Der süßliche Geruch von Fäulnis...
Geschrieben von H.Joerg H. am 05. Juli 2003 15:26:37:
Tag zusammen!
Samstags schreibt meist ein gewisser Claus Jacobi in der "Bild". Oft nachdenkensswertes, was den Zeitgeist im Lande betrifft. So auch heute wieder:
Der süßliche Geruch von Fäulnis streicht über das Land
Die Hiobs-Schlagzeilen registrieren wir täglich: Bald 5 Millionen Arbeitslose. Erste Lebensversicherung pleite. Jede Sekunde steigen die Staatsschulden um über 2000 Euro. Der wirkliche Niedergang aber naht unauffällig, schleichend, wie der "Große Boyg" aus Ibsens "Peer Gynt" die schleimige konturenlose Wolke, die niemals zuschlägt und doch alles überwältigt, die "siegt ohne zu streiten".
Meine Post, Jahrzehnte morgens geliefert, liegt jetzt mittags im Kasten. Die Züge der Bundesbahn, nach denen man einst seine Uhr stellen konnte, haben nun Verspätung, nicht immer, aber immer öfter. Am Vormittag sonnen sich junge Arbeitslose und alte Rentner im nahen Park; die Anlage selbst ist noch nicht verwildert, doch schon ungepflegter als früher.
In Kaufhäusern stehen Rolltreppen still, in Schulen blättert die Farbe ab. Gute Restaurants sind schlecht besucht. An Büro-Häusern und Geschäften lautet das meist verbreitete gemeinsame Schild:"Zu vermieten". Schlaglöcher werden tiefer, Kinder dümmer, Bettler mehr. Mosaik des Abstiegs. Gewalt, Betrug und Korruption haben ihr hässliches Haupt erhoben.
Geld ist Götze. Zwänge von Moral und Religion sind weitgehend abgeschüttelt: Lust statt Liebe, Selbstsucht statt Nächstenliebe, Laster statt Tugend. Die Spaßgesellschaft feiert Straßenfeste. Brot und Spiele, Schemen der Dekadenz.
Der süßliche Geruch von Fäulnis streicht über das Land.
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Wow! Ehrliche geradeaus-Worte aus dem Massenblatt "Bild" mit Anspruch. Und das am Samstag. Da dürfte manchem wohlverdienten Wochenendler der Schluck Kaffee im Halse die Lunge verbrüht haben, und ihm das Brötchen im selbigen stecken geblieben sein, beim Lesen. Nur der Penner,Arbeitslose und Rentner wird es, sollte er im Abfalleimer neben der Parkbank eine "Bild" ausgegraben haben, mit Wohlgefallen vernommen haben - diese Kolumne, die zum Ausdruck bringt, was immer mehr bemerken, und doch kaum einer zu ändern noch bereit sein dürfte. Denn die Kräfte schwinden.
Die hohen Wogen aufgetürmter Hoffnungslosigkeit, genährt aus dekadenten vergifteten Quellen zu einem tosenden Strom gemacht, reißen jedes zarte, mit Optimismus auf bessere Zeiten gesetzte Pflänzchen fort, ohne Chance, sich fest im Boden zu verankern um gesunde, kräftige Wurzeln zu schlagen. Auch um als Vorbild für all jene zu gelten, die im Zeitstrom umherwandeln auf der Suche nach Festigkeit, Stand- und Dauerhaftigkeit mit Blick auf eine Erneuerung im Abgesang der ausgeschwemmten Wiederholer ohne Konzepte, die da sitzen in ihren Palästen, uns vorzumachen, wie es nicht geht, nicht funktionieren kann!
Der Zug ist abgefahren! Die Uhren gehen nach - obwohl es schon 5 nach 12 ist!
Weiterhin "gute Unterhaltung" beim voyeuristischen Blick auf Deutschlands Niedergang. Doch meine Bitte: Es soll sich keiner dabei nassmachen, und dann auch noch nach Schadensersatz fürs bekleckerte Höschen verlangen! Wäre ja typisch deutsch!
Grüße in die verratene und verkaufte Republik
Jörg
- Re: Der süßliche Geruch von Fäulnis... Jürgen 05.7.2003 22:02 (3)
- Süße Lügen Funktionsdelta 05.7.2003 22:25 (2)
- Re: Süße Lügen Jürgen 06.7.2003 00:01 (0)
- Re: Süße Lügen BBouvier 05.7.2003 22:35 (0)
- Re: Der süßliche Geruch von Fäulnis... Lomitas 05.7.2003 15:48 (1)
- Mene... mene.. TEKEL! Badland Warrior 05.7.2003 17:06 (0)