Re: Zweifler und Zurechtbieger - Prophs - Präkognitionen etc.
Geschrieben von JeFra am 23. Februar 2003 22:18:18:
Als Antwort auf: Zweifler und Zurechtbieger - Prophs - Präkognitionen etc. geschrieben von Bern am 23. Februar 2003 15:21:06:
Die ewigen Zweifler haben das Pech, nicht selbst überzeugende Beispiele, sozusagen Life erlebt zu haben. Daran kränkelt in der Regel die Einsicht.
Klar, bei mir ist ein Problem, dass ich noch nie einen erfolgreichen Versuch von Wahrsagerei in meiner Umgebung gesehen habe. Aber man kann sich ja an veroeffentlichte Prophezeiungen halten. In diesem Fall ist eine sinnvolle Herangehensweise, sich auf den Erfolg bei der Vorhersage von Ereignissen nach dem Publikationszeitpunkt der Prophezeiung zu beschraenken. Da kann natuerlich eine gewaltige Luecke zwischen dem tatsaechlichen oder angeblichen Zeitpunkt der Prophezeiung klaffen, siehe etwa Muehlhiasl/Stromberger. Auf der anderen Seite muss man irgendwie fuer saubere Versuchsbedingungen sorgen und alle Manipulationsmoeglichkeiten aussschliessen. Aus dem selben Grund lasse ich nicht Nostradamus-Prophezeiungen also solche zu, sondern immer nur Nostradamus+Deutungstechnik eines bestimmten Nostradamus-Interpreten (Bouvier oder Dimde etwa). Nostradamus ist ja in hoechstem Masse mehrdeutig. Ich lasse also beispielsweise nur eingetroffene Schlussfolgerungen zu, die B. Bouvier aus Nosti gezogen hat, und zwar betreffend Ereignisse nach der Publikation des Buches von Bouvier. Diese Vorgehensweise scheint mir keineswegs willkuerlich zu sein, auch wenn es vielleicht noch andere Moeglichkeiten gibt, saubere Versuchsbedingungen zu garantieren.
Wenn man das tut, ist das Bild immer dasselbe: Entweder ein totales Fiasko mit Prophezeiungen fuer Ereignisse nach dem Publikationszeitpunkt, und/oder Erfolg mit einigen Prophezeiungen, die aber wenigstens eine mittelgrosse Wahrscheinlichkeit (Abtreibungsrecht, Ueberfremdung Deutschlands etc) des Eintreffens hatten, wenn man die Situation beispielsweise der spaeten vierziger Jahre (Irlmaier!) nuechtern analysiert. Carl Schmitt (dessen politischer Richtung ich im uebrigen nicht angehoere) beispielsweise hat doch die spaeteren Entwicklungen in allen Grundzuegen richtig vorausgesagt, sich dabei allein seines scharfen Verstandes bedienend.
Beispiel Feldpostbriefe: Publikationszeitpunkt 1948 (laut Tollmann, ich koennte das notfalls noch genauer hervorkramen). Den Verlauf des WK1 richtig 'vorhergesagt', ebenso die Zwischenkriegszeit und den Verlauf von WK2. Totales Fiasko bei der Vorhersage des Zeitpunktes von WK3. Einige richtige Vorhersagen fuer die Zeit danach, aber alle mit wenigstens mittelgrosser Wahrscheinlichkeit des Eintreffens. Dass England beispielsweise durch seinen Eintritt in WK2 sein Empire verlieren und seinen wirtschaftlichen Niedergang einleiten wuerde, haben auch die Nazi-Diplomaten den Briten vorhergesagt, aus rein rationalen Erwaegungen.
Beispiel Irlmaier: Ebenfalls 48 publiziert. Totaler Reinfall mit der Vorhersage des WK3 fuer die spaeten 40iger oder die 50iger. Einige richtige Vorhersagen ueber Dinge, die eine wenigstens mittelgrosse Wahrscheinlichkeit des Eintreffens hatten. Beispielsweise ueber das Abtreibungsrecht, das aber spaetestens seit den zwanziger Jahren (Fr. Wolf: Zyankali) auf der Agenda der 'Linken' stand.
Beispiel Johansson: WK1 richtig vorhergesagt. Angeblicher Publikationszeitpunkt war das erste Jahrzehnt des 20. Jhdts. Fanke43 konnte diese Behauptung aber nicht verifizieren. Die gaengigen Quellenangaben sollen nach seinen Recherchen falsch sein, der Text findet sich nicht in den angegebenen Zeitungen. Wenn man den Publikationszeitpunkt heraufsetzt, dasselbe Bild wie bei den anderen Prophezeiungen. Franke43 scheint seither den Schweden B. Claeson zu seinem Lieblingspropheten erkoren zu haben. Wenn ich seine Angaben ueber Claesons Prophezeiungen richtig rekapituliere, haben sie aber alle eine wenigstens mittelgrosse Wahrscheinlickeit des Eintreffens.
Zu Nostradamus kann ich nicht viel sagen. Ich bedauere noch jetzt, mir den Dimde zugelegt zu haben, der fuer mich eine Zumutung ist. Aber hat denn B. Bouvier (dessen Buch ich nicht kenne) irgendwelche nichttrivialen Vorhersagen auf der Grundlage von Nosti gemacht, die bisher eingetreten sind? Das mit dem Schreckenskoenig von 1999 kann man natuerlich noch umbiegen (aber was hat er vor 1999 ueber seine Deutung dieses Verses geschrieben?), wenn man es auf Putin bezieht. Aber was, wenn Putin geht oder gegangen wird, ohne einen WK3 ausgeloest zu haben?
Einigermassen gut sieht in dieser Frage allein das Buch Daniel aus, aber auch da nur in der Frage der Rueckkehr der Juden nach Israel. Und auch diese hatte bei der spirituellen Bedeutung dieser Frage fuer die Juden eine nicht extrem geringe Wahrscheinlichkeit, das Ueberleben dieses Volkes fuer genuegend lange Zeit vorausgesetzt. Die Daniel-Prophezeiung ist aber praktisch schwer verwertbar, da die meisten anderen Dinge sehr dunkel formuliert sind bzw. sich bei Aussagen ueber die angebliche Gegenwart des Autors als falsch erwiesen haben (Darius den Meder gibt es nicht, Balsazar war Reichsverweser und nicht Koenig, Nabonid ist dem Daniel nicht bekannt). Das Bild spricht eher fuer eine Entstehung zur Zeit der Makkabaeer, die Rueckkehr nach Israel wird damals auf Ezra/Nehemia bezogen worden sein und stellt insofern eine Prophezeiung ex eventu dar. Dass diese Prophezeiung ein zweites mal anwendbar war, ist vielleicht einfach ein toller Zufall.
Es ist also immer dasselbe Bild, wobei ich nicht glaube, dass meine Vorgehensweise bei der Einengung des Materiales willkuerlich war. Die Bedingungen sind wohlbegruendet und lassen genuegend viele Kandidaten uebrig. Es muss einen Grund dafuer geben, dass diese sich alle als zweifelhaft erweisen. Welchen Grund wohl?
MfG
JeFra
- 1948... Zet 24.2.2003 20:21 (1)
- Re: 1948... JeFra 26.2.2003 04:15 (0)
- Re: Zweifler und Zurechtbieger - Prophs - Präkognitionen etc. BBouvier 23.2.2003 23:06 (2)
- Re: Zweifler und Zurechtbieger - Prophs - Präkognitionen etc. JeFra 23.2.2003 23:48 (1)
- Re: Zweifler und Zurechtbieger - Prophs - Präkognitionen etc. BBouvier 24.2.2003 02:03 (0)