OT: Kirche und Glaube
Geschrieben von Tawa am 26. Dezember 2003 08:11:03:
Als Antwort auf: Re: OT: ... und ich wieder ein. geschrieben von katzenhai2 am 26. Dezember 2003 01:49:53:
Hier ein Brief von der früheren Erzieherin meiner Kinder, eine Ordensschwester, zum Thema:
"Lieber Herr xxx,Ihnen, Ihrer lieben Frau und ganz besonders auch Ihren 4 Kindern ganz herzliche, frohe und dankbare Gegengrüße aus xxx. Über Ihren langen und sehr lebendigen Brief haben wir uns sehr gefreut. Haben Sie nochmals ganz herzlichen Dank dafür.
Ob Ihre Frau nun auch bei Ihnen daheim ist, oder noch in unserer Nähe??? Unsere Schulkinder hatten nun Herbstferien, wie Ihre Kinder auch. Nur bei uns gibt es ja noch den katholischen Feiertag, Allerheiligen. Nur in diesem Jahr viel der 1.11. ja auf den Samstag und da hatten ja so wie so fast alle frei. Allerheiligen ist ja für viele so ein Tag wie Muttertag. Wenn es den nicht gäbe, würden eventuell manche vergessen wenigstens einmal im Jahr der Mutter zu danken und am 1.11. der Verstorbenen zu gedenken und ein wenig über das Leben nach dem Tod nachzudenken.
Nun sind wir bei dem Thema, das ja auch Sie bewegt. Mich hat es nicht nur gefreut, dass Ihre Kinder über den Glauben reden und das Bedürfnis haben von Gott zu hören, mit ihm und über ihn zu sprechen.
Ja, so sind Gottes Wege. Jetzt sitzen Sie mit Ihrer Familie in der tiefsten Diaspora und setzen sich mit Gott und der Welt auseinander.
Erinnern Sie sich noch an unser Abschiedsgespräch? Als Kind muss man den Glauben kennen und lieben lernen, um ihn dann auch später zu leben, sich für ihn zu begeistern und in ihm in dunklen wie frohen Stunden Halt zu finden. Glaube ist auch gewiss nicht das, was ich einmal in der Taufe empfange, dann hin und wieder durch Feste wie 1. hl. Kommunion, Firmung, Trauung usw. lebendig werden lasse. Glaube habe ich auch nicht in dem ich Kirchensteuer zahle und mehr nicht. Glaube ist für mich auch so ein Stück, wie Sie es nun erfahren weit weg von Menschen die ihn leben oder es so bequem haben die Kirche vor der Tür zu haben und dennoch nichts für Gott zu empfinden. Wie sagen so manche als Ausrede. Ich muss nicht in die Kirche gehen. Ich kann auch daheim oder in der Natur draußen beten. Ja, das kann ich, wenn ich es auch tue. Doch als Gläubiger brauche ich auch die Gemeinschaft der Gläubigen. Auch dann, wenn mir nicht alles an ihnen zusagt. So ist es in der Familie oder Großfamilie doch auch oft. Ich selbst muss meinen Weg gehen, suchen, finden. Aber ohne den anderen kann ich das nicht. Und nur wenn ich meine Familie - Kirche- liebe, kann ich mittragen, verzeihen, stützen und mitgehen. Wie in der Familie oder im Betrieb einer sagt, wo es lang geht, so auch in der Kirche. Das heißt aber nicht, das ich blindlings mitlaufen oder immer dagegen schießen muss. Ich selbst muss meinen Weg gehen. Ich selbst bin für mich und auch teilweise für die anderen verantwortlich. Ich selbst bin Kirche, Kirche sein ist mehr als Gebäude, Institution, Kirche ist für mich Gott lieben und seine Liebe zu uns Menschen weiterzugeben. So, wie es Jesus getan und uns gezeigt hat, für mich allein aber auch in der Gemeinschaft der Gläubigen..
Freilich brauche ich nicht die Kirche um ein guter Mensch zu sein. ich kenne viele die "nichts" sind und doch immer hilfsbereit und gut sind. Irgendwie bedaure ich es da immer ein wenig, das diese Menschen nicht zum Glauben gefunden haben. Aber, Gottes Wege sind nicht unsere Wege.
