Die demokratische Falle

Geschrieben von Salim am 30. August 2002 20:41:54:

Als Antwort auf: DÄMONKRATIE geschrieben von Salim am 30. August 2002 20:18:30:

Grüß Gott,

Um es noch etwas deutlicher zu sagen: Ich glaube, daß, an einer Abstimmung teilzunehmen und wirklich die Entscheidung zu fällen, zwei in striktem Sinn verschiedene Dinge sind. Spricht man davon, das Parlament habe das und das "entschieden", so hat diese Redeweise nur einen metaphorischen Sinn. In Wirklicheit liegt es im Eigensinn des Wortes "entscheiden", daß nur derjenige wirklich entscheidet, in dessen Macht es liegt, daß, wenn er sagt, es soll so gemacht werden, es auch so geschieht, er aber zugleich auch sagen kann, es soll das Gegenteil geschehen, und es geschieht. Nur dann, wenn er, im Falle dessen, daß er so entschieden hat, ebensogut auch anders hätte entscheiden können, dann ist er es, der entscheidet, dann ist die von ihm vollbrachte Tat wirklich das, was zu Recht den Titel"Entscheidung" trägt.

Das Ergebnis einer kollegialen Abstimmung indes kann "Entscheidung" nur als Metapher sein, da es gar nicht eine Handlung, sondern nur ein Ereignis ist. So wie, wenn es blitzt und donnert, die Leute sagten, daß Zeus zürne, und aus einem physischen Ereignis also qua methapher eine Handlung machten, so gibt es einen vergleichbaren Animismus im Reden über den Staat und die Gesellschaft, die Wählerschaft, das Kollegium, die dadurch zu einer besonderen Art von Subjekt werden. Dies ist der magersüchtige Ersatz dafür, daß sie - das scheint das eigentliche Ziel des ersten Weltkrieges gewesen zu sein - überall ihre Könige vertrieben. Der hatte noch im Staat entscheiden können. Entscheiden kann immer nur ein Individuum. Das Subjekt ist der Ort, wo so etwas geschieht. Und das ist der Grund, warum nur immer einer herrschen kann, der Alleinherrscher, der Mon-arch.

Jetzt verstehen wir auch, warum unser Prophet, auf dem der Friede sei, die Demokratie (wie ich jenes schon mehrfach erwähnte Hadith verstehe) als das Große Durcheinander vorausgesehen und als letzte der absteigend immer schlechter werdenden Verfassungsformen erkannt hat. Wenn niemand wirklich die Entscheidung trifft, also auch niemand Verantwortung hat, dann ist das der Zustand des Chaos. Perfekt wird das Große Durcheinander schließlich dadurch, daß wir es nicht begreifen, nicht verstehen, daß es das ist, was es eben ist, indem wir glauben, alles wär in schönster Ordnung. Unsere eigene Ignoranz erst vollendet das wahrhaft Große Durcheinander, macht es perfekt.

Ich bitte hier doch zu bedenken, daß der Staat, das Gremium, eine Partei usw. nur in einem übertragenen Sinn Subjekt sein können. Sie alle handeln nicht, und sie kennen weder Tun noch intendiertes Unterlassen. Dieses ist der Person, dem Menschen, dem Individuum vorbehalten. Nur das kann im wirklichen Sinne tun und lassen, nämlich handeln, eben eine Entscheidung treffen.

Wenn ein Bürger zur Wahl geht, dann kann er zwar eine Entscheidung fällen. Diese betrifft aber nur die Stelle auf dem Wahlzettel, wo er das Kreuzchen macht. Und wenn tatsächlich die Partei die Wahl gewinnt, der er seine Stimme gegeben hat, kann man dann sagen, er habe die Wahl entschieden? Die Antwort ist ja klar und lautet: nein. Wer aber, wenn nicht er, hat denn bei der Wahl die Entscheidung über die Politik getroffen? Die wirklich überraschende Antwort lautet hier. Niemand hat bei einer Wahl die Entscheidung getroffen. Und so kurios es klingt: In der Demokratie trifft niemand wirklich die Entscheidung, weil alle nur an Abstimmungen mitwirken. Und das ist auch der Grund, warum in einer Demokratie niemand wirklich Verantwortung hat. Denn Verantwortung kann nur der haben, der etwas entscheidet. Deshalb sind die demokratischen Staaten alle am Ende, in der demokratischen Falle, einer Sackgasse. Es läuft nichts mehr. Demokratisch verfaßt, blockiert der Staat nurmehr sich selbst. Der Grund: Niemand entscheidet. Niemand trägt die Verantwortung. Ist der demokratische Staat nicht eine herzerfrischene Karrikatur?

Das Beste,
wassalam,
Salim



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