Proteste gegen Funkchips in Pässen

Geschrieben von franz_liszt am 28. Dezember 2003 10:46:31:

Als Antwort auf: NACHRICHTEN 28. 12. 03 (o.T.) geschrieben von Pez am 28. Dezember 2003 08:04:16:

20C3: Proteste gegen Funkchips in Pässen

"Menschen als Nummern automatisch abfragbar zu haben, ist ein Verbrechen."

Dies erklärte der Netzaktivist padeluun vom Verein zur Förderung des öffentlichen
bewegten und unbewegten Datenverkehrs (FoeBuD) am ersten Tag des 20. Chaos
Communication Congress in Berlin. Gemeinsam mit Mitgliedern des Chaos
Computer Clubs (CCC) protestierte er mit diesen starken Worten gegen die vom
US-Ministerium für Homeland Security momentan auch in Europa propagierten
Pläne, Pässe mit auslesbaren Funkchips und darin gespeicherten eindeutigen
Identifizierungsnummern gemäß der RFID-Technik (Radio Frequency
Identification) zu versehen. Selbst wenn nur staatliche Stellen Zugang zu den
"Seriennummern" hätten, sei dies "zynisch und böse", so der Bielefelder
Mitausrichter der deutschen Big Brother Awards. Menschen seien generell nicht "in
Bereiche von Effizienz und Effektivität" einzuordnen.

"Ich muss mich unnotiert und unbeobachtet von Maschinen bewegen können",
forderte padeluun. "Ich will meine Freiheit nicht begründen müssen." Unter dem
Beifall der versammelten Hacker fügte er hinzu: Er finde es "entsetzlich", dass so
viele der Meinung seien, dass ihnen das Potenzial zur Einschränkung von
Bürgerrechten durch die RFID-Technik "egal" sei. Es gehe nicht um die
Verdammung der Mini-Transponder, die aufgrund ihrer Möglichkeiten zur
effizienteren Gestaltung der Warenlagerung und zur Verbesserung von
Logistikprozessen momentan in der Wirtschaft in hohem Kurs stehen: Nach dem
Willen von Handelsketten wie der Metro oder des US-Riesen Walmart sowie auch
des Pentagon sollen die RFID-Tags nach dem Vorbild etwa von Gillette mit den
Mach3-Rasierklingen bald in alle Güter einziehen und den Streifen-Barcode
ersetzen. Sie könnten etwa in Wegfahrsperren gute Dienste leisten, meinte
padeluun. Angesichts zahlreicher Missbrauchsmöglichkeiten und der
gesellschaftlichen Überwachungsgefahr müsse man sich "aber jetzt damit
beschäftigen, sonst geht etwas vollkommen schief".

Die Pläne der Techniker und der Industrie rund um die Funkchips, die in der
billigeren Passiv-Variante ohne eigene Stromversorgung etwa 2,5 Meter weit
Daten kontaktlos und meist unverschlüsselt an Lesegeräte übermitteln, sind nach
Angaben von Andreas Krisch von einem Verein österreichischer Internetnutzer
umfassend. Projekte wie die Gemeinschaftsunternehmung EPCglobal von EAN
(European Artifical Numbering Association) und UCC (Universal Code Council)
hätten es sich zur Aufgabe gemacht, "alles, was über ein Produkt gespeichert
werden kann" auf entsprechenden Servern vorzuhalten. Der Forschungsverbund
Auto ID Labs, der aus dem Auto ID Center unter Führung des Massachusetts
Institute of Technology (MIT) entstand, habe bereits eine spezielle Physical
Markup Language nach dem Vorbild von HTML entwickelt, um ein ganzes
"Internet der Dinge" auf Basis der kleinen Transponder zu entwickeln. Dahinter
verberge sich letztlich ein gigantisches Produktverzeichnis, in dem auch Orts- und
Personenangaben zu sämtlichen mit RFID-Chips bestückten Waren parat gehalten
und einfach so um die Welt reisen würden.

FoeBuD und zahlreiche andere internationale Bürgerrechtsorganisationen dringen
auf ein Moratorium vor der Implementation der verräterischen Transponder in
großem Maßstab und fordern eine ernsthaft vorangetriebene
Technikfolgenabschätzung. Um dem Appell Nachdruck zu verleihen, entwickelt der
dem CCC nahe stehende Verein momentan einen "DataPrivatizer", der gezielt
RFID-Tags auf die Spur kommen und die Bürger über deren Integration in
Alltagsgegenständen aufklären soll. Den Preis für das Gerät, das eventuell auch eine
Art Störsender enthalten soll, schätzt padeluun auf 50 bis 100 Euro. Insgesamt will
der diesjährige Chaos Communication Congress ein Zeichen setzen gegen die
Durchnummerierung und Rasterung der Menschheit: Er steht unter dem Motto "Not
a Number". (Stefan Krempl) / (jk/c't)

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Kommentare:
Re: Vor 65 Jahren wurden das Tragen von Judensternen verordnet ... (Realo, 28.12.2003 10:37)
Möglich, aber... (wen_jiabao, 28.12.2003 10:35)
Sabotage wird kaum möglich sein, denn (TiWe, 28.12.2003 10:35)
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