News:Scharon erwägt nach neuem Anschlag Ausweisung Arafats

Geschrieben von Silvermoon am 08. Mai 2002 15:26:12:

Scharon erwägt nach neuem Anschlag Ausweisung Arafats

Jerusalem/Gaza/Washington (dpa) - Nach einem neuen verheerenden Selbstmordanschlag mit 17 Toten erwägt der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon die Ausweisung des Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat. Arafat bat daraufhin am Mittwoch US-Präsident George W. Bush in einem dringenden Appell um Unterstützung und erteilte seinen Polizeitruppen Befehl, weitere Terroranschläge zu verhindern. Scharon wollte am späten Abend sofort nach seiner vorzeitigen Rückkehr aus den USA das Sicherheitskabinett einberufen, um weitere Schritte zu beraten.

Bei dem ersten Selbstmordanschlag in Israel seit knapp vier Wochen hatte in der Nacht in einer Spielhalle in Rischon Lezion südlich von Tel Aviv ein palästinensischer Attentäter 16 Israelis mit sich in den Tod gerissen und mehr als 50 zum Teil schwer verletzt. Zu der Tat bekannte sich die radikal-islamische Hamas-Bewegung, deren Hochburg der Gazastreifen ist. Politische Beobachter rechneten mit einer möglichen israelischen Offensive im Gazastreifen, aus dem auch der Attentäter stammen soll. Ein israelischer Armeesprecher bestätigte, das Militär bereite sich auf eine mögliche neue Großoffensive in den Palästinensergebieten vor.

Auf einer Straße bei Megiddo im Norden Israels sprengte sich am Mittwoch erneut ein Selbstmordattentäter in die Luft, überlebte die Explosion jedoch mit Verletzungen. Israelische Soldaten, die an einer nahe gelegenen Bushaltestelle standen, blieben unverletzt. Die Sprengladung ging offenbar vorzeitig hoch.

Der ägyptische Präsident Husni Mubarak warnte die israelische Regierung davor, Arafat weiter zu isolieren. «Ich möchte ihnen (den Israelis) sagen, dass sie sich, falls sie es mit dem Frieden ernst meinen, mit der gewählten Führung auseinander setzen müssen», mahnte Mubarak in Kairo.

Die deutsche Regierung verurteilte den Anschlag bei Tel Aviv, forderte Israel aber zu einer Zusammenarbeit mit Arafat auf. Ein Sprecher des Auswärtiges Amtes sagte am Mittwoch in Berlin, Arafat sei «die politische Führungsfigur» der Palästinenser.

In seinem dringenden Appell an Bush bat Arafat, der US-Präsident und die internationale Gemeinschaft müssten den palästinensischen Sicherheitskräften, deren Infrastruktur Israel weitgehend zerstört habe, «Unverletzlichkeit und genug Unterstützung gewähren, damit sie meinen Befehl umsetzen und Terroranschläge stoppen können». Gleichzeitig müssten Angriffe der israelischen Armee und israelischer Siedler auf palästinensische Zivilisten gestoppt werden.

Palästinensische Beobachter werteten die Stellungnahme als Versuch Arafats, einen neuen israelischen Angriff auf sein Hauptquartier in Ramallah abzuwenden. Er hatte seine Bewegungsfreiheit erst vor knapp einer Woche wiedergewonnen, nachdem Israels Armee sich nach fünfwöchiger Belagerung wieder aus der Stadt zurückzog.

Scharon hatte noch vor seinem Abflug aus Washington einen unerbittlichen Kampf gegen die Urheber des Anschlags angekündigt. Er sei in die USA gekommen, um Möglichkeiten für eine Friedenslösung und eine Reform der palästinensischen Selbstverwaltung zu sondieren, sagte Scharon. Das sei mit dem neuerlichen Versuch beantwortet worden, Israel durch die Verbreitung von Furcht zu erpressen. «Israel wird sich niemals einer Erpressung ergeben», rief Scharon. «Den, der uns töten will, werden wir zuerst töten.»

Bush sprach Scharon bei dem Treffen in Washington, das zum selben Zeitpunkt stattfand, als der Anschlag in Israel verübt wurde, sein Beileid und seinen «Ekel über diese mutwillige Vergeudung menschlichen Lebens» aus.

Nach ihrem Treffen forderten Scharon und Bush nachdrücklich Reformen in den Autonomiegebieten. Zugleich traten klare Differenzen über den Weg zu einem künftigen Staat Palästina zu Tage. Während Bush das Ziel einer Staatsgründung ausdrücklich bejahte, sagte Scharon: «Es ist noch verfrüht, diese Frage zu erörtern. Wir müssen alle Bemühungen darauf konzentrieren, dass eine echte Reform (in den palästinensischen Gebieten) stattfindet.»

08.05.2002 15:13 MEZ


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