Re: Wiederwahl Bush's / Gedanken zu RKK und Freikirchen

Geschrieben von Johannes am 04. November 2004 13:39:42:

Als Antwort auf: Re: Wiederwahl Bush's geschrieben von Bonnie am 04. November 2004 09:29:09:

> man muß sich der Tatsache stellen, daß Bush offenbar einen breiten Zuspruch
> findet. Auf der Suche nach dem Warum sind mir die "wiedergeborenen Christen"
> über den Weg gelaufen. Wenn man sich in die Thematik vertieft und überlegt,
> daß diese Bewegung anscheinend immer mehr Zulauf findet und da alles aus den
> USA bald nach Europa überschwappt, denke ich, haben wir eine Erklärung für
> die Unruhen / Christenverfolgungen (es scheint sich ja um eine Verfolgung
> der KATHOLISCHEN Kirche zu handeln), die prophezeit wurden.


Hallo Bonnie,

ein wenig unsachlich war der Artikel schon geschrieben, aber dennoch ganz interessant. Da die Hauptperson des Artikel Ulf Ekman ist, stellt sich übrigens weniger die Frage des Überschwappens aus den USA, denn Ulf Ekman ist Schwede, also bereits hier.

Damit erklärt sich die Christenverfolgung meiner Ansicht nach übrigens nicht, denn ich sehe das Problem von einer anderen Seite.

Schau Dir das 3. Reich an. So unverständlich das heute ist (und fast jede Verwandtschaft soll aus Widerständlern bestanden haben...), so war doch die Begeisterung für Hitler da, und auch auf die Frage "Wollt Ihr den totalen Krieg?" gab es ein klares JA. Kaum nachvollziehbar, aber es war bei vielen so.

Daraus kann man aber genauso wenig auf DIE Deutschen schließen wie auf DIE wiedergeborenen Christen, denen man alle Schandtaten zutrauen können. Das Problem ist ein anderes. Seit "68" werden wir in Deutschland auf den Abbau von traditionellen Werten getrimmt, insbesondere die Familie mit ihrem natürlichen Zusammenhalt wird ausgehöhlt. Parellel dazu wird die Idee der Nationalstaaten angegriffen, viel wichtiger sei die Globalisierung. Alles müsse grenzenlos möglich sein, und hier sind sich Linke ("kein Mensch ist illegal") und Firmen, die global expandieren wollen und billige Arbeitskräfte suchen, durchaus in Teilbereichen einig.

Was wirklich stört, sind diejenigen, die traditionellen Werten verhaftet sind, die den Zusammenhalt stärken. Denn die könnten auf die Idee kommen, die Gedanken der Globalisierer zu sehr zu hinterfragen, wie sie sich für sie auswirken werden.

Ich sage nicht, daß das gezielt gemacht wird, aber die Entwicklung der Technik geht genau in die Richtung, daß immer mehr Überwachung und Kontrolle möglich wird. Und was einmal möglich ist, das wird auch genutzt werden. Und wer ohne Halt ist, den z.B. eine starke Familie bietet, der wird dieser Entwicklung auch weniger entgegensetzen können.

Was bleibt, das ist, sich in Bedarfsgemeinschaften zu organisieren, also Gewerkschaften hier, Arbeitslose da, Hartz IV Betroffene dort - und die kann man leichter gegeneinander ausspielen, weil die keinen natürlichen Zusammenhalt haben, sondern nur die eigenen Interessen verfolgen, und die gehen für jeden vor. Müssen sie ja auch, denn sonst gehen sie unter, die bisherigen Strukturen fehlen ja immer mehr.

Und dies ist Ergebnis "linker" Politik genauso wie von Globalisierung. Dem gegenüber steht konservative Politik (bewahrend, Werte vermittelnd, Familie), die aber im allgemeinen nur verzerrt dargestellt bzw. als "rechts" gebrandmarkt wird, indem man sie geschickt mit rechtsaußen in einen Topf wird.

Insgesamt sehe ich das inzwischen als Selbstläufer, auch wenn es gezielt angestoßen wurde und genutzt wird. Was die Entwicklung stört, das sind die Bewahrenden, die Halt bieten, anstatt sich vom Strom der Zeit mitreißen zu lassen. Und hier wird insbesondere die kath. Kirche betroffen sein, denn im Gegensatz zu den vielen kleinen Kirchen kann sie nicht so leicht umgestoßen werden, obwohl es intensiv versucht wird, indem sich jeder Gläubige seinen Glauben (und damit Gott) selbst basteln soll, statt nach der einen, vorgegebenen Wahrheit zu fragen.