Da sitzt man dann im verschneiten Thüringen und betet auf einmal den Rosenkranz, wie die Kriegsgefangenen in Russland. Gerade das Gebet, mit dem viel Katholiken heute nichts mehr anzufangen wissen. Sie nennen es langweilig. Immer das gleiche daherplappern. Lebendig wird es erst, wenn ich es beseele. wenn ich zum Beispiel mein Leben oder das Leben anderer Menschen mit hineinnehme.
Der für uns Blut geschwitzt hat. Wie viele schwitzen Blut. vor Angst, Sorgen, in Krankheit, Leid, Ausweglosigkeit u.u.u.
Ach, lieber Herr xxx nun habe ich alles so geschrieben, wie es mir kam und dennoch hätte ich gewünscht, wir wären wirklich beisammengesessen und könnten anstatt schreiben, miteinander sprechen. Ich weiß nicht, ob Sie eine richtige Bibel haben oder ein Gebetbuch (Gotteslob) da stehen auch so manche Gedanken zu den Fragen, die Sie augenblicklich haben, drin. Wenn Sie diese Bücher wünschen, bin ich gerne bereit, sie Ihnen zu schicken. Schreiben Sie mir einfach mal Ihre genaue Adresse oder, vielleicht setzen Sie sich doch mal mit dem kath. Pfarrer in Verbindung. Ansonsten freue ich mich schon heute auf ein Wiedersehen und -hören mit Ihnen.
Seien Sie alle ganz herzlich gegrüßt von uns allen hier besonders aber von mir, Ihrer dankbaren Sr. xxx"
Diese Gedanken der Klosterschwester sind sicher nur ein winziger Baustein in meiner Entscheidungsfindung. Doch sie zeigen eines ganz deutlich: Auch innerhalb der katholischen Kirche gibt es eine kritische Auseinandersetzung mit der Thematik und man muß nicht mit allem konform gehen, was die Kirche sagt und vorschreibt. Im Brief steht klipp und klar, daß Gott in erster Instanz eine rein persönliche Erfahrung ist, auf welche dann aufgebaut werden kann. Für mich ist der Eintritt in die Kirche der Wunsch, meine gemachten Überzeugungen in der Gemeinschaft leben zu können, wie auch diese Überzeugungen zu verfeinern und zu vervollkommnen. Es mag Menschen geben, die ihren Weg alleine finden können, und dann gibt es solche, die einen Halt brauchen, um sich auf ihrer Suche nicht zu verzetteln und das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Zu jenen Menschen gehöre ich. Alle Teilaspekte zum Thema sind dermaßen interessant, weiter verfolgt zu werden, daß ich mich genötigt sehe, diese durch "zwangsweise Eingrenzung" (indem ich in die Kirche eintrete) erst einmal hintenanzustellen.
>Ich WEIß (und das ist der Unterschied zum Glauben)
Das ist absolut richtig, denn auch für mich gilt dieser Satz! In dem Moment, da ich "glaube", schwingt bereits ein Teil Zweifel mit. Meine Erfahrungen und Erlebnisse und somit auch meine Schlußfolgerungen sind jedoch solch intensiver Natur, daß ich reinen Gewissens von "Wissen" sprechen kann. Beim Wissen spielt von Seiten der Psyche kein Zweifel mehr mit. Du kannst bei richtig verstandenem Glauben also durchaus von Wissen sprechen!
Nicht jeder Weg ist für den Einzelnen geeignet, daher versuche ich auch nicht, Dich zu "missionieren" - dies tut kein wirklich Gläubiger. Ein Gläubiger mag manchesmal das Bedürfnis haben, über seine Empfindungen diesbezüglich zu anderen zu reden, doch nur Scheu, Ängstlichkeit und Unverständnis der Zuhörer machen in ihren Gedanken dieses Gespräch dann zum negativen Missionierungsversuch!
Der Herr spricht: "Du bist gesegnet, Mein Kind, ob Du Dich in den Weg, der Dir hier angeboten wird, vertiefst oder auch nicht, denn es gibt gar viele Wege zu MIR." Und weiters spricht er: "Ihr seid immer frei zu kommen, zu gehen, so frei, wie euch GOTT, euer und Mein VATER, erschuf."
In diesem Sinne beende ich nun diesen Off-Topic-Thread und wünsche allen aus tiefstem Herzen, wenn sie ihren ureigensten Weg einschlagen, dies mit ganzer Hingabe zu tun.
Tawa
- Re: OT: Kirche und Glaube katzenhai2 katzenhai2 28.12.2003 23:02 (0)