Ubi patria nostra ?

Geschrieben von franke43 am 28. Januar 2003 14:57:53:

Als Antwort auf: Re: Ja und - ich suche den Widerspruch geschrieben von Hubert am 28. Januar 2003 13:19:02:

Hallo Hubbi

Seit wann argumentierst Du wie Luther ?

>Hallo Frank,

>mit Deinem Posting kann ich leben, mit der letzten Passage habe ich meine >Probleme:
>>Das mit religiös sehen wir gleich, das mit patriotisch nicht.
>>Denn nicht irgendein irdischer Staat ist unser Vaterland,
>>sondern Gottes Reich, die Civitas Dei. Und in dieser Civitas
>>Dei sind alle Christen Inländer, egal welchen irdischen
>>Staaten sie angehören.

>Natürlich ist unsere letzte Zuflucht, unsere letzte Heimat die civitas >Dei – niemand stellt das in Abrede –, aber auf Erden funktionieren die >meisten Dinge nach irdischen Spielregeln – und an die sollte man sich auch >halten.

Das, lieber Hubert, ist reinste Zwei-Reiche-Lehre wie
bei Luther.

Wie würdest Du das bezeichnen, als 1914-18 junge Franzosen,
Deutsche, Österreicher, Engländer etc. aufeinandergehetzt
wurden, im Namen von Gott und Vaterland ? Wenn alle für die
sache Gottes und mit Gott gekämpft hätten, hätten sie nicht
gegeneinander kämpfen können, sondern höchstens miteinander
gegen einen gemeinsamen Feind. Aber die Vaterländer haben,
alle mit dem "Gott mit uns", die Leute gegeneinander
kämofen lassen. Das Egebnis waren etliche Millionen Tote und
noch viel mehr Verkrüppelte. Auch die jungen Russen will
ich dazurechnen, denn bis Ende 1917 waren die gut orthodox.

War das Patriotismus ? Konnte Gott mit allen und auf
beiden seiten des Niemandslands sein ? Ich behaupte eher,
dass das damals ein gottloses Alle-gegen-alle war.

Wo ist die Grenzxziehung zwischen einem gottgefälligen
Patriotismus und einem gottlosen Nationalismus ?

>Leider sind wir jetzt wieder bei den 68er-Denkstrukturen, von denen Du leider >nicht völlig frei bist, lieber Frank.

Kann ich auch nicht. Du weisst, welcher Generation wir
beide angehören.

>Es gibt zwei große positive, sinnstiftende Quellen im menschlichen Leben: >Gottesglaube und Patriotismus. Dass wir heute in Europa moralisch dort stehen, >wo wir stehen, liegt daran, dass die moralisch völlig orientierungslosen 68er >heute die politische und mediale Verantwortung übernommen haben. Denn sie >verfügen weder über das eine, noch über das andere.

Ich möchte wirklich sehen, wie Du die sinnstiftende Kraft
"Patriotismus" definierst, und zwar im Gegensatz zum
engstirnigen und destruktiven Nationalismus.

>Die 68er hatten zu jedem Zeitpunkt nur ein einziges Leitbild – den >Kommunismus. Und durch den Zusammenbruch desselben ist ihnen auch dieses >Leitbild weitgehend genommen. In ihrer verkommenen Birne sehen sie z. B. seit >Jahren überall Nazis, obwohl es de facto keine rechte Gefahr in Europa gibt.

Die Nazis existieren, aber nicht in der Anzahl, die oft
behauptet wird. Aber ich selbst habe hier in der Nähe
meiner Wohngegend voriges Jahr ein privates Nazifest
am Rande miterleben müssen. So richtig, dass die
Sieg-Heil-Schreie bis zu uns zu hören waren, über mehr
als 500 m Luftlinie.

>Ich habe mich auch oft gefragt, wie konnte es damals zu dieser >explosionsartigen Präsenz der 68er kommen: Ich komme mehr und mehr zu dem >Ergebnis, dass sie die Folge der damals überhand nehmenden psychologischen >Ausdeutung des Seins waren. Gut und Böse gibt es in der Psychologie >nämlich nicht. In der Welt der Psychokausalität leitet sich unser Verhalten >aus frühkindlichen Prägungen ab. Da Gut und Böse als Realitäten aber nicht zu >übersehen waren, musste man ihre Ursache irgendwo lokalisieren. Und das waren >dann eben die Eltern. Also fingen die 68er dort mit der Demontage an. Nach >antiautoritärer Erziehung, Feminismus, sexueller Revolution, Zerstörung der >Frau, Zerstörung der Familie, Zerstörung der Vaterlandsliebe, haben sie sich >jetzt das letzte Ziel vorgenommen: Zerstörung der Religion.

Die Psychologisierung des Daseins hat ihre Nachteile gehabt.
Aber viel wichtiger war die Generationenfrage der Aufarbeitung:

Wo wart Ihr, Vater und Mutter, als die Juden geschlachtet
wurden ? Habt Ihr was gewusst, wart Ihr dafür oder dagegen,
habt Ihr womöglich sogar mitgemacht ?

>Nicht dass jetzt Missverständnisse aufkommen. Ein Patriot ist kein >Nationalist.

Und deshalb will ich eine Definition.

>Engstirniger Nationalismus und globale Katholizität schließen sich gegenseitig >aus.

Das hättest Du mir nicht zu schreiben brauchen.

>Herzlichst,
>Hubert

Auch

Franke 43


Antworten: