Re: Analyse: Der Irak nach den Wahlen
Geschrieben von Swissman am 01. Februar 2005 02:57:04:
Als Antwort auf: Re: Analyse: Der Irak nach den Wahlen geschrieben von JoeKaiser am 31. Januar 2005 14:17:35:
Hallo JoeKaiser,
>Wer hat Vorteile vom Auseinanderbrechen des Irak:
>-Schiiten bekomen einen eigenen Staat, der Iran hätte enormen Zuwachs an Macht, abe rdie irakischen Schiiten wären ni eso blöd all die schönen und bequemen Ministersessel aufzugeben und sich dem Iran anzuschließen. Vorraussetzung dazu wäre aber ein Kompromiß des Iran mit dem USA.Eine solche Entwicklung hätte faktisch die schiitische, d. h. iranische, Vorherrschaft über den gesamten Persischen Golf zur Folge. Dies widerspräche den Interessen der USA, und auch Saudi Arabien, Kuwait und die anderen Ölemirate wären hierüber, vorsichtig ausgedrückt, alles andere als begeistert. Dabei gilt es auch zu bedenken, dass die Provinz al-Hasa, in der der Grossteil der saudischen Erdölproduktion stattfindet, über eine deutliche schiitische Bevölkerungsmehrheit verfügt. In Kuwait und den anderen Golfstaaten verfügen sie zumindest über eine starke Minderheit.
Militärisch sind diese Staaten zwar allesamt keinen Schuss Pulver wert, mittels finanzieller Unterstützung des irakischen Untergrundes könnten sie dennoch für erhebliche zusätzliche Probleme sorgen...
Ich gebe allerdings zu, dass diese Option aus iranischer Sicht, trotz der enormen damit einhergehenden Risiken, verlockend sein könnte - dazu später mehr (ein entsprechender Text befindet sich in der Pipeline).
>-Türkei bekommt nordirakisches Protektorat mit all den Kurden, mit deren Kontrolle ist eine Revolte der türkischen Kurden logistisch nicht machbar.Dies könnte Syrien nicht ohne weitere Konsequenzen tolerieren: Die Türkei ist bekanntlich mit Israel gegen den gemeinsamen Kontrahenten Syrien im Bunde. Über Druckmittel verfügt Syrien in diesem Falle durchaus: Zum einen hat auch Syrien einen Anteil an Kurdistan, und unterstützte die PKK schon in der Vergangenheit logistisch und nachrichtendienstlich. - Es würde sich aus syrischer Sicht anbieten, diese Kooperation zu intensivieren.
Andererseits erfüllt Syrien im Libanon die Aufgabe einer Ordnungsmacht: Es ist ein offenes Geheimnis, dass der Nachschub der Hisbollah über Syrien erfolgt, und dass die Hisbollah keine grösseren Aktionen durchführen darf, die nicht zuvor in Damaskus genehmigt worden sind. - Zweifellos würde die Genehmigungspraxis grosszügiger gehandhabt, und der Nachschub würde reibungsloser rollen als bisher.
Denkbar wäre etwa die Lieferung von Raketen mit grösserer Reichweite, als die Katjuschas, über die man bei der Hisbollah derzeit verfügt. Zudem würde ich die Genehmigung zur Infiltration von Hisbollah-Kommandos auf dem Seeweg für denkbar halten.
Kurden sind eh die politischen Looser und Bauernopfer.Das war immer so, und wird sich wohl auch nicht so bald ändern...
>- Sunniten behalten einen Rumpf-Irak und spielen keine gefährliche Rolle mehr. Angesichts all der künstlichen Grenzen (nach WW1 von england/Frankreich gezogen) würdne sich die anderen arabischen staaten seht gut überlegen die eigene Existenz mit einer Revolte in Gefahr zu bringen.Das Ergebnis wäre mutmasslich ein neues Afghanistan: Die Idee einer Theokratie stösst bei den irakischen Sunniten auf grosse Zustimmung - es ist nicht auszuschliessen, dass dieses Konzept sogar mehrheitsfähig sein könnte. Al Kaida und ähnlich gelagerte Gruppierungen würden hier über einen neuen Ruhe- und Rückzugsraum verfügen. - Dass die USA, oder auch der Iran, der ja ebenfalls auf der Abschussliste der Wahhabiten steht, dies dulden würden, halte ich für höchst unwahrscheinlich.
Nebenbei bemerkt gibt es im sunnitischen Dreieck so gut wie kein Öl. - Es ist daher absehbar, dass diese Gegend zum Armenhaus degeneriert, was den Terror-Predigern die Rekrutierung nochmals zusätzlich erleichtern würde.
mfG,
Swissman
- Re: Analyse: Der Irak nach den Wahlen JoeKaiser 01.2.2005 13:33 (0)