Re: Allianz Europa, Rußland, arab. Welt, Vatikan?
Geschrieben von Bine am 28. Juli 2002 00:12:49:
Als Antwort auf: Re: Allianz Europa, Rußland, arab. Welt, Vatikan? geschrieben von Hubert am 27. Juli 2002 15:01:29:
Guten Abend Hubert,
erst einmal vielen Dank für Dein Posting. Sorry, daß ich erst so spät antworten kann, habe mich mit einer Schulfreundin getroffen und bin übelst (ohne Alk) versumpft ;-)) (wir kennen uns seit 27 Jahren)
>Hallo Bine,
>nein, keine Sorge, Du bekommst keine auf den Deckel ;-) Aber Du erlaubst mir doch hoffentlich einige Korrekturen.Natürlich, wir sind ja zum Diskutieren da ;-)
>Ad 1)
>Das ganze Pontifikat über haben wir Johannes Paul II. zwei Kämpfe führen sehen, einen gegen den Kommunismus, einen anderen mit der Moderne. Dieses Bild ist jedoch vereinfacht und äußerlich: Aus seiner eigenen Sicht hat Johannes Paul II. immer nur einen einzigen, unteilbaren Kampf geführt: Den Kampf für die Verteidigung des Menschen.Ich hoffe, daß er es wirklich gut meint. Was mich sehr stutzig machte ist die Tatsache, daß er sich selber als unfehlbar einschätzt, diese Ansicht kann ich keinesfalls teilen, unfehlbar ist nur ein einziges Wesen und zwar Gott(heit). Es tut mir leid, aber sich selber als unfehlbar zu bezeichen kommt für mich einer Blasphemie gleich. Deswegen flog schon mal einer raus von ganz da oben, oder ? ;-))
>Denn das menschliche Leben ist heilig.
Im Grunde ist Alles Leben heilig. Ich stimme Dir zu.
>Aber wenn wir den Zeitgeist unter die Lupe nehmen, läuft derzeit alles auf den Ausverkauf des Menschen hinaus. Ist seine Unantastbarkeit erst einmal preisgegeben, und sei es mit den besten Absichten oder sogar, wie bei der Tötung auf Verlangen, mit seiner eigenen Zustimmung, dann gibt es kein Halten mehr. Es breitet sich aus, was der Papst die „Zivilisation des Todes“ nennt, ein kulturelles Klima, in dem das Leben disponibel und manipulierbar wird, wo es sich ausweisen muß vor Kosten-Nutzen-Rechnungen, gesellschaftlichen oder individuellen: Macht es noch Spaß, ist es noch leistungsfähig und produktiv? Kinder haben „Wunschkinder“ zu sein, störungsfrei eingepasst in die Biographieplanung der Eltern, gesund und bald vielleicht auch garantiert intelligent – sonst weg damit. Nicht mehr der konkrete einzelne mit seinen Fehlern, Schwächen und Leiden ist das Maß aller Dinge, sondern ein Fetisch von Normalität und Perfektion, dem der Mensch das Leben unterwirft – sein eigenes, das seiner Nachkommen und irgendwann, durch den Züchtungseifer der Bioingenieure, das der gesamten Gattung.
Dem ist nichts hinzuzufügen. Es ist klar, daß sich diesbezüglich etwas ändern muss auf der Welt, wenn sie lebenswert bleiben soll (und eine positive geistig-seelische Evolution wäre erstrebenswert)
Es ist wieder, wie beim kommunistischen Traum von der vollkommenen Gesellschaft, eine Utopie und Allmachtsphantasie, die Anmaßung der Schöpferrolle: Ihr werdet sein wie Gott.
Oder die narzisstische Ausgeburt einer Welt voller Hass, der anstelle davon positiv kompensiert bzw. sublimiert zu werden durch die Allmachthandlungen des Einzelnen bzw. der Gesellschaft ausgelebt wird.
>Man kann darüber streiten, wie wahrscheinlich es ist, dass alles wirklich so schlimm kommt. Aber schwerlich bestreiten kann man, dass die Lebensschutzphilosophie des Papstes die einzige Ethik weit und breit darstellt, die auf diese Herausforderung eine schlüssige Antwort bietet. Sie ist eine Oase der Konsequenz in einer Wüste der Heuchelei, wo Parteigänger der Grünen, die nach einem Bonmot des verstorbenen Fuldaer Erzbischofs Dyba am liebsten neben jedem Tümpel mit Froschlaich eine Mahnwache aufstellen würden, zugleich gegen den Paragraphen 218 Sturm laufen, während bürgerliche Politiker in ein und derselben Rede das christliche Menschenbild und die Gentechnik als alternativlose Zukunftsbranche feiern.
Wobei es sicherlich keine Frage der Konfession ist, inwieweit der Mensch bereit ist ethisch höherstehende Werte zu einer Maxime zu erheben. Ich denke mal, daß dies auch unter Atheisten der Fall ist, ich selber kenne viele Beispiele aus dieser Personengruppe. Menschliche Herzensbildung kann nicht alleine von einem Glauben an ein höheres Wesen abhängen. Im Gegenteil, ich könnte mir vorstellen, daß gerade die Menschen, die keinen Gottglauben in dem Sinne haben aber trotzdem ethisch gut handeln und denken vielleicht sogar "höher" zu bewerten sind, weil sie es wirklich aus einem freien Willen heraus tun und nicht etwa aus einer Angst vor bösen Konsequenzen wie Hölle, Fegefeuer oder Sonstiges. Ich persönlich denke auch nicht, daß diese Menschen nicht in ein Paradies eingehen, denn sie sind ja gut, auch wenn sie an nichts glauben.
