Bewertungsansatz zu Marienerscheinungen

Geschrieben von Kuddel am 21. Dezember 2005 19:20:29:

Hallo Forum

Kann es sein, dass wir auf dem Holzweg sind, wenn wir aus Marienoffenbarungen Zukünftiges herauslesen wollen?
Dazu habe ich Josef Ratzingers Aufsatz zu den Erscheinungen in Fatima stark gekürzt und versucht, es auf das für uns Wesentliche zu reduzieren.

Original: http://kath.net/detail.php?id=10467


In den Erscheinungen werden keinen großen Geheimnisse enthüllt und der Schleier der Zukunft wird nicht aufgerissen. Wir sehen im Zeitraffer die Kirche der Märtyrer in einer schwer zu verstehenden Symbolsprache ausgedrückt.
In der „öffentlichen Offenbarung“ Jesu und „privaten Offenbarungen“ an die Seherkinder ist nicht nur ein gradueller, sondern ein wesentlicher Unterschied.
Das Wort „öffentliche Offenbarung“ bezeichnet das der ganzen Menschheit zugedachte Offenbarungshandeln Gottes, das seinen Niederschlag in der zweiteiligen Bibel aus Altem und Neuen Testament gefunden hat.
In Christus hat Gott alles, nämlich sich selbst gesagt, und deswegen ist die „öffentliche Offenbarung“ mit der Gestaltwerdung des Christusgeheimnisses im neuen Testament abgeschlossen.
Obwohl die Offenbarung abgeschlossen ist, ist ihr Inhalt nicht vollständig ausgeschöpft; es bleibt Sache des christlichen Glaubens, im Laufe der Jahrhunderte nach und nach ihre ganze Tragweite zu erfassen.
Jesus sagte in seiner Abschiedsrede vor den Jüngern :“Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen.....“.
Hier ist es jetzt möglich die Privatoffenbarungen einzuordnen. Sie sollen die „öffentliche Offenbarung“ nicht vervollkommnen, sondern helfen, tiefer aus ihr zu leben.
Die kirchliche Anerkennung der Privatoffenbarung umfasst 3 Elemente:
- Die Botschaft enthält nichts, was dem Glauben und den guten Sitten entgegensteht.
- Es ist erlaubt sie zu veröffentlichen.
- Die Gläubigen sind autorisiert, ihr in kluger Weise ihre Zustimmung zu schenken.

Der Maßstab und Wert einer Privatoffenbarung ist demgemäß ihre Hinordnung auf Christus selbst.

Die christlicher Anthropologie unterscheidet 3 Arten des „Schauens“:
- Das Schauen mit den Sinnen, also die äußere körperliche Wahrnehmung
- Das Wahrnehmen von innen her
- Die geistige Anschauung

Bei den Privatoffenbarungen geht es nicht um die körperliche Schau und auch nicht um die bildlose Intellektuelle Schau der hohen mystischen Stufen.
In der Schau von innen bedeutet, dass die Seele vom Impuls realer, wenngleich übersinnlicher Wirklichkeit berührt und für das Sehen des Nichtsinnlichen geöffnet wird. Gerade Kinder öffnen sich eher dieser übersinnlichen Wirklichkeit. Die innere Schau ist eine wirkliche und eigentliche Weise der Wahrnehmung, aber sie bringt auch Einschränkungen mit sich. Wir sehen schon in der körperlichen Schau nie das reine Objekt, sondern wir sehen es durch den Filter unserer Sinne. Das ist bei der Schau von innen noch deutlicher, vor allem dann, wenn es sich um Wirklichkeiten handelt, die an sich unseren Horizont überschreiten. Das Bild kann also nur nach den Maßen und Möglichkeiten des Schauenden ankommen. Deswegen sind solche Schauungen nie eine reine Fotografie.
Die Bildsprache der Schauungen von Fatima ist Symbolsprache:


In Botschaften von Fatima wird ein Weg der Rettung aufgezeigt:
Die Verehrung das unbefleckten Herz Mariens und die Nachfolge Christi.
In den Botschaften wird den Seherkindern das Gesehene, aber nicht die Auslegung gezeigt.
Die Auslegung kommt nicht den Seherkindern, sondern der Kirche zu.
In dem Ruf nach Buße werden wir in den Botschaften an den Anfang des Evangeliums versetzt (Johannes der Täufer).
Angelehnt an die geheime Offenbarung, stellt der Engel mit dem Flammenschwert die Gerichtsdrohung dar, unter der die ganze Welt steht.
Damit wird der Moment der Freiheit des Menschen determiniert.
Die Zukunft ist keineswegs unabänderlich determiniert und das gesehene Bild ist keineswegs ein Film zukünftigen Geschehens.........(es folgt die Auswertung der geschauten Bilder in ihrem symbolischen Charakter, oder als Übersetzung übernatürlicher Dinge mit den Maßstäben des Sehers).

Bei Interesse sollte man unbedingt den Originaltext Ratzingers in Ruhe mehrfach lesen.
Ich denke, auf Grund dieses Textes können wir sämtliche Botschaften aus dem christlichen Bereich bewerten.
Besonders bedenklich sind die jüngeren Botschaften von Sehern aus dem amerikanischen Bereich, die immer wieder spektakulär den Schleier der Zukunft heben wollen und damit auch immer wieder Bruchlandung erleiden. Auch bei den alten Botschaften von Fatima, La Salette und Garabandal sollten wir unser Augenmerk auf die innere Bedeutung legen. Besonders deutlich wird dies bei den unspektakulären Botschaften von Medugorje, wo Maria immer wieder zu Gebet und Fasten ermuntert.

Sicherlich müssen wir für Schauungen aus dem nichtkirchlichen Bereich andere Maßstäbe anlegen, aber das ist nicht Gegenstand dieser Betrachtung.



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