Hat (hätte) man das erstmal in viele Wahrheiten und somit Gruppen/Kirchen aufgespalten, so wären sie viel schwächer. Die RKK muß also entweder übernommen oder vernichtet werden - beides mit schlimmen Folgen für die Mitglieder. Ähnliche Probleme werden Juden haben, denn die haben einen zu starken Zusammenhalt untereinander, die (aus Sicht der Entwicklung) gebrochen werden muß, also grenzt sie aus, DIE sind an allem Schuld... Danach aber auch starke Freikirchen genauso wie einige Moslems.

Ich sehe dies also nicht speziell an eine Kirche gebunden. Sondern diejenigen werden verfolgt werden, die einen starken Zusammenhalt haben, der über allgemeine menschlich/wirtschaftliche Interessen hinausgeht. Einzelinteressen kann man gegeneinander ausspielen, während der größere Zusammenhalt (aufgrund von Familie oder Glauben) eher eine Gefahr darstellt.

Zu den Freikirchen: Ich kenne mich ganz gut im charismatischen Spektrum aus und sehe da zwei Probleme. Das eine Problem ist, daß einige sich (den Menschen) zu sehr im Mittelpunkt stehen. Sie erkennen durchaus richtig, daß Gott das Gute für uns möchte, aber verschieben dabei den Schwerpunkt von Ihm zu sich. Und so sind viele Prophezeiungen aus diesen Kreisen Wunschvorstellungen, was der von Dir verlinkte Artikel durchaus richtig aufgreift, wenn er schreibt "Uppsala wird zu einem Zentrum, von dem Missionare ausströmet ja nicht schlecht, der Gedanke zu Uppsala. Es sollte dazu werden, aber wird es das auch? Dazu ist es wichtig, den Glauben nicht über uns zu definieren und somit den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, sondern den Glauben über Gott zu definieren. Er kommt von Ihm und nicht wir sind das Zentrum, sondern Er. Das wird in der Praxis leicht vergessen, auch wenn die Ideen dabei noch so verständlich sind.

Das andere Grundproblem vieler Freikirchen sehe ich darin, daß die Gläubigen sich durch ihre (wahren!) Erkenntnisse zu leicht über andere Gläubige erheben und die Fehler bei anderen sehen, statt sich auf die gemeinsame Basis zu besinnen. Es gibt also teilweise einen gewissen Kampf untereinander, statt sich rein von oben leiten zu lassen.

Die kath. Kirche steht da weitgehend außen vor. Sie ist groß und stark genug, um sich nicht auf Grabenkämpfe einzulassen - aber gerade deshalb wird sie gern angegriffen. Die anderen sind oft mit sich selbst beschäftigt, da reicht ein eher kleiner Anstoß und sie sind weg, während der Kampf gegen die, die eine festere Basis haben, schwerer ist und deshalb einmal Verfolgung bedeuten wird.

Mein Fazit: ich sehe darin nicht eine Schwäche der freikirchlichen Ideen an sich. Die sind durchaus richtig, da die Bibel im Mittelpunkt anstatt teils menschlicher Werte und Vorstellungen, die sich in die RKK eingeschlichen haben. Aber leider geht es vielen Freikirchen wie anderen Gruppen, und so sind sie teilweise zu sehr mit sich selbst beschäftigt, statt wirklich auf das zu achten, was ER zu sagen hat.

Das ist übrigens auch der Grund dafür, warum ich mich aus den Diskussionen, welche Kirche richtiger sei, meist raushalte. Natürlich habe ich meine Ansichten und fühle mich in meiner Kirche damit recht wohl. Ich mache auch kein Geheimnis aus meiner Kirche, wenn mich jemand direkt fragt - viel wichtiger ist aber die Grundlage (Bibel, Gott), nicht die mehr oder weniger menschlichen Detailfragen, um die oft gestritten wird. Und so sehe ich es durchaus als Kompliment, wenn ich für katholisch gehalten werde, obwohl ich dort nicht Mitglied bin. Denn ich weiß, daß wir zusammengehören, auch wenn wir in unterschiedlichen Vereinen organisiert sind. Ich gehöre zu meiner Kirche, aber ich könnte auch in einer anderen sein.

Okay, daß mal als kleiner (?) gedanklicher Ausflug zu Deinem Beitrag über Freikirchen. Insgesamt sollten wir weniger darauf achten, was die einzelnen Gruppen spezielles tun oder voneinander unterscheidet. Wichtiger erscheint mir, die große Linie hinter der Entwicklung zu sehen, und da geht es um die Zerschlagung der Strukturen, die einen tieferen Halt geben, als dies sonstige Interessenvereinigungen tun können. Und eben weil sie das können, werden sie ja angegriffen. Das sollten wir erkennen und beachten.

Gruß

Johannes

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