und abendländische Tradition überging, zunächst auf die Frankenkönige und dann auf die Kaiser des heiligen römischen Reiches deutscher Nation. Fortan lagen die deutsche und französische Überlieferung in einem gewissen Wettkampf zueinander um den Anspruch auf den künftigen "großen Monarchen" als Deutschen oder Franzosen. Mit dem Ringen zwischen Kirche und Kaiser und den Verfall des römisch-deutschen Kaisertums scheint dieser Wettkampf zugunsten Frankreichs, das mehr als 1000 Jahre eine stabile (und einige) Monarchie hatte, entschieden worden zu sein. Tatsächlich war die Idee des großen Monarchen bis zu einem gewissen Zeitpunkt hierzulande durchaus lebendig. Hübscher nennt als Fixpunkt, wenn ich mich nicht irre, das Ende des 14. Jahrhunderts. Danach war der "Monarch" in Deutschland wohl eher nachrangig.

Der "große Monarch" ist ein Mythos, der durch die Jahrhunderte tradiert und zu einer Art fixen Idee wurde, die in einer ordentlichen Endzeitprophezeiung quasi Pflichtprogramm war. Es ist daher fraglich, ob den alten Aussagen generell überhaupt eine Seherschau vorausging.
Auf der anderen Seite tritt im Endzustand jedes Kulturkreises, legt man den spenglerschen Zyklus zugrunde, einer auf, unter dem die Überbleibsel der zerfallenen Kultur geeint werden. Einen "Augustus" gab es in irgendeiner Form wohl immer. Patriarchalische Herrschaft Einzelner ist die Norm, sei es als Diktator über eine formlose, dekadente Fellachenmasse oder als Spitze der Pyramide kulturfähigen Menschentums in Form einer Ständegesellschaft oder als Stammesfürst in der Vorkultur. Der Mensch drängt dahin, in seiner Staatenbildung die Struktur der Schöpfung mit Gott an der Spitze, der durch den Monarchen repräsentiert wird, nachzuvollziehen. Die Wahnvorstellung der Volksherrschaft ist nur eine zeitlich begrenzte Umkehrung dieses Prinzips, bei der sich der Mensch in Hybris an die Stelle Gottes setzen will. Daher ist stark anzunehmen, daß es in Zukunft durch ein "Kaisertum" zu einer Rückkehr zum Ursprung kommen wird, auch wenn die seherische Grundlage des Kaisers tatsächlich eher dünn sein sollte. Dann bestätigt sich der Mythos in der Geschichte aufgrund höheren Gesetzes.

Gruß
Taurec

--
„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“

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