Re: Hellinger - Familienaufstellungen

Geschrieben von Aurora am 18. November 2004 18:01:

Als Antwort auf: Hellinger - Familienaufstellungen geschrieben von Röde Orm am 18. November 2004 15:05:58:

lieber Röde,

ich war vor kurzem bei einer Familienaufstellung nach Hellinger.
ich kann zum Streit mit der "normalen" Psychotherapie nichts sagen - obgleich ich mich in letzter Zeit verstärkt frage, ob ich nicht zur Therapie sollte oder besser: mich gleich einweisen lassen... :)
Ansonsten beziehe ich meine Psychokenntnisse aus "Lämmle Live".

Meine Mutter alerdings ist in den letzten Monaten, vorher schon psychotisch (undiagnostiziert), nach ihrer Pensionierung ausgetickt und an Schizophrenie erkrankt.
Es war für mich als sechs- oder zehnjährige schon schwierig sie zu therapieren und ich war als Kind damit auch hoffnungslos überfordert. Immer mal wieder fragte ich meinen Vater, ob ich nicht zu ihm nach München ziehen könnte, doch er war ebenso zerissen und hatte sich schweren Herzens für seine zweite Ehefrau entschieden.
Ich habe jedenfalls wieder und wieder für Phasen den äusseren Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen. Zuletzt ist es wie gesagt so eskaliert, dass wir alle möglichen Schritte (etwa richterlich bestellte Gutachten) unternahmen. Die guten Kliniken (humanistische z.B.) nehmen keine Patienten ihres Alters, andere wie Heiligenfeld nur auf Freiwilligkeit hin. Da sie nicht suizidal ist, keine Gefahr für andere bedeutet und sonst ein geordnetes Leben führt (im Gegensatz zur Zeit zu mir z.B... :), bestand die Möglichkeit einer Einweisung nicht. Das war mir tief innerlich auch recht, denn ich wollte es, soweit möglich, anders klären und nicht die Verantwortung für eine Einweisung und die Folgen tragen. Ein Freund von mir ist mal auf Drogen hängengeblieben, ähnliche Symptomatik und muss noch jetzt nach Haldol dämmende Medikamente einnehmen. Der Kontakt nach oben ist noch immer weg.

Also zur Aufstellung:
ich Selbst war Zuschauer, meine Schwester hat aufgestellt.
Das bedeutet, sie wählte aus dem Kreis der anwesenden Personen je einen Platzhalter für sich selbst, meinen Vater, meine Mutter und mich. Im späteren Verlauf der Sitzung standen alle Anwesenden ausser mir selbst im inneren Kreis.

Das folgende Geschehen war ausserordentlich frappierend für mich.
"Meine Mutter" verhielt sich genauso wie in Wirklichkeit.
Gefragt, ob sie nicht etwas näher zu uns kommen wollte, sagte sie nach kurzem Überlegen: "ich würde ja gerne, dann aber denke ich, ich sollte mich doch 10m weiter entfernen". Es ging über zwei Stunden oder so. Es wurden im weiteren Verlauf ihre Eltern und deren Eltern aufgestellt. Es kristallisierte sich zunehmend heraus, dass meine Schwester, die mit der Intention sich von meiner Mutter endlich zu befreien angetreten war (was mich zutiefst verstörte, denn ich war nur deshalb nach Bergisch Gladbach gefahren, um meiner Mutter zu helfen), sich nicht eingestehen wollte, dass SIE es war, die nicht loslassen konnte, und nicht meine Mutter. Und es stimmt auch, denn sie ist wie meine Mutter Lehrerin geworden und nimmt andauernd ihre Hilfe in Anspruch.
Ich selbst nahm wie die anderen Beteiligten das Haupthindernis und die Uneinsichtigkeit vorwiegend bei meiner Schwester wahr. Zwischendurch stöhnten alle, weil es nicht weitergehen wollte durch das Festhalten meiner Schwester.

Nachdem ich dann schliesslich fragte, ob man nicht Gott aufstellen könnte ("Herr Melchizedek" hat mir mal aus einem Sai Baba Buch vorgelesen, in welchenm genau dies empfolen worden war und woran ich mich nun erinnerte) wurde das zunächst abgelehnt und stattdessen "die Lebenskraft" aufgestellt. Meine Schwester stellte diese zunächst zu den Ahnen, die Lebenskraft selbst wollte aber zu meiner Mutter.
Das "stimmte" nun endlich und es trat Erleichterung ein.

