Re: DAS war aeusserst unklug! (1)
Geschrieben von JeFra am 01. November 2004 20:18:27:
Als Antwort auf: Re: DAS war aeusserst unklug! (1) geschrieben von detlef am 29. Oktober 2004 17:38:14:
da sie sich auf den "verriss" beziehen, schliesse ich, dass sie nichts von velikovsky gelesen haben.
Doch, ich besitze «Vom Exodus zu König Echnaton» und habe es sogar gelesen. Es enthält keine derart krassen Stellen wie die in dem obigen Verriß zitierten, kann aber letztlich doch nicht überzeugen .Ich gebe zu, daß ich kein weiteres Buch von Velikovski habe. So, wie ich nur ein Buch aus der Feder von Manfred Dimde habe. In beiden Fällen reicht mir dieses eine Buch. Wobei freilich das Buch, auf das sich der von mir zitierte Verriß bezieht, wahrscheinlich zum Krummlachen ist, wenn Passagen wie «rain of cosmic [!] flies, ants, and