Oh wie ich Deine offenen Karten liebe

Geschrieben von franke43 am 29. August 2002 13:01:07:

Als Antwort auf: Re: Ist das alte Europa nur noch für Hilfstruppen gut ? geschrieben von Hubert am 29. August 2002 12:19:03:

Hallo Hubert

Der berühmte Katholik Thomas Aquinas hat im Mittelalter schriftlich
über den gerechten Krieg sinniert. Ich wage zu bezweifeln, dass der
hier schon monatelang im Vorfeld zerredete krieg gegen Saddams Irak
ein gerechter Krieg sein kann.

Denn wie in jedem anderen Krieg sterben hauptsächlich Unschuldige,
und in diesem Fall wahrscheinlich zu Hunderttausenden, vielleicht
zu Millionen. Und das wegen des masslosen Ehrgeizes eines einzigen
von den USA installierten Machthabers.

>Hallo Frank,

>ohne jeden Zweifel bewundere ich Deine Kompetenz in historischen Dingen.

>Aber wir schreiben gerade den 29. August 2002, und mich interessieren nun mal >die aktuellen politischen Umstände und Entscheidungen und deren Auswirkungen >auf die Zukunft mehr, als irgendwelche Befindlichkeiten des fränkischen >Hausmeiers Karl Martell vor 1300 Jahren. Da nicht weiß, was hinter den >verschlossenen Türen des Weißen Hauses so alles besprochen wird, bin ich auf >die Zeitung und meinen analytischen Verstand angewiesen.

Geht mir ganz genauso. Aber ich behalte auch die Prophezeiungen im Auge,
u.a. die im AT und im NT, also für jeden Katholiken zweifelsfreie
Quellen. Und gerade hat mich ein Forumsfreund aus der Schweiz auf
Textpassagen in Jesaja und Jeremia aufmerksam gemacht, die einen Krieg
gegen Babylon vorhersagen, bei dem "ganz Chaldäa (=Irak)" auf Dauer
unbewohnbar gemacht wird. Das ist damals unter König Kyros von
Persien nicht passiert, und auch bei späteren Eroberungen nicht.
Das Ereignis steht also noch aus.

>Wir kennen die im Hintergrund ablaufenden Spielchen nicht, aber die >Informationen, die jetzt nach und nach über die abgelaufene Afghanistan-Nummer >durchsickern, beweisen uns, daß die Amerikaner alles andere als Wahnsinnige >sind.

Die Römer zu ihrer stärksten Zeit waren auch alles andere als
Wahnsinnige. Ein nüchterner Senat steuerte die planvolle Eroberung
der damaligen Welt. Nichtsdestoweniger waren die meisten Kriege
der römischen Republik aus unserer christlichen Sicht ungerechte
Kriege (weil nicht Befreiung, sondern Raub und Versklavung),
auch wenn immer irgendein Kriegsgrund gefunden wurde. Und wenn
nur das berühmte "Ceterum censeo" oft genug wiederholt wurde.

>Sie betreiben im Gegenteil ein geradezu geniales Strategiespiel. Wenn das >alles so einfach wäre, wie hier einige meinen, dann wäre ja Weltpolitik kein >Problem – ist sie aber nicht.

Ja, aber haben sie das moralische Anrecht auf dieses geniale Strategie-
spiel und auf dessen Endziel (den amerikanischen "Endsieg") ? ch bezweifle,
dass derselbe Gott, der dem Volk Israel das Land Kanaan gegeben hat,
die gesamte bewohnbare Erde für die US-amerikanische Vorherrschaft
prädestiniert hat.

>Weltpolitik ist ultra-komplex und –kompliziert.

Richtig, und bisher war sie selten oft nie moralisch.

>Wenn ich Dir die Hauptfäden, die ich augenblicklich erkennen kann, mal auf ein >paar Kernsätze herunterkondensieren darf, dann ergibt sich für mich folgendes >Bild:
>Ein neuer Bösewicht ist notwendig, denn ohne Bösewicht kann man keine Politik >machen. Man muß ja der Weltöffentlichkeit irgend etwas erklären können. Man >ist ja schließlich Christ und hat ein Rechtsbewußtsein. Bin Laden und Arafat >sind nicht mehr brauchbar. Folglich muß eine neue Terror-Nase systematisch >aufgebaut werden.

Wiederum richtig: Bösewichter sind nicht Bösewichter aus sich heraus, sondern
werden je nach Bedarf geschaffen. Jeder heutige Verbündete und gute Partner
der USA riskiert schon morgen zum Bösewicht umdefiniert zu werden,
wenn die Interessenslage der USA das erfordert. Und das völlig unabhängig
davon, ob der Betroffene wirklich Bösewicht ist oder nicht. Vielleicht
ist er gar keiner, vielleicht war er es schon vorher. Aber in keinem Fall
wandelt er sich vom ehrenwerten Juniorpartner zum Bösewicht genau zu
dem Zeitpunkt, in dem die USA ihre Sichtweise ändert. Das mit Saddam
Hussein und dem Kuwait scheint eine richtiggehende Falle gewesen zu
sein.

