Re: Zu spät?
Geschrieben von Johannes am 24. Juni 2003 00:29:16:
Als Antwort auf: Zu spät? geschrieben von Guerrero am 23. Juni 2003 20:42:29:
> In welche Heimat hätte man sie integrieren können?
> Sie wurden vetrieben aus ihrer Heimat und da gab es keinen
> anderen Teil Palästinas, wo man sie hätte unterbringen können,
> wie das für die Deutschen der Fall war,
> die ins Stammland zurück konnten.
Hallo Guerrero,auch die vertriebenen Deutschen kamen nicht "ins Stammland zurück". Es waren schließlich nicht verübergehend vorgeschobene Siedlungen, sondern sie hatten dort teils seit Jahrhunderten gelebt, ob in Breslau (heute polnisch besetzt) oder im Sudetenland.
Nein, da gab es kein "zurück", es war brutalste und gezielte Vertreibung, es war schrecklicher Massenmord. Für die, die überlebt hatten, war es kein "zurück". "Heimat", seit Generationen, die hatten sie verloren.
> Der Fehler der nun immer noch wirkt wurde von den Israelis gemacht.
Wie würde es heute noch wirken, wenn Deutschland nicht die Vertriebenen aufgenmommen hätte? Dann hätten wir doch mindestens die gleiche Situation, oder?
Natürlich, es ist damit auch ein Fehler der Besatzer. Tschechen haben das Sudetenland besetzt, Polen haben Schlesien besetzt, die Juden haben Israel besetzt. Und wie war die Reaktion der Vertriebenen?
> Sie hätten die Palästinenser als Partner
> behandeln müssen,
> von Anfang an.Auch das hätten Polen und Tschechen tun können. Sie hätten anerkennen können, das diese Menschen, die dort teils seit Jahrhunderten wohnten, zwar ehemals deutschstämmig waren, aber dennoch Menschen, für die das die Heimat ist. Nein, aber das haben sie nicht getan, die haben eine brutale ethnische Säuberung veranstaltet. Wer überlebt hat, mußte seine Heimat und Herkunft verleugnen, die Kinder in der Schule durften nicht mehr Deutsch sprechen.
Für uns Westdeutsche waren das keine "Rückkehrer in die Heimat", sondern es waren ehemals Deutschstämmige, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Aber was machten die (West)Deutschen? Sie besannen sich auf ihre Verwandschaft und obwohl sie nach dem verlorenen Krieg selbst sehr arm waren, integrierten sie sie.
Die Deutschen hätten sich auch anders verhalten können. Sie hätten Lager an der Grenze errichten können, etc. - aber das hatte ich ja schon gesagt. In der Folge würden dann heute Bomben in Straßencafés in Breslau hochgehen, eine Granate in eine Kirche in Liegnitz geworfen oder ein Schulbus entführt im Sudetenland, um die Besatzer, die den Krieg gewonnen hatten, zu vertreiben.
Trotz der Parallen ist noch ein Unterschied: Die Juden waren gerade dem Holocaust entronnen, das Vertrauen in andere, nun ihr Überleben zu sichern, fiel ihnen schwer. Sie hatten keine Heimat mehr, sie kämpften um ihr Überleben. Im Gegensatz dazu mußten die Besatzer in Schlesien und dem Sudetenland nach dem Krieg nicht mehr um Heimat und Überleben kämpfen, sie hatten auch alle ihre Wohnungen und angestammten Siedlungsraum. Es war lediglich gezielte ethnische Säuberung aus Rache, nicht erklärbar aus dem Kampf ums Überleben.
Was ist also der wesentliche Unterschied? Die Reaktion der Vertriebenen bzw. die Reaktion der mit den Vertriebenen verwandten Länder. Die Reaktion der vrtriebenen Deutschen hat uns, trotz äußerster Bestialität gerade der tschechischen Besatzer, Frieden gebracht, während die Reaktion in Nahost die Region bis heute im Kriegszustand hält.
Sicher, die Besatzer hätten sich in beiden Fällen anders und besser verhalten können. Aber die "Charta der Vertriebenen" hat gezeigt, wie man dennoch zu Frieden kommen kann.
Gruß
Johannes
- Wiedergutmachung. Guerrero 24.6.2003 01:02 (1)
- Re: Wiedergutmachung. Johannes 24.6.2003 01:25 (0)