Propheten, mal eine Definition aus biblischer Sicht

Geschrieben von Valanice am 11. April 2002 00:11:50:

Wir haben Badland Wariors Worte zu den Propheten, falschen Propheten und Sehern gelesen, und ich stimme mit ihm in seiner Unterscheidung überein, ein Seher macht keine morlische Wertung, ein Prophet sehr wohl.

Seine Unterscheidung in Prophet und falschen Prophet teile ich hingegen nicht. Meine Unterscheidung läuft nicht an der Grenze: "Bewahrheitet sich seine Behauptung", sondern, "was ist der Inhalt seines Prophetischen Redens".

Das Alte (und auch das Neue) Testament kennt Propheten. Das AT ist voller prophetischer Bücher, sei es Jesaja, sei es Jona.

Das Buch Jona berichtet von einem Propheten, der den Auftrag hat, der Stadt Ninnife den Untergang zu verkünden hat. Nur gezwungenermassen nimmt er ihn an, nachdem er drei Tage in einem Walfischbauch verbringen musste. Die Menschen der Stadt Ninnife tun in Sack und Asche Buße, Gott macht seine Drohung nicht wahr - ist Jona nun ein falscher Prophet?

Der Theologe schüttelt den Kopf, denn Jona bekommt den Auftrag, den Untergang zu verkünden - ohne kehrt um und glaubt. Dennoch tun dies die Leute, und Gott selber macht die Prophezeiung zunichte. Die Bewohner überleben, nicht weil sie sich in besonderer Weise auf den Untergang vorbereiten, Konserverndosen horten, Bunker bauen, oder sich in sichere Gebiet zurückziehen. Sie vertrauen auf Gott - und gewinnen.

Der Prophet selber ist sauer, weil ihm, nach Walfischbauch und zerstörtem Rizinusstrauch, das Erlebnis des Spektakels verwehrt bleibt. Kein falscher Prophet, ein Mensch wie Du und ich. Jona ist Jedermann. Seine Prophetie hat ohne sein persönliche Zutun den Willen Gottes erfüllt - auch wenn sie selber sich nicht erfüllt hat!

Nehmen wir dann also Jesaja, er Musterprophet des AT. Seine Botschaft: "Tröstet, Tröstet mein Volk" Hoffnungsvolle Worte für die Bedrängten, sein Buch das "Trostbuch Israels". Es ist voller Ermahnungen, und doch bleibt es nicht in zukünftiger Vision stecken. Für den Propheten gilt es die aktuelle Zielgruppe zu erreichen, nicht zukünftige, weit entfernte Generationen. Die Botschaft selber hingegen ist Zeitlos - vertraue auf Deinen Gott, der der bestmöglicher aller Götter ist. Keiner ist ihm gleich, keine Alternative denkbar. Geht es Dir gut, dann danke, geht es Dir schlecht, klag' ihm Dein Leid, aber suche Dir keine Alternative. Petrus drückt es im Neuen Testament gegenüber Jesus so aus "Zu wem Herr, sollten wir gehen, Du hast Worte ewigen Lebens".

Auch das NT hat ein prophetisches Buch, die geheime Offenbarung des Johannes, bei der ich mich schon als Kind gefragt habe, wieso sie geheim ist, um dann öffentlich im Gottesdienst vorgelesen zu werden...

Ist diese Offenbarung Zukunftsschau, wird der Prophet an der "Realität" überprüft, ob er richtig oder falsch liegt? Sollte er uns einen SciFi-Roman hinterlassen haben, der 2000 Jahre genasführt hat, weil sie die Zeichen, die er verkündet, in der aktuellen Weltgeschichte gesucht haben? Dieses Buch ist in die Zeit der ersten Christenverfolung hineingeschrieben, und es ruft seinen Gläubigen einfach zu: "Kehrt um und glaubt, es gibt ein Happy End"

Diese Botschaft kommt auch in den modernen Prophetien immer wieder zum Vorschein. Wir wollen schliesslich alle die drei Tage der Finsternis überleben, denn es bricht ein goldenes Zeitalter an, hinterher. Die Propheten sprechen mit keinem Wort(?) über Tränen das Bedauers, geliebte Menschen verloren zu haben - nein, für die Guten wird alles Gut. Und wie Jona liefern sie uns kaum brauchbare Survivaltricks, sondern legen uns in guter alter Tradition auf das Vertrauen auf Gott fest, nehmt geweihte Kerzen, ihr braucht nur einen Brotlaib, schaut nicht hinaus (Neugierde, ich bin Live beim Weltuntergang dabei, ich weide mich am Leid meines Nächsten - Lots Frau nimmt diese Wahrung nicht ernst, und erstarrt zur Salzsäule), das macht diese neuen Propheten für mich so glaubwürdig.

Valanice

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