Re: Das eigentliche Problem ist die Staatsverschuldung
Geschrieben von Alceste am 02. Februar 2005 20:45:44:
Als Antwort auf: Re: Zwang zum Wirtschaftswachsum? (auch @NoPasaran) geschrieben von Taurec am 02. Februar 2005 19:57:24:
Hallo Taurec,
bei der Diskussion der Schuldenproblematik wird meiner Ansicht nach etwas Wesentliches außer Acht gelassen: die Rolle des Staates, was meinem bescheidenen wirtschaftlichen Verständnis nach Paul C. Martin, alias dottore, und der ehemalige Bankier Johann Philipp von Bethmann sehr viel besser erkannt haben als Günther Hannich.
Im privaten Sektor spielen Schulden, Zins und Zinseszinsen lediglich für den eine Rolle, der sich finanziell übernommen hat und seine Zahlungsverpflichtungen nicht mehr leistet. In diesem Fall wird in die hinterlegten Sicherheiten vollstreckt oder es kommt zum Vergleich. Das ist der klassische Fall bei Immobiliendarlehen, wenn es zur Zwangsversteigerung kommt oder bei Unternehmespleiten mit anschließendem Konkurs.
Damit sind die bestehenden Schulden getilgt. Wenn nicht auf Kosten des Schuldners, dann zu Lasten der Gläubiger (Forderungsverzicht).
Ganz anders verhält es sich bei der Staatsverschuldung. Im Gegensatz zu privaten Schuldnern, denen irgendwann der Geldhahn zugedreht wird, kann der Staat (fast) unbegrenzt aufschulden, indem er bestehende Verbindlichkeiten durch weitere Kreditaufnahme zu bedient.
Das erst löst den von Dir in der Graphik gezeigten exponentiellen Zins- und Zinseszinseffekt aus!
Da aber auch die dramatisch wachsenden Staatsschulden bedient werden müssen, und zwar aus dem Staatshaushalt, geht immer mehr Geld für den Schuldendienst drauf und steht folglich nicht für andere Aufgaben (Infrastruktur, Bildung, Soziales, Verteidigung etc.) zur Verfügung.
Zusätzlich treiben Gesamtverschuldung und evtl. herabgestufte Bonitäten die Kapitalmarktzinsen in die Höhe.
Jetzt noch eine Rezession, dann können die bestehenden Kreditverpflichtungen - sowohl die staatlichen als die privaten - immer schwerer zurückgeführt werden: es kommt zu Schuldenkrise, Pleitewelle und deflationärer Depression - im schlimmsten Fall sogar zum Staatsbankrott.
Alleine die Tatsache des Zinses zur Erklärung der Überschuldungsproblematik heranzuziehen, greift m.E. zu kurz.
Und im Falle Deutschlands erweist es sich als besonders verhängnisvoll, daß es keine Bundesregierung schafft, die Zahlungs- und also Verschuldungsverpflichtungen abzuweisen, womit das Land gezwungen ist, sich langsam, aber sicher das eigene Grab zu schaufeln.
Zum besseren Verständnis der Schuldenproblematik würde ich als Quellen empfehlen: Neben den Büchern und Internet-Beiträgen dottores noch das nur 78-Seiten-dünne Büchlein "Die Deflationsspirale" von Johann Philipp von Bethmann, Rotbuch Verlag, 1999.
Alceste
- Re: Das eigentliche Problem ist die Staatsverschuldung Apollo 02.2.2005 21:28 (3)
- Re: Hellseher und Sensitive, bitte unbedingt lesen! Alceste 02.2.2005 21:57 (2)
- Re: Hellseher und Sensitive, bitte unbedingt lesen! Apollo 02.2.2005 22:41 (1)
- Re: Hellseher und Sensitive, bitte unbedingt lesen! detlef 02.2.2005 23:26 (0)