Re: @Noch gilt die Haager Landkriegsordnung....

Geschrieben von Swissman am 05. Februar 2005 00:48:52:

Als Antwort auf: Re: @Noch gilt die Haager Landkriegsordnung.... geschrieben von Der Berliner am 03. Februar 2005 10:07:41:

Hallo Berliner,

>....welche von allen Kombattanten des WKII unterschrieben wurde, und nach der ist nicht nur Mord an Zivilisten generell und an Soldaten außerhalb von Kampfhandlungen (also z.B. durch Verhungernlassen auf Rheinwiesen), sondern auch Landraub, Diebstahl etc. grundsätzlich verboten - wobei für Sieger und Besiegte gleiche Pflichten und Rechte gelten.

Absolut richtig. Insbesondere war es auch schon in den Vierzigerjahren des letzten Jahrhunderts völkerrechtlich strengstens verboten, mittels "fliegender Einsatzgruppen"* einen "Bombenholocaust"* an der Zivilbevölkerung zu verüben (das waren gleich zwei Verstösse gegen die "Political Correctness" in einem einzigen Satz - ein Geschenk für unseren Spanienkämpfer *g*).

Was mich an Abulafia's Ansichten besonders entsetzt, ist die Tatsache, dass er offenbar durchaus nicht in der Lage ist, einen Unterschied zwischen der Abtretung eines Gebietes durch den einen und die folgende Annexion durch einen anderen Staat (was tatsächlich eine im Anschluss an einen Waffengang oftmals eine übliche, völkerrechtlich akzeptierte Vorgehensweise darstellt) einerseits, und der Vertreibung und/oder physischen Vernichtung der Bevölkerung des umstrittenen Gebietes andererseits zu machen. Letzteres war völkerrechtlich selbstverständlich niemals und nirgends zulässig.

Anders als dies Abulafia offenbar zu glauben scheint, wurde Ostdeutschland niemals völkerrechtlich gültig abgetreten oder annektiert: In Jalta und Potsdam war ausdrücklich nur von einer "provisorischen Verwaltung" dieser Gebiete durch Polen und die UdSSR die Rede. Eine abschliessende Regelung sollte zu einem zeitlich (leider) nicht näher festgelegten Zeitpunkt in der Zukunft, im Rahmen eines dazumals auszuhandelnden Friedensvertrages getroffen werden. - Da es bis heute keinen Friedensvertrag gibt, steht auch die damit verknüpfte abschliessende Regelung der ostdeutschen Frage noch aus.

Auch nach den Kriterien von Jalta und Potsdam illegal ist übrigens die Besetzung von Stettin, Swinemünde und Umland: In den genannten Vereinbarungen war espressis verbis von einer Oder/Neisse-Linie die Rede, Stettin und Swinemünde befinden sich jedoch auf dem Westufer der Oder. Zudem gibt es, völkerrechtlich gesehen, auch keine Rechtsgrundlage für die Besetzug des staatsrechtlich formal unabhängigen Freistaates Danzig.

Der deutsch-polnische Vertrag, von dem gemeinhin geglaubt und für wahr gehalten wird, dass er die Anerkennung der Oder/Neisse-Linie und die endgültige Abtretung Ostdeutschlands seitens der BRD beinhalte, besagt tatsächlich gar nichts dergleichen: Vielmehr wird darin nochmals festgehalten, dass die BRD völkerrechtlich zu einer solchen Entscheidung gar nicht befugt sei, u. a. auch weil die betroffenen Gebiete niemals zum Geltungsbereich des Grundgesetzes gehört hatten. - Tatsächlich beschlossen wurde indessen, dass die beiden Regierungen dieses Thema in der Öffentlichkeit nicht mehr ansprechen und daneben ihre Beziehungen normalisieren wollten. Das war im Prinzip auch schon alles, was darin steht.

>Alles andere hat man Dir per Gehirnwäsche eingeredet - wie den meisten Deutschen.

Dieser Diagnose kann ich mich nur anschliessen.

mfG,

Swissman

* alle Zitate aus dem historischen Standardwerk "Der Brand", Jörg Friedrich, ISBN: 3548604323


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