Worin liegt der Unterschied?

[ Prophezeiungen & Aktuelles Weltgeschehen ]

Geschrieben von 2sexy am 18. September 2001 20:58:06:

Worin liegt der Unterschied?
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Worin liegt der Unterschied zwischen einem Jungen Mann, der mit einer Bombe um den Bauch eine Pizzeria in Israel in die Luft sprengt und den Flugzeug Selbstmordattentaten? Grundsätzlich sehe ich keinen. Die Waffe ist eine andere; ersteres ist vergleichbar mit einer Keule der Steinzeitmenschen, letzteres mit einem modernen Panzer. Der Unterschied ist, daß die Anzahl der Opfer quantitativ höher ist, und die Mittel der Terroristen qualitativ besser sind. Es ist aber NICHTS neues passiert. An 5000 Tote haben wir uns längst gewöhnt, auch die Selbstmordanschläge in Israel nehmen wir achselzuckend hin (so ist die Welt halt).

Insofern empfinde ich die ausufernde Betroffenheit hinsichtlich des Anschlags der letzten Woche als eher dümmlich. Vielleicht liegt es auch zum Teil an meinem Alter (39 Jahre). Ich habe bewußt mit 24 Jahren Tschernobil miterlebt, den Anschlag in Berlin auf die Discothek "La Belle" (da war ich bereits in Berlin), den Flugzeugabsturz in Lockerby. Ca. 20 Jahre habe ich nun bewußt Weltpolitik miterlebt. Ich habe vieles gesehen und verarbeiten müssen. Insofern habe ich als persönlich als nicht Betroffener die Toten des Terroranschlags der letzten Woche schnell verarbeiten können.

Meine Unruhe ist ausschließlich nach vorne gerichtet. Diesen Vorfall als Krieg zu bezeichnen, zeigt mir die Realitätsfremde der US Regierung. Die innere Logik eines Krieges ist, daß man mit einem Angriff auf einen Angriff antwortet. Mit dieser Definition hat sich die US Regierung wohl selber eine Falle gestellt. Es war schon bisher ein Fehler auf Terrorangriffe mit militärischer Gewalt zu antworten (siehe z.B. den Luftangriff auf Lybien nach dem Bombenanschlag auf die Berliner Discothek La Belle). So haben alle derartigen Gegenreaktionen der US Regierungen bisher absolut ihr Ziel verfehlt. Gadafi überlebte, aber es gab damals ca. 270 zivile Tote.

Hier handelt es sich eindeutig um einen Terroranschlag einer weltweit operierenden Organisation. Man schätzt, daß allein in Deutschland ca. 30.000 mehr oder weniger Terrorbereite Menschen leben, in Frankreich ebensoviele. Ein harter Kern von wenigen hundert gut ausgebildeten und attentatsbereiten Menschen kann auf Kommando jederzeit zu weiteren Anschlägen aufgerufen werden. Mit militärischen Mitteln sind diese Menschen nicht angreifbar, aber nach einem Militärschlag werden sie mit tödlicher Sicherheit erneut zuschlagen. Dabei ist es vollkommen gleichgültig, ob Bin Laden gefasst wird, oder nicht, denn es gibt viele Anführer. Ggf. könnte ein toter Bin Laden gefährlicher sein also ein lebender, denn es könnte eine Märtyrerfigur entstehen, die gerächt werden muß, bzw. die durch Terroranschläge freigepresst werden muß, sofern er lebend gefasst wird.

Die US Regierungen brauchten immer ein Gesicht, eine "Fratze", um dem Volk gegenüber eine militärische Operation schmackhaft zu machen. Gadafi oder Sadam Hussein sind beispiele hierfür. Bin Ladin hat nun diese Rolle übernommen. Das schlimme ist, daß es inzwischen wohl egal geworden ist, ob er nun hinter dem Terroranschlag steht oder nicht. Er ist nun Ziel, und das Ziel wird nun mit fast allen Mitteln verfolgt, sinnvoll oder nicht. Die Machine der Militärlogik wurde in Gang gesetzt und sie lässt sich wohl nicht mehr anhalten. Die Sinnfrage wird scheinbar nicht mehr ernsthaft gestellt.

Während in den USA Fahnen ausverkauft sind, Hausfrauen frische Unterwäsche und Kuchen für die New Yorker Feuerwehr bereitstellen, und aus Betroffenheit das Dorffest in Pusemuckel ausfällt, sind bereits zehntausende Afgahnen aus Angst vor einem Militärschlag geflohen und befinden sich an den geschlossenen Grenzen zu Iran und Pakistan. Alle Hilfsorganisationen, z. B. die Welt Hunger Hilfe wurden abgezogen. Eine Flüchtlingskatastrophe ist BEREITS JETZT DA, gleichgültig was weiterhin passiert! Obdachlos und nachts bei erbärmlicher Kälte harren die Menschen hungernd aus. Der Winter steht unmittelbar bevor. Auch hier sind 5000 Tote in greifbare Nähe gerückt!

Alle Seiten rüsten sich. Die Talibanregierung hat ihre Armeen in Alarmbereitschaft versetzt, die US Regierung hat bereits umfangreiche Truppenverlegungen vorgenommen.

