Würzburg ist nicht allein ...

Geschrieben von King Henry am 17. Dezember 2005 20:56:44:

Als Antwort auf: Tageskommentar 17. Dezember 2005 geschrieben von Tarman am 17. Dezember 2005 00:42:40:

Hallo Tarman,

da seid ihr nicht allein. Auch in Hameln wird nächstes Jahr ein überdimensioniertes Einkaufszentrum (ECE) gebaut. Trotz Widerstand der Mehrheit der Bevölkerung und mehrerer Gerichtsprozesse. Nachdem jetzt ein Gericht wieder einmal eine Klage abgewiesen hat, wird nächstes Jahr gebaut.

Hameln ist zwar eine kleine Touristenattraktion (Rattenfänger von Hameln), dennoch fürchten viele Einwohner die Verwaisung der Innenstadt. In den letzten Jahren haben zahlreiche kleine und alteingessesene Geschäfte aufgegeben. Stattdessen haben wir Filialen und zahlreiche Bankfilialen (von denen haben Touristen gar nichts!).

Dafür haben wir nun den schönsten Bahnhof weit und breit - ein Prachtstück!
Und natürlich sehr teuer. Aber wem scherts? Der Oberbürgermseister/Direktor haut 2007 ab (kanditiert nicht mehr) - die Stadt kann dann nicht mehr investieren und ist heute schon völlig überschuldet, der Landkreis gleich mit und die Kommunen drumherum ebenso. Man lebt von der Hand in den Mund und dennoch auf großem Fuß.

Das ECE sieht aus wie ein "Bunker mit Schießscharten" (bekannter Leserbriefschreiber, unsere Lokalzeitung druckt jeden Leserbrief ab!) und soll Kaufkraft aus der Umgebung abziehen und eine Reichweite bis fast Hannover haben - obwohl die dort das gleiche machen: Neue ECEs bauen!

Die nur noch komplett verrrückt geworden. Aber die Absicht der ECE-Macher ist es, die Konkurrenz der kleinen Geschäftsleuten endgültig zu beseitigen, um danach den Markt zu beherrschen und die Preise zu diktieren.

Darum geht es auch in Würzburg. Mein Beileid ist Dir sicher!

Hoch erhobenen Kopfes in die Pleite! ;-)

Beste Grüße

Henry

Ergänzung:

• Kompromisslos hält ECE an den angestrebten 20.000 m² Verkaufsfläche fest. Einkommens- und Bevölkerungsentwicklung der nächsten Jahre rechtfertigen diesen Zuwachs an Verkaufsfläche nicht. Die Folge wird eine verschärfte Umverteilung von Kaufkraft innerhalb der Innenstadt, aber auch zum Nachteil des Einzelhandels in den Nachbarstädten Bad Pyrmont, Rinteln, Hessisch Oldendorf und Bad Münder sein.

• Es besteht die Gefahr, dass Innenstadtgeschäfte, insbesondere Filialgeschäfte, in das ECE wechseln und der Leerstand in der Fußgängerzone zunimmt. Nichts treibt aber das Sterben einer Innenstadt schneller und nachhaltiger voran als wachsender und dauernder Leerstand.

• Das ECE stärkt den Tourismus nicht. Wenn in Hannover ein ECE direkt neben dem Bahnhof entsteht, gibt es keinen Grund für den Besuch des ECE in Hameln. Dagegen könnten auswärtige Besucher sich gerade deshalb von der Hamelner Innenstadt angezogen fühlen, weil sie bislang von derart standardisierten Einkaufszentren frei war.

• Bei einem Betonklotz mit den geplanten Abmessungen ist eine bauliche Integration in die historisch gewachsene Altstadt nicht mehr möglich, wie auch der gescheiterte Versuch einer Überarbeitung der Fassadengestaltung durch Prof. Spengelin gezeigt hat. Erst eine deutliche Flächenreduzierung würde eine ansprechendere Gestaltung des Baukörpers ermöglichen.

• Weitere Folge der maximalen Ausnutzung des Grundstücks sind die ungelösten Probleme der verkehrlichen Anbindung für Autofahrer, vor allem aber auch für den Busverkehr und für Radfahrer.

• Der riesige, kaum gegliederte Baukörper riegelt die Altstadt von der Weser ab und verursacht negative Veränderungen des Stadtklimas. Zahlreiche Stadtbäume müssen fallen, ohne im Plangebiet ersetzt zu werden, wie auch sonst jeder Versuch eines ökologischen Ausgleichs – z.B. durch Fassaden- und Dachbegrünung – fehlt.

Scharf kritisierten die Grünen das Verhalten von SPD und FDP im Rat. Diese akzeptieren widerspruchslos alle Vorgaben seitens der ECE – Gruppe statt dazu beizutragen, dass die Stadt ebenbürtiger Verhandlungspartner für ECE "auf gleicher Augenhöhe" ist. "Wenn einzelne Ratsmitglieder wie Klaus Nolting sich in bezahlten Anzeigen dann noch als Werbeträger für ECE andienen, ist es nur noch peinlich", so die Grünen.


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