Zu Ihrem Beitrag im Archiv - ideologiefrei

Geschrieben von JeFra am 04. Februar 2004 05:17:14:

Als Antwort auf: So kann man´s auch sehen - Lebensraum im Westen geschrieben von franke43 am 03. Februar 2004 16:00:16:

Ich beziehe mich nochmal auf diesen Beitrag und will einige ideologiefreie Kommentare dazu abgeben.


Sie scheinen Archäolioge, Ethnologe, Kulturhistoriker und Sprachwissenschaftler in einem zu sein.

Nein, ich bin nur Mathematiker. Von Archäologie verstehe ich rein gar nichts (abgesehen davon, daß ich Glockenbecherkultur, Bandkeramik, Schnurkeramik, Streitaxtkultur etc dem Namen nach kenne), und Latein werden Sie wahrscheinlich besser verstehen als ich. Sie lassen sich hier von der Tatsache blenden, daß ich einige exotische Kenntnisse (beispielsweise des Sumerischen) habe, die aber relativ leicht zu erwerben sind. Im Zusammenhang damit verstehe ich auch einige linguistische Grundbegriffe (Ergativiät beispielsweise) und habe mich über manche Fragen der historischen Linguistik informiert, aber auf einem rein populärwissenschaftlichen Niveau.

Sonderlich weit scheinen die Basken aber nicht gewandert zu sein. Noch heute leben sie zu beiden Seiten der Pyrenäen. Und Caesar hat ja geschrieben, dass die Völker in Aquitanien (Aquitani) eine andere Sprache hatten als die anderen gallischen Völker. Ein Hinweis auf die Basken in Südwestfrankreich?

Das stimmt und soll sich auch mit den Ergebnissen humangenetischer Untersuchungen decken. Aber wenn die Basken vor 2000 Jahren westlich der Pyrenäen saßen, wo mögen sie dann vor 4000, 6000, 8000 Jahren gewesen sein? Sind die Basken aus dem Kaukasus eingewandert und mit den Georgiern verwandt, wie es Gamsachurdia und angeblich auch das ETA-Gründungsmitglied Txillardegi glauben? Oder waren sie »immer schon« in Europa? Ich denke, es geht hier um kaum jemals schlüssig zu klärende Fragen. Um doch noch mal kurz auf die Ideologie zu sprechen zu kommen: Am ehesten verstehe ich Gamsachurdia und Txillardegi, die anscheinend ihren Völkern eine verwandtschaftliche Beziehung zu den Sumerern andichten möchten. Hier handelt es sich um eine defensive Ideologie kleiner Völker, die es schwer haben. Aber die Tendenz, kaum je zuverlässig zu klärende Fragen der Archäologie so hinzudrehen, daß die Indogermanen praktisch überall, wo sie sitzen, Eindringlinge sind, ist nun definitiv eine agressive, gegen unsere Völker gerichtete Ideologie und stammt auch nicht von den Georgiern oder Basken, sondern wahrscheinlich wohl von den Chasaren, die selber Eindringlinge sind und am wenigsten das Recht haben, so etwas zu monieren.

Dann wenden wir uns mal einer lebenden Sprache zu. Das Vorhandensein von strikten Beugungsformen und Beugungsregeln (Kasussystem) ist kein Beweis für die indogermanische Herkunft einer Sprache. Sonst wäre nämlich Finnisch mit seinen 16 Fällen die indogermanischste Sprache von allen.

Das stimmt, und es stimmt vor allem auch in die entgegengesetzte Richtung. Beispielsweise haben die meisten indogermanischen Sprachen ein reines Nominativ-Akkusativsystem, aber Kurdisch ist gespalten ergativ und auch Hindi soll gespalten ergativ sein. Es gibt aber noch mehr Eigenschaften der Grammatik, die Sprachen wie Baskisch oder Sumerisch von den indogermanischen Sprachen unterscheiden, beispielsweise die Verbbeugung nach mehreren Satzgliedern und nicht nur dem Subjekt bzw. (im Fall des Kurdischen) dem Objekt transitiver Verben in der Vergangenheit.

Also irgendwo glaube ich gelesen zu haben, das Minoische sei als eine frühe Form des Griechischen identifiziert und damit eindeutig indogermanisch.

Nicht, daß ich wüßte. Mit `Minoisch' meinte ich die Sprache der Linear A-Inschriften. Ich weiß nicht, ob diese Terminologie allgemein gebräuchlich ist und ob man sich überhaupt sicher ist, daß Linear A sprachlich einheitlich ist. Die Entschlüsselung von Linear B als Frühgriechisch durch Ventris und Chadwick wird wohl allgemein aktzeptiert, wenn auch nicht völlig durchgehend. Bei Linear A gibt es eigentlich nur Spekulationen, manche glauben an ein sehr frühes Griechisch oder Luwisch oder eine Mischung dazwischen, andere an eine semitische Sprache, andere an eine völlig exotische Sprache. Gamsachurdia aaO will die Sprache anscheinend in seinen rein spekulativen Georgisch-Sumerischen Sprachraum einordnen. Wie gesagt, man kann wahrscheinlich alle Linear A-Sätze, die finite Verbformen enthalten könnten, an einem Nachmittag auswendig lernen. Auf dieser Grundlage werden Sie schwerlich jemals etwas über Sprachverwandtschaft ausmachen können.


MfG
JeFra


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