Wer ist diese Talibanregierung???
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Es ist eine fanatische religiöse Administration, die gewaltsam 1996 in Kabul an die Macht gekommen ist. Musik ist verboten, Bilder sind verboten, es gelten die bekannten Strafgesetze; dem Dieb wird die Hand abgehackt, Ehebruch wird mit Steinigung bestraft, Frauen sind entrechtet und müssen sich vollständig vermummen. Ist eine Haarlocke zu sehen, so wird dieses bereits drakonisch bestraft. Auf den Straßen sind ausschließlich Männer zu sehen. Teilweise wurden 1996 die Frauen der Vertriebenen von den Taliban-Milizen mit "blanko Heiratsurkunden" übernommen.

Afganistan ist in die Steinzeit zurückversetzt und nach jahrelanger Russischer Besatzung ausgebombt und weitgehend zerstört. In einem Stellvertreterkrieg haben die Sowietunion und die USA seinerzeit beide seiten mit Waffen und Kampfausbildung versorgt. So wurde Bin Laden ursprünglich durch die US REGIERUNG AUSGEBILDET.

Müßte ich unter diesen Armutszuständen leben, so würde ich sicherlich ebenso erbittert über die "zivilisierten Länder" denken. Bereits vor diesen Vorfällen hat es umfangreiche Flüchtlingsdramen gegeben (siehe z. B. das Boots-Flüchtlingsdrama vor der Australischen Küste)

Was steht uns bevor?
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Die Pakistanische Administration versucht die Talibanregierung dazu zu bewegen Bin Laden auszuliefern. Es gibt ein dreitägiges Ultimatum. Wird dieser Vorstoß Erfolg haben? Persönlich glaube ich leider kaum an einen erfolgreichen Ausgang, denn es bestehen verwandschaftliche persönliche Bindungen zwischen der Talibanischen Herrscherfamilie und Bin Laden (eine Tochter Bin Ladens ist eine Ehefrau des Anführers). Weiterhin würde die Talibanregierung in der Arabischen Welt und in ihrem Eigenen Land ihr Gesicht verlieren, sofern eine Auslieferung vorgenommen wird. Allenfalls wird über eine Auslieferung in ein neutrales Drittland nachgedacht. Dem steht aber noch im Wege, daß Bin Laden weiterhin angibt, nicht an dem Anschlag beteiligt gewesen zu sein und die Talibanregierung eigentlich nur vorgehen möchte, wenn die Schuld eindeutig durch die US Administration erwiesen ist.

Die politische Stabilität in Pakistan ist akut gefährdet. Bürgerkriegsähnliche Zustände rücken in bedrohliche Nähe. Die moderate und mit den USA kooperierende Regierung wird von stets größer werdenen Teilen der Bevölkerung nicht mehr akzeptiert. Was wird passieren, wenn die USA diesen Verbündeten verliert? Ein weiterer Instabilitätsfaktor im Nahen Osten wäre da. Im Falle eines Bodenkriegs in Afganistan wäre den US Soldaten dann der Rückzug versperrt.

Übrigens; Afganistan-Veteranen der ehemaligen Sowietunion halten eine Militärische Operation in Afganistan für schlicht nicht durchführbar bzw. gewinnbar. Bei Interesse, kann man sich mal z. B. mit der Militärgesichte Sloweniens im ersten Weltkrieg befassen. Hier sieht man anschaulich, was jahrelange Stellungskriege in einer Gebirgslandschaft bedeuten. Wahlweise friert man auf Berggipfeln, oder man ist im Tal verwundbar und angreifbar. Die Besonderheit in Afganistan wäre noch, daß der Gegner aufgrund jahrelangen Vorsprungs sich bereits umfangreich in Berghöhlen verschanzt hat und lediglich für partisanenartige Angriffe die sicheren Verstecke verlassen müßte. Das Risiko für das US Militär wäre nicht kalkulierbar. Vietnam erscheint da fast noch das weniger riskantere Ziel; der Ausgang der Operation damals dürfte sicherlich hinlänglich bekannt sein.

Letztendlich die dümmliche Rhetorik der US Administration. Drei Beispiele:

"Es ist ein Krieg Gut gegen Böse"

"Es wird Länder geben, die nach dieser Offensive nicht mehr existieren werden"

"Dead or Alive"

Der Terroranschlag in New York war brutal, doch es bleibt uns keine Zeit für Trauer. Es steht zu befürchten, daß sich in Kürze die Ereignisse überschlagen werden. Die US Regierung wird vermutlich in eine Falle rennen, aus der sie so leicht nicht mehr herauskommen wird.

Was mir weiterhin Angst macht
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Was mir weiterhin Angst macht ist der Hohe Grad der Unterstützung in Bevölkerungskreisen der westlichen Welt für einen Militärschlag. Ca. 80% in den USA, ca. 50% z. B. in Deutschland.

Vor dem ersten Weltkrieg waren auch alle Kriegsbegeistert. Da war das Risiko vergleichsweise überschaubar. In der heutigen Situation ist wirklich alles unberechenbar. Vor allen Dingen gibt es keine Teilung der Welt mehr in "Gut und Böse", sofern es sie zum Zeitpunkt der zwei großen Militärblöcke je gegeben hat. Der überwältigende Teil der Arabisch/Persischen Welt mißbilligen den Terroranschlag in New York, doch sind nur wenige Länder wirklich sichere Verbündete der USA.

Handelt die US Administration fahrlässig, so kann die Situation schnell umkippen. Es könnte eine politische Lage entstehen, in der zukünftige Terroranschläge gegen die USA in diesem Teil der Welt auf breite Zustimmung stoßen könnte. Auch sind Öl-Lieferungen keineswegs dauerhaft garantiert. Ohne das OPEG Öl ist der US-Staat praktisch nicht überlebensfähig.

Es bleibt zu hoffen, daß uns dies alles erspart bleibt.




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