Dann wollen wir nochmal
Geschrieben von franke43 am 19. April 2002 09:23:26:
Als Antwort auf: Re: Renatus Cartesius - damals in Schweden gestorben geschrieben von Descartes am 18. April 2002 17:20:12:
Salut René
>Bonjour!
>Ich selbst plündere niemanden aktiv aus! Wenn ich Nutznießer eines Systems >bin, das sich an Völkern bereichert, die - aus welchen Gründen auch immer - >sich nicht selbst helfen können, habe ich allerdings auch nichts dagegen!Auch ich plündere niemand aktiv und eigenhändig aus. Aber ich weiss, dass
ich Nutzen aus einem globalen System der Ausplünderung ziehe und dadurch
indirekt daran teilhabe. Und deshalb habe ich ein schlechtes Gewissen.>Ich möchte uns beiden hier an dieser Stelle ersparen, Darwin wiederholt zu >zitieren!
Aber ich erlaube mir nochmal, die Universalgültigkeit der von Darwin
formulierten Grundsätze von Mutation und Selektion anzuzweifeln. Und
das deshalb, weil wir offenbar als Art eine geistige Mutation erfahren
haben, die uns mehr denken und daher auch mehr fordern lässt als nur
das primitive Recht der Stärkeren oder der am besten Angepassten.
Darwins "Survival of the fittest" und dem Recht des Stärkeren würde ich
gern das "Recht des Schwächeren auf Rücksichtnahme" entgegenstellen.
NICHT als naturgegebenes Gesetz oder "Naturrecht", sondern eben und
gerade als menschliches Produkt und menschliches Projekt zum Überwinden
der Natur. Nicht im Sinne der Naturzerstörung, sondern im Sinne des
Sichaufschwingens zu einer höheren, vom Daseinskampf befreiten
Daseinsebene. Also als Ergebnis einer Kulturleistung. DARIN sehe ich
unseren menschlichen Auftrag hier auf der Erde. Er lautet nicht
"NAtur oder Kultur", sondern "Natur UND Kultur". Wir sind zur Ethik
befähigt, und daraus erwächst uns auch eine Verpflichtung zur Ethik.>Wenn ich an Leib, Leben oder Besitz allerdings AKTIV von irgendwelchen >Subjekten angegriffen werde, so nehme ich allerdings auch für mich das Recht >heraus, AKTIV zur Verteidigung zu schreiten (ohne Rücksicht auf Rasse, >Hautfarbe oder Religion übrigens)!
Stell Dir mal vor: ICH AUCH. Aber vorher werde ich versuchen, mich und
die Meinen so unzugänglich und schwer auffindbar zu machen, dass der
Fall des physischen Angriffs von Aussen durch Soldaten oder Plünderer
unwahrscheinlich wird.>Vor irgendetwas oder irgendjemandem davonzurennen und mich irgendwo unter >Zurücklassung meines Besitzes zu verstecken ist sicherlich nicht mein Ding!
Wir alle lassen spätestens beim Ableben sehr viel zurück.
>Würden mich Verlierer interessieren, so hätte ich viel Sinnloses zu überlegen!
Mich interessiert, ob und wie wir gemeinsam eine Welt ohne Verlierer bauen
können. Das heisst: ohne Verlierer innerhalb unserer eigenen Art.>Deutschland als zweifacher Kriegsverlierer ist interessanterweise zumindest >bis jetzt immer wieder auf die Beine gekommen, andere haben es trotz besserer >Bedingungen (klimatisch, Bodenschätze, etc.) überhaupt nie geschafft und das >wird sich auch in Zukunft keineswegs ändern.
Deutschland ist wieder hochgekommen, weil die Sieger das so gewollt
haben. Was sich auch daran gezeigt hat, dass nach dem WK2 und der
Teilung NUR das Deutschland hochgekommen ist, wo die Sieger diese
Zielsetzung hatten. Wollte man den heutigen Entwicklungsländern
eine neue Chance und eine neue "Stunde Null" gewähren, ohne die
die nie aus dem Quark kommen, dann brauchen wir nicht in erster Linie
Entwicklungshilfe, sondern eine radikale und totale Streichung aller
alten Schuldenlasten dieser Länder. Und genau das ist eine der
wichtigsten Forderungen von ATTAC.>Als Beispiel führe ich Zimbabwe an, wo nach Enteignung der weißen Farmer die >Schwarzen verhungern, weil sie zu faul und/oder zu dämlich sind, ohne >Anleitung das Land zu bewirtschaften.
Zu Zimbabwe wäre einiges zu sagen. Stattdessen will ich eine Frage
stellen: wer hat und wie in Zimbabwe gelebt, bevor der erste Weisse
dorthin kam ?>Zu deiner Ortsgruppe will und kann ich nichts sagen, da ich sie nicht kenne.
Aber ich erlaube mir noch eine Bemerkung. Die Manifestationen in
Malmö und die in Göteborg sind als grosse Krawalle durch die Medien
gegangen. Von Nyköping hat man nur am Rande gehört, und auch NICHTS
über Chaoten und Ausschreitungen. Das war zu einem ganz wesentlichen
Teil das Verdienst unserer Ortsgruppe.>Nur gebe ich zu bedenken, daß im Sinne machtgeiler Linker (wobei da die andere >Seite auch nicht besser ist, aber eben meinen eigenen Interessen mehr >entgegenkommt) schon genug Leute für deren dubiose Zwecke oder als Feigenblatt >eingespannt wurden, Leute wie du, die vielleicht wirklich ohne eigene >Machtinteresssen Positives bewirken wollten.
Die Machtgeilheit ist tatsächlich kein Problem der Ideologie, sondern
ein menschliches oder sogar biologisches Grundproblem. Machtgeile
kommen wirklich in jeder wie auch immer gearteten ideologischen
Gruppierung vor. Sicher auch bei ATTAC.>Es gibt eben keine erfolgreichen Robin Hoods, dafür aber nicht wenige >verzweifelte Don Quichottes! Das "Mitleiden" mit den Benachteiligten, die es >immer gab und immer geben wird, bringt dich höchstens selbst einige Jahre >früher unter den Rasen - nachhaltig bewirken wirst auch du nichts!
Dieser Pessimismus, der durchaus seine Verankerung in der bisherigen
Geschichte hat, ist leider eine selbsterfülldende Prophezeiung, ganz
so wie Egon Krenz einmal bei einer SED-Versammlung gesagt haben soll:"So war es, so ist es, so wird es sein."
Und gerade weil und solange viele diese Auffassung vertreten, wird
sie weitergelten.>Au revoir!
>Tot ziens
Franke 43
- Re: Dann wollen wir nochmal Descartes 19.4.2002 23:41 (0)