Re: Der Wert eines prophetischen Textes
Geschrieben von JeFra am 31. Mai 2002 22:42:42:
Als Antwort auf: Der Wert eines prophetischen Textes geschrieben von franke43 am 30. Mai 2002 12:17:15:
Bau oder Verbesserung von Modellen (Theorien) zur Erklärung möglichst vieler Einzelbeobachtungen
Irgendwie muesste man doch versuchen, zu erklaeren, dass die veroeffentlichten Prophezeiungen zu politischen Ereignissen des 20. Jhdts in der Regel fuer die Zeit nach ihrer Veroeffentlichung fehlgeschlagen sind. Beispielsweise gilt das fuer die Vorhersage Irlmaiers oder des Autors der 'Feldpostbriefe' ueber den Zeitpunkt des Ausbruches von WK3. Wenn man strenge Regeln der Echtheitspruefung an die Prophezeiungstexte anlegt, sind diese wohl fast alle zu verwerfen. Radiokohlenstoffdatierungen wie bei den Feldpostbriefen oder dem Lied von der Linde duerften kaum beweisen, dass diese Texte in der Tat vor 1945 entstanden sind. Es ist also sehr naheliegend, sich die richtige 'Vorhersage' des Verlaufes von WK1/2 in den Feldpostbriefen dadurch zu erklaeren, dass diese nach 1945 entstanden sind. Jedenfalls erklaert diese Theorie das Versagen dieser Prophezeiung fuer die Zeit nach 1945, ohne ernsthaften Einwaenden ausgesetzt zu sein. Physikalische Datierungsmethoden fuer das Briefpapier sind eben ein weit weniger schwerwiegender Einwand als es z. B. die weite Verbreitung des Textes in vielen Bibliotheken der Welt ab 1920 waere.
Der alternative Ansatz, dass der Autor der Feldpostbriefe tatsaechlich uebersinnliche Faehigkeiten hatte und sich nur in diesem Fall getaeuscht hat, bringt ein viel komplizierteres Erklaerungsmodell ins Spiel, das beliebig dehnbar und daher praktisch vollkommen wertlos ist. Woher soll man denn wissen, ob sich ein Prophet etwa mit Vorhersagen ueber den Nahen Osten getaeuscht hat oder nicht? Fuer die Naturwissenschaften ist doch kennzeichnend, dass die Methoden, mit denen man zu bestimmten Vorhersagen kommt, publiziert sind. Man kann dann also sagen, ob eine bestimmte Vorhersage von anderen Wissenschaftlern mit den anerkannten Methoden nachvollzogen wird oder nicht.
Ich glaube nicht, dass Sie in Ihrem eigenen Fachgebiet Theorien akzeptieren, die so windig, kompliziert und fehleranfaellig sind, wie das anscheinend bei der Prophetologie der Fall ist, sofern diese die Existenz paragnostischer Faehigkeiten nicht radikal anzweifelt. Nehmen wir beispielsweise an, dass Ihnen eine als schwierig bekannte organische Synthese misslingt. Wuerden Sie versuchen, sich diese Tatsache so zu erklaeren, dass die astrologischen Aspekte nicht gestimmt haben? Oder wuerden Sie nach moeglichen Verunreinigungen der verwendeten Substanzen suchen?
MfG
JeFra
- Texte besser lesen ! franke43 03.6.2002 08:09 (0)