Im Anschluss fragte ich meine Platzhalterin, wie sie sich gefühlt habe. Sie sagte mir, sie habe zwischendurch meine Schwester fast treten wollen, sei aber vorwiegend eine distanzierte Beobachterin gewesen. So hatte ich das auch empfunden, von Licht invozieren etc. mal abgesehen.

Insgesamt eine sehr lohnende Sache!
Die Therapeutin ist eine ehemalige Kollegin/Mentorin meiner Schwester gewesen und ging sehr behutsam vor, nicht etwa wie man es von Hellinger selbst schon gehört hat.

Sehr wichtig für mich war in dieser ganzen Geschichte eher die Vorarbeit, d.h. die Auseinandersetzung mit der Familiengeschichte. Das bietet sich vor einer Aufstellung an. Dabei traten zwei Dinge zutage, die mir vorher nicht bekannt gewesen sind. ALLE drei Schwestern meiner Grossmutter sind um Kriegsende von den Russen vergewaltigt worden. Von meiner Grossmutter selbst ist nichts bekannt, es ist aber möglich, dass es so war (sie war zu diesem Zeitpunkt schon verheiratet). In dieser und der folgenden Generation traten entsprechende Spätfolgen auf. Alle Aufgestellten Ahninnen weinten fast ununterbrochen. Es war ziemlich schwer. Mein herz war etwa so gross wie das Haus, obwohl diese Sachen mich gleichzeitig persönlich berühren.
Meine Mutter scheint eine seltsame Wahl getroffen zu haben, ein "Drama" nicht an meine Schwester und mich weitergeben zu wollen und war durch das Festhalten meiner Schwester an ihr in einen tiefen Zwiespalt geraten.

Es ist mir dabei deutlich geworden, dass meine Mutter uns zutiefst liebt, wenn auch noch nicht alle Rätsel geklärt sind. Ich habe darauf vertraut, dass sie die energetische Auswirkung der Klärung irgendwie mitkriegen wird und habe ohne äusserlich Kontakt zu ihr zu halten (denn das konnte ich nicht mehr) viel innerlich an diesen Sachen gearbeitet - das sehe ich im Nachhinein.
Letztes Wochenende rief sie mich nach langer Zeit an und es schien ihr viel besser zu gehen. Das wird glaube ich auch von Hellinger gelehrt, dass die Zusammenhänge sich auch für Nicht-Anwesende klären lassen.

In der Familie meines Vaters sind ähnliche Hämmer.
Dieser Zweig bezeichnete sich immer gerne als "Bildungsbürgertum" und ist, obwohl zutiefst humanistisch ausgerichtet, sehr auf Karriere und "Funktionieren" aus. Mein Grossvater sollte nach Anweisung seines Vaters Jurist werden, folgte und schloss auch sein Studium ab. Dann jedoch verweigerte er sich dem Richterberuf, weil er unter den Nazis entsprechende Urteile zu treffen gehabt hätte und nahm eine simple Stelle bei der Wiesbadener Post an. Hat es später dort sehr weit bringen können (zum Chef und weiter Spartenchef)
Mein Grossvater wiederum verprügelte meinen Vater, als dieser bekundete, Philiosophie oder Theologie studieren zu wollen. So wurde er Betriebswirt und Steuerprüfer. Mein Vater wiederum duldete zwar mein Philosophiestudium, ich hatte aber doch schon als Kind, wenn's nicht gut lief in der Schule und ich abgehen wollte, unter Liebesentzug zu leiden und musste mich trotz Liebesentzug durchsetzen, einfach weil der innere "Zug" zu stark war.
Nachdem ich zuletzt wider Erwarten und gegen meine persönliche Zielsetzung einen guten Job kriegte (60 p.a + Bonus) war er überglücklich.
Nach dem ersten Jahr Arbeitslosigkeit hat er den Kontakt zu mir abgebrochen.

:)

Wieso ich das alles schreibe, weiss ich gar nicht. Ist eben Rekapitulationszeit.
Ich für mich meine, das wir, wenn wir LICHT sind und unseren Anker ausserhalb des Planeten haben wie die Sternengeborenen etc., uns ziemlich viel zur Lösung aufnehmen. Was nicht heisst, das das alles nicht zugleich auch persönlich ist. Nur so geht das eben.

Aurora



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