Das ist seit langem gängige sowjetische Militärstrategie
Geschrieben von another am 04. Mai 2005 18:58:23:
Als Antwort auf: USA überlegen präemptiven Atomschlag gegen Massenvernichtungswaffen geschrieben von IT Oma am 04. Mai 2005 11:59:03:
Immer wieder regt man sich über die bösen Amerikaner auf, weil über die bösen Amerikaner ja auch so viel Böses in unseren Medien berichtet wird, dass aber ein solches Vorgehen schon seit jeher ganz selbstverständlicher Teil der sowjetischen Militärstrategie ist, bleibt unerwähnt. Dabei wäre der Vergleich zwingend notwendig um den militärischen Gesamtzusammenhang herzustellen und den Leser folglich objektiv zu informieren.
Die sowjetische Militärstrategie schreibt über den Einsatz taktischer Kernwaffen auf dem Gefechtsfeld:
"'Mangelhafte Informationen über die Lage entbinden einen militärischen Führer nicht von seiner Pflicht, rechtzeitig einen Entschluss zu fassen. Sich zu nichts oder zu spät zu entscheiden, muss negativ beurteilt werden. Es ist nicht der zu tadeln, der unter schwierigen Umständen möglicherweise einen falschen Entschluss gefasst hat, sondern der, der sich aus Furcht vor der Verantwortung nicht zu entscheiden vermag und damit die Truppe unter Umständen in eine schwierige Lage bringt. Die Erfüllung seines Auftrages kann damit in Frage gestellt werden... Diese grundlegende These wird dem Charakter der Operationen in einem Nuklearkrieg, in dem kühne Entschlüsse notwendig sein werden, voll gerecht.'
Vorausplanungen unter Berücksichtigung unterbrochener kommunikativer Verbindungen sind Planungen für den Krisenfall (worst case). Das Problem dieser Vorausplanungen wird auch deutlich, wenn man taktische Präventivaktionen berücksichtigt. Dieses Vorgreifen wird von den Sowjets gefordert, um den NATO-Streitkräften die Möglichkeit eines Ersteinsatzes von Nuklearwaffen zu nehmen.
'Eine der entscheidenden Voraussetzungen für erfolgreiche Operationen ist es, dem Gegner mit der Führung von Nuklearschlägen vorzugreifen.
Im militärischen Entscheidungsprozess kann man sich nicht von dem Grundsatz >besser spät als gar nicht< leiten lassen. Vorhersagen militärischer Entwicklungen, besonders wenn man die Möglichkeit eines nuklearen Krieges mit Flugkörpern in Betracht zieht, sollten den Grundsatz >je eher desto besser< berücksichtigen.'
Diese Zitate lassen erkennen, dass die gesamte Militärliteratur der Sowjets jedem Gedanken an einen begrenzten Nuklearkrieg auf einen bestimmten Kriegsschauplatz nachdrücklich widerspricht. Darüber hinaus sehen sie jeden lokal begrenzten Einsatz von Nuklearwaffen, wie er in der entsprechenden Literatur des Westens diskutiert wird, als bedeutungslos an. Weiterhin gehen die Vorstellungen der Sowjets davon aus, dass der Einsatz von Nuklearwaffen in ausreichenden Mengen zu erfolgen hat, um die angestrebten Wirkungen zu erzielen." (Quelle: Sowjetische Militärstrategie in Europa S.189)Bei den Sowjets wird über den Einsatz von Atomwaffen auf dem Gefechtsfeld ausschliesslich nach dem militärischen Nutzen entschieden, Kollateralschäden sind vernachlässigbar:
"Nehmen wir an, ein Kommandeur hat im Laufe eines Angriffs von der Aufklärung die Meldung über ein Startgerät des Feindes erhalten. Dieses Gerät ist in Stellung gebracht worden und kann innerhalb von 18 Minuten einen Nuklearkörper starten.
Nehmen wir weiter an, dieses Feindgerät soll durch das Feuer unserer Artilleriebataillone vernichtet werden. Die befinden sich jedoch auf dem Marsch und können das Feuer erst in 20 Minuten eröffnen.
Das Feindziel kann auch durch den Angriff mehrerer Jagdbomber vernichtet werden. Nach dem Bereitschaftsstand und der Lage der Absprunghäfen können sie das Ziel aber erst in 20 Minuten angreifen.
Das Feindziel kann ausserdem durch den Abschuss eines Flugkörpers mit einem Sprengkopf von hoher Sprengwirkung vernichtet werden. Es sei angenommen, dass dies in 16 Minuten der Fall sein könnte. Die Vernichtung des Feindzieles ist jedoch auch mit einem Sprengkopf von geringerer Sprengkraft möglich, für dessen Bereitstellung jedoch 27 Minuten nötig sein. Schliesslich sei angenommen, dass eine Spezialeinheit eine Stunde benötigt, um das Feindgerät zu vernichten, der Einsatz von Fallschirmjägern sogar zwei Stunden erfordern würde.
Nehmen wir an, der Kommandeur hat im Augenblick keine anderen Truppen und Waffen, um das Startgerät des Gegners zu zerstören.
Der Entschluss des Kommandeurs, das feindliche Startgerät durch den Einsatz eines Sprengkopfes mit hoher Sprengkraft zu vernichten, ist zwar unwirtschaftlich, jedoch die zweckmässigste Lösung des Problems. Der Flugkörper des Gegners kann vor seinem Einsatz eben nur durch diesen Nuklearschlag vernichtet werden, wenn sein Sprengkopf auch einen unverhältnismässig hohen Detonationswert hat." (Quelle: Sowjetische Militärstrategie in Europa S.143)Themen, die im Westen grösste Entrüstung auslösen, sind im Osten ganz selbstverständlich. Ausserdem reicht die Diskussion über einen punktuellen Kernwaffeneinsatz durch die USA schon aus, um eine regelrechte Hysterie in der Bevölkerung auszulösen. Die Sowjets hingegen würden im Ernstfall einen punktuellen Einsatz erst gar nicht in Erwägung ziehen, sondern mit allem draufhauen was zur Verfügung steht. Aus militärischen Planungen geht hervor, dass die Sowjets allein im süddeutschen Raum etwa 175 Kernwaffenschläge vorgesehen hatten - allein um damit den Vormarsch ihrer Panzerarmeen vorzubereiten!
Also was regt ihr euch auf, das ist international gängige militärische Praxis?!
- Re: Das ist seit langem gängige sowjetische Militärstrategie IT Oma 04.5.2005 20:25 (2)
- Re: Das ist seit langem gängige sowjetische Militärstrategie karlbauknecht 05.5.2005 09:39 (0)
- Re: Das ist seit langem gängige sowjetische Militärstrategie another 04.5.2005 21:40 (0)