>Ad 2)
>Was Du mit „Verstrickungen von Leuten innerhalb des Vatikans mit dubiosen Leuten“ bezeichnest, ist in Wirklichkeit ein spezifische Form des Dialogs, die nur uns Christen eigen ist. Christus reicht jedem als erster die Hand. Egal, ob es sich dabei um den Zöllner oder den Pharisäer handelt: Immer gehen wir Christen zuerst auf den Sünder zu. Der muß die ihm zum Dialog gereichte Hand nur annehmen.Ich meinte mit dubiosen Leuten an und für sich gewisse Kreise, denen man eher unchristliche Machenschaften nachsagt, wie z. B. das Opus Dei. Und soweit ich weiß hat der derzeitige Papst den Gründer dieser Gruppe vor Kurzem heilig gesprochen (oder will es noch tun) Das kann doch irgendwo nicht richtig sein ?
Daß man auch mit eher unangenehmen Leuten im Gespräch bleiben sollte und versuchen sollte ihnen etwas zu übermitteln, ja, das finde ich schon auch richtig. Nur, wie kann man so einen Mann heilig sprechen ? Welche Wunder hat er gewirkt ? Was hat er für die Menschheit getan ? Und ein Pater Ruppert Maier ist immer noch nicht heilig gesprochen, und der hätte es doch wirklich eher verdient ! Da menschelt es doch gewaltig, findest Du nicht ?>Ad 3)
>Ein „Zusammenschluß der Religionen“ setzt ja erst mal voraus, dass es überhaupt mehrere Religionen gibt. Tatsächlich gibt es aber nur eine Religion – die jüdisch-christliche – und deren primäre Aufgabe besteht darin, alle Menschen zum Dreifaltigen Gott zu führen. Das heißt nicht, dass es nicht auch in anderen Glaubenssystemen den einen oder anderen „Strahl der Wahrheit“, wie es in DOMINUS IESUS heißt, gibt. Aber bevor man diese Glaubensrichtungen unter dem Dach der Kirche vereint – ein Prozeß, der noch in apokalyptischer Ferne liegt – muß man einen intensiven „interreligiösen Dialog“ führen. Dies geschieht dergestalt, dass sich alle „Menschen guten Willens“ – also unabhängig von ihrer Konfession oder Glaubensrichtung – hinter den Papst scharen.Wobei man doch nicht jeden Menschen unter das Joch einer Religion stecken kann, das wäre doch Diktatur ! Ich bin durchaus dafür, daß die verschiedenen Religionen und Ideologien voneinander das Gute an der jeweiligen Religion bzw. Ideologie erkennen sollten und ein Austausch stattfinden sollte, nur sollte man schon die Kirche beim Dorf lassen. Stell Dir doch nur vor, ein Islamist würde kommen und Dir seine Religion und seine Sichtweise aufzwängen wollen (er ist ja der Meinung daß seine Religion die einzig seeligmachende ist). Er meint es Dir sicherlich gut, aber ob das so gut für Dich persönlich ist, das ist wieder eine andere Frage.
Ich persönlich bin sicherlich dafür, daß die von Dir oben genannten Mißstände beseitigt werden sollten, aber ich könnte mich niemals hinter den Papst stellen, da sträubt sich alles bei mir. Er tut mir irgendwo leid und ich respektiere sicherlich die Dinge, die er versucht, um die Welt ins Positive zu verändern, aber er geht seinen Weg, und das muss nicht zwangsläufig der meine sein, auch wenn das Endziel vielleicht ein Ähnliches sein mag (Alleine bei der Geburtenregelung, sorry, aber da hätte ich mittlerweile mindestens 23 Kinder rumlaufen. Dank der Erfindung der Pille habe ich meine zwei Wunschkinder, die wir auch ernähren können und ihnen eine anständige Ausbildung ermöglichen können, für mich ist es nämlich ein größeres Vergehen Menschen in die Welt zu setzen, die man nicht einmal ernähren kann) Da gäbe es noch mehr Punkte, aber als Frau regt mich das eben besonders auf. Gerade da beginnt doch die Verantwortung des Einzelnen schon: in der eigenen Familie.
>Ad 4)
>Dass sich „Satan bis in die höchsten Ämter der Kirche hinein bewegt“ ist ein Szenario, das während des Pontifikats Paul VI möglicherweise eine gewisse Berechtigung hatte, aber sicherlich keine realistische Einschätzung des gegenwärtigen Pontifikats darstellt.Ich habe Etliches über das Papsttum gelesen. Sicherlich waren ein paar dabei, die es auch gut mit den Menschen meinten. Vielleicht gehört Papst Paul II. auch dazu. Im Grunde weiß es nur er selber und Gott(heit) vor der er eines Tages Rechenschaft abgeben wird müssen, so wie wir alle. Zumindest denke ich mir, wird er feststellen, daß es nur ein einziges unfehlbares Wesen gibt, und das ist sicherlich nicht er sondern sein Gegenüber am jüngsten Tag.
liebe Grüße Bine
>Herzlichst,
>Hubert
- Re: Allianz Europa, Rußland, arab. Welt, Vatikan? Johannes 28.7.2002 00:49 (2)
- Re: Allianz Europa, Rußland, arab. Welt, Vatikan? Bine 28.7.2002 10:05 (1)
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