@HotelNoir: Freier Wille

Geschrieben von JeFra am 21. September 2003 02:33:55:

Ich schreibe diesen Beitrag als Antwort auf Ihren früheren Beitrag. Da dieser schon sehr weit nach unten gerutscht ist und das Thema vielleicht interessant genug ist, starte ich einen neuen Thread.


Einmal würde mich interessieren, in welchem Sinne Sie Willensfreiheit als ein `Asymmetrie der evolutionären Entwicklung' auffassen wollen.


Wenn Sie Abwesenheit von Willensfreiheit so definieren, daß ein Neurobiologe Ihre Handlungen vorherberechnen könnte, wenn er Ihr Gehirn analysieren kann, so glaube ich nicht, daß die These von der Willensfreiheit jemals widerlegt werden wird. Es ist (wie von Katzenhai richtig eingewendet) einfach zu wahrscheinlich, daß ab einer bestimmten Ebene quantenmechanische Effekte bei der Vorhersage eine Rolle spielen. Außerdem scheint mir die Willensfreiheit bei der Wahl eines Versuchsaufbaues zu den Grundvoraussetzungen von Naturwissenschaft überhaupt zu gehören.


Ich kann mich dunkel an eine Schilderung von Versuchen der von Ihnen beschriebenen Art erinnern. Ich glaube, man hat die Versuchspersonen aufgefordert, zu einem zufällig gewählten Zeitpunkt eine bestimmte Bewegung auszuführen (etwa einen Finger zu krümmen). Während des Versuches wurden, wenn ich mich richtig erinnere, elektroenzephalographische Messungen durchgeführt. Haben Sie eine genauere Quelle und können Sie nähere Informationen über den Versuchsaufbau geben? Wenn es um physikalische Messungen am Gehirn der Versuchsperson geht, sind die Ergebnisse ja sehr stark eine Frage der Interpretation: Es könnte ja sein, daß man irgendwelche Vorgänge im Gehirn beobachtet hat, die mit der `Nachbearbeitung' des Ereignisses `Krümmen des Fingers' zu tun haben. Jedenfalls sind die Schilderungen sehr stark vereinfacht und benutzen eine Terminologie (wir erfahren erst ganz spät, was unser Gehirn vorhat), die eine Art Gehirn-Seele-Parallelismus unterstellt und daher von den Neurobiologen in einer wissenschaftlichen Arbeit wahrscheinlich nicht akzeptiert werden würde.


Ich glaube, franke43 hat mal in einer Antwort an BBouvier das Beispiel Ödipus ins Spiel gebracht: Die Prophezeiung wird gerade deswegen erfüllt, weil der Adressat ihr Eintreffen zu verhindern versucht. Aber das ist etwas ganz anderes als der von Ihnen gebrachte naturwissenschaftliche Einwand.


MfG
JeFra


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