>Die ganze arabische Region ist extrem instabil und gefährdet die langfristige >globalstrategische Ausrichtung der USA massiv.

Nur ist nicht die globalstrategische Ausrichtung der USA das Mass aller
Dinge, sondern die Verbreitung des Evangeliums auf der Welt.

>Folglich müssen sie bei den Ölaugen mehr als nur einen Fuß zwischen die Tür >kriegen. Die erfolgreich durchgezogene Afghanistan-Nummer dient als Vorbild.

Wiederum klar. Der Grund ist aber nicht die Verbreitung von Freiheit
und Demokratie, auch nicht des christlichen Glaubens, sondern das
globale freie Anzapfen aller vorhandenen und zukünftigen Ölhähne für
die USA (NICHT: für eventuelle Freunde und Verbündete).

>Die CIA kann da inzwischen ein- und ausgehen, ohne daß das gleich in der >Zeitung steht.

Auch klar. Schliesslich braucht man die Ölleitung bis Baku. Und weil die
nicht nur durch Afghanistan muss, sondern auch durch Pakistan, wird
Musharraf nur solange geduldet, wie er das Abpumpen nicht erschwert.

>Von der Reihenfolge bietet sich zunächst der Irak an. Erst sehr viel später >knöpft man sich die gefährlicheren Kandidaten Iran, Indien und China vor. Aber >das sagt man als amerikanischer Präsident besser nicht, sonst haben die USA >den Dritten Weltkrieg bereits übermorgen.

Genau darauf weisen uns die Prophezeiungen hin, die wir seit Jahren analysieren.
Haben die USA wirklich ein göttliches Recht auf ihrer Seite, um sich
direkt oder indirekt die gesamte bewohnbare Erdkugel untertan zu machen ?

>So, es geht also darum, im Irak ein USA-höriges Regime zu installieren.

Saddam Hussein muss weg. Seine Massenvernichtungswaffen müssen weg.
Das ist die eine Seite.

Die andere: denn heute gehört uns die USA und morgen die ganze Welt ?

Zudem: weltweit müssten ALLE Massenvernichtungswaffen weg, auch die
russischen, chinesischen, amerikanischen, britischen, französischen,
israelischen, indischen und pakistanischen. Sollen uns die Prophezeiungen
erspart bleiben, braucht die Welt nicht mehr Waffen und Krieg, sondern
weniger.

>Wie macht man das? Zunächst muß Saddams Clique entfernt werden. Und am Schluß >aller Operationen müssen im Irak ein paar Wohlgesonnene regieren, die nach der >amerikanischen Pfeife tanzen.

Warum nach der amerikanischen und nicht nach der Pfeife des eigentlichen
irakischen Volkes ?

Alternative: man einigt sich auf neue Waffeninspektoren, aber unter dem
konstanten Druck der Kriegsandrohung verschafft man diesen vor Ort viel
weiter reichende Vollmachten als sie die Truppe von Rolf Ekéus hatte.
Die neuen Waffeninspekteure müssten ermächtigt werden, jederzeit und überall
im Irak ohne Vorwarnung und ohne Absprache mit irakischen Organen ihre
Inspektionen durchführen zu können. Dabei müssten sie von eienr schlagkräftigen
UNO-Truppe (mit schwerem Gerät) unterstützt werden, die den Inspekteuren
JEDE verschlossene Tür auch mit Waffengewalt öffnen könnte. Ausserdem
könnte man die Kriegsandrohung für den Fall von irakischen Übergriffen
auf die Inspekteure permanent aufrechterhalten. Mit einem solchen
Einsatz könnte man den Irak von den noch oder wieder vorhandenen
Massenvernichtungswaffen reinigen.

>Welche Partner bieten sich für diese hochkomplizierte Operation an?
>Da gibt es zunächst mal die Exil-Iraker. Das sind keine Bettlakenträger wie >die afghanische Nordallianz, die gleich durchdrehen wie eine Horde Hunde, >denen man eine Wurst hinwirft, sondern überwiegend Intellektuelle. (Daß die >damalige Zusammenarbeit mit der Nordallianz überhaupt halbwegs klappte, lag >allein daran, daß der Bruder des Nordallianzführers eine gutgehende >Restaurantkette in den USA besitzt und man den Oktober-Coup entsprechend >langfristig vorbereiten konnte.) Die neue irakische Regierung ist bereits >ausgeguckt, und alle Typen waren bereits im Weißen Haus zwecks Ausrichtung.

Wie die alten Römer: die hatten auch überall an den Randprovinzen ihre
abhängigen Klientelstaaten.

>Diese Exil-Iraker sind Insider. Sie wissen, daß die Macht, die Saddam Hussein >demonstriert, keine echte ist. Ein Diktator hat keine Freunde. Er kann sich >bestenfalls auf die kleine Führungsclique stützen, die von seinem Geld lebt.

Die neuen Führungskräfte hätten aber auch keine Freunde im Volk.

>Saddam weiß das, und um an der Macht zu bleiben, muß er also ständig Druck >aufbauen und Leute liquidieren. Einen echten Zusammenhalt des Diktators mit >seinem Volk gibt es nicht. Hier kann man den Irak gut mit den Palästinensern >vergleichen, die ebenfalls über keinen Zusammenhalt verfügen. Denn wenn es den >gäbe, hätte Israel ein ernsthaftes Problem.

Der amerikanische Präsident, der installiert worden ist, obwohl
mehr Leute den Gegenkandidaten gewählt hatten, sitzt selbstverständlich
völlig zu Recht im Weissen Hauss ......

>Exil-Iraker und US-Administration wissen, daß sie die Macht im Irak nur von >innen her übernehmen können. Man muß den Irak gewissermaßen psychologisch >unterbuddeln. Deshalb auch das augenblickliche Säbelrasseln. Die Iraker haben >an jedem Haus eine Satellitenschüssel und verfolgen das Weltfernsehen. Die >wissen doch auch, was ihrem Land bevorsteht und möchten nach der Säuberung als >Widerstandskämpfer dastehen. Saddam muß doch heute schon jeden Tag im >Fernsehen erklären, daß er noch die Macht hat.

Dass der Irak auch ein Anrecht hätte, ohne Diktator eine Nation mit
aufrechtem Gang zu sein, scheint in diesen Erwägungen nicht
vorzukommen.

>Wenn Saddam mit einem Städtekrieg droht, kann ich nur lachen. Die Amerikaner >machen auf jeden Fall den Krieg, den sie wollen. Saddam besitzt zwar >Massenvernichtungswaffen, aber mit Massenvernichtungswaffen kann man keinen >Krieg führen. Dafür braucht man konventionelles Kriegsgerät, und das hat er >nicht. Nach meinen Informationen besitzt Saddam noch nicht mal eine Luftwaffe.

Dass die Amerikaner an Streitkräften und Ausrüstung weit überlegen sind, das
bezeweifelt eigentlich niemand. Auch ich weiss, dass man einen Städtekrieg
gewinnen kann, wenn man die Modelle Groznyi/Dresden oder Hiroshima/Nagasaki
benutzt.

>Und wenn er ein Radargerät einschaltet, bekommt er fünf Minuten später eine >amerikanische oder britische Bombe auf den Kopf.

Interessant: warum schaltet er die Radargeräte überhaupt noch ein ?
Oder tut er das gar nicht, und die Bombardierungen sind unprovoziert ?

>Die einzige Sorge, die die Amerikaner wirklich haben, ist: Sie wissen, daß sie >unter keinen Umständen alleine auf dem Kriegsschauplatz erscheinen dürfen. Sie >wissen ganz genau, daß sie Saddam Hussein nur im Zusammenspiel mit anderen >Bettlakenträgern entfernen dürfen. Und nach dem Regierungswechsel dürfen sie >auf keinen Fall im Irak sitzen bleiben, denn das kann man der Öffentlichkeit >nicht verkaufen.

Das ist HEUTE die einzige Sorge. Morgen dürfte die Sorge sein, wie
man den geplatzten Erdball wieder zusammenflickt.

>Europas Haltung in diesem Spiel ist zunächst mal völlig irrelevant. Amis, >Russen und Israelis ziehen ohnehin am selben Strang, und nach der erfolgreich >absolvierten Irak-Nummer geht die Zange ohnehin zu. Der erste Irakkrieg war ja >bloß ein Zeichen an die Russen, daß man als Amerikaner alles machen kann. Das >haben die Russen mittlerweile kapiert.

Für Israels Position habe ich Verständnis, das weisst Du.

>Wegen der Rolle der Kirche mach Dir mal keine Sorgen. Sie ist selbst Global->Player, in den USA massiv investiert, aber nicht so blöd, sich lauthals auf >die Seite der Amis zu schlagen.

Vermutet die Kriche wirklich, dass in den USA der Heilige Geist wirkt, oder
hat die Kirche (wie viele hier vermuten) neben den geistlichen auch ganz
andere Handlungsmotive ? Wenn letzteres der Fall wäre, dann müsste ich
allmählich annehmen, dass nicht wirklich Christus das Haupt und die
Kirche der Leib ist. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass ein
Musterkatholik so über die Kirche denkt. Die Kirche soll und muss
"Global Player" in Sachen Christus und Heiliger Geist sein, aber in
nichts anderem. Das ist ihre herausragende Funktion im Heilsgeschehen,
in dem ihr ja die Hauptrolle zukommt.

>Denn wenn’s wider Erwarten doch schief läuft, nähme sie erheblichen Schaden. >Aber ich denke, daß die entsprechenden Botschaften zwischen Rom und Washington >schon lange ausgetauscht worden sind.

Und was sagt Christus dazu ?

>Herzlichst,
>Hubert

Gruss

Franke 43



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