Re: Analyse: Der Irak nach den Wahlen
Geschrieben von JoeKaiser am 01. Februar 2005 13:33:24:
Als Antwort auf: Re: Analyse: Der Irak nach den Wahlen geschrieben von Swissman am 01. Februar 2005 02:57:04:
>Hallo JoeKaiser,
>>Wer hat Vorteile vom Auseinanderbrechen des Irak:
>>-Schiiten bekomen einen eigenen Staat, der Iran hätte enormen Zuwachs an Macht, abe rdie irakischen Schiiten wären ni eso blöd all die schönen und bequemen Ministersessel aufzugeben und sich dem Iran anzuschließen. Vorraussetzung dazu wäre aber ein Kompromiß des Iran mit dem USA.
>Eine solche Entwicklung hätte faktisch die schiitische, d. h. iranische, Vorherrschaft über den gesamten Persischen Golf zur Folge. Dies widerspräche den Interessen der USA, und auch Saudi Arabien, Kuwait und die anderen Ölemirate wären hierüber, vorsichtig ausgedrückt, alles andere als begeistert. Dabei gilt es auch zu bedenken, dass die Provinz al-Hasa, in der der Grossteil der saudischen Erdölproduktion stattfindet, über eine deutliche schiitische Bevölkerungsmehrheit verfügt. In Kuwait und den anderen Golfstaaten verfügen sie zumindest über eine starke Minderheit.
>Militärisch sind diese Staaten zwar allesamt keinen Schuss Pulver wert, mittels finanzieller Unterstützung des irakischen Untergrundes könnten sie dennoch für erhebliche zusätzliche Probleme sorgen...
>Ich gebe allerdings zu, dass diese Option aus iranischer Sicht, trotz der enormen damit einhergehenden Risiken, verlockend sein könnte - dazu später mehr (ein entsprechender Text befindet sich in der Pipeline).Eine iranische Kontrolle des Öl mit einer US-freundlichen Regierung kommt mir allerdings sehr bekannt vor. Ausderdem würde ziemlich sicher keine shiitischer sheik zugunsten des entfernten Teheran auf seinen eigenen Wüstenstaat verzichten wollen. Man kann die Öleinnahmen wunderbar mit der eigenen sippschaft verprassen als das Geld nach Teheran fließen zu lassen.
>
>-Türkei bekommt nordirakisches Protektorat mit all den Kurden, mit deren Kontrolle ist eine Revolte der türkischen Kurden logistisch nicht machbar.
>Dies könnte Syrien nicht ohne weitere Konsequenzen tolerieren: Die Türkei ist bekanntlich mit Israel gegen den gemeinsamen Kontrahenten Syrien im Bunde. Über Druckmittel verfügt Syrien in diesem Falle durchaus: Zum einen hat auch Syrien einen Anteil an Kurdistan, und unterstützte die PKK schon in der Vergangenheit logistisch und nachrichtendienstlich. - Es würde sich aus syrischer Sicht anbieten, diese Kooperation zu intensivieren.
>Andererseits erfüllt Syrien im Libanon die Aufgabe einer Ordnungsmacht: Es ist ein offenes Geheimnis, dass der Nachschub der Hisbollah über Syrien erfolgt, und dass die Hisbollah keine grösseren Aktionen durchführen darf, die nicht zuvor in Damaskus genehmigt worden sind. - Zweifellos würde die Genehmigungspraxis grosszügiger gehandhabt, und der Nachschub würde reibungsloser rollen als bisher.
>Denkbar wäre etwa die Lieferung von Raketen mit grösserer Reichweite, als die Katjuschas, über die man bei der Hisbollah derzeit verfügt. Zudem würde ich die Genehmigung zur Infiltration von Hisbollah-Kommandos auf dem Seeweg für denkbar halten.Ohne das türkisch-kurdische Wasser ist Syrien am verdursten, die Türken haben damit im Wüstenstatt Syrien eins der besten Druckmittel überhaupt.
>Kurden sind eh die politischen Looser und Bauernopfer.
>Das war immer so, und wird sich wohl auch nicht so bald ändern...
>>- Sunniten behalten einen Rumpf-Irak und spielen keine gefährliche Rolle mehr. Angesichts all der künstlichen Grenzen (nach WW1 von england/Frankreich gezogen) würdne sich die anderen arabischen staaten seht gut überlegen die eigene Existenz mit einer Revolte in Gefahr zu bringen.
>Das Ergebnis wäre mutmasslich ein neues Afghanistan: Die Idee einer Theokratie stösst bei den irakischen Sunniten auf grosse Zustimmung - es ist nicht auszuschliessen, dass dieses Konzept sogar mehrheitsfähig sein könnte. Al Kaida und ähnlich gelagerte Gruppierungen würden hier über einen neuen Ruhe- und Rückzugsraum verfügen. - Dass die USA, oder auch der Iran, der ja ebenfalls auf der Abschussliste der Wahhabiten steht, dies dulden würden, halte ich für höchst unwahrscheinlich.In Afghanistan hält sich die dortige Regierung nur aufgrund massiver westlicher Wirtschfats- und Militärhilfe. Das wird mit dem Irak genauso werden, also lieber neue und natürliche Grenzen ziehen als im Treibsand auf Jahrzehnte gebunden zu werden. D.h. ein Kompromiß mit dme Iran würde auf einen Schlag 80% der US-Probleme mi mittleren Osten lösen, Iran hätte wirtschaftlich und militärisch einen großen Zugewinn, ebenso die Türkei und die Araber würden ohne Verbündete dastehen (abgesehen von vielleicht China und Russland)
>Nebenbei bemerkt gibt es im sunnitischen Dreieck so gut wie kein Öl. - Es ist daher absehbar, dass diese Gegend zum Armenhaus degeneriert, was den Terror-Predigern die Rekrutierung nochmals zusätzlich erleichtern würde.
Wäre mir neu das sich die USA um wirtschaftliche Aspekte zur langfristigen Verhinderung von Terror bemühen. Eigentlich hauen sie erstmal nur drauf und installieren ein Diktator der für Ruhe sorgt, aber wenn die lokale Bevölkerung sich gegen die USA verbünden bleibt nur eine militärische Besetzung was langfristig nicht durchzuhalten ist. Deswegen wird man früher oder später der Realität Tribut zollen, Irak ist ein künstliches Gebilde, entweder zerfällts oder sie errichten ein Muster an multikultureller und toleranter Ordnung, daran kann ich aber bei all den offenen Rechnungen nicht so recht glauben, die Shiiten haben ihre Halbzeit noch nicht gespielt.
NE, die US-Karre ist weit im Dreck, ohne neuer Verbündeter (Iran mit dme Shah hatte diese Rolle) ist in Nah/-Mittelost kein Land zu gewinnen. Die USA haben abgesehen von Ägypten mit den Arabern sehr schlechte Erfahrungen gemacht nach 1979.
Gruß, Joe
>mfG,
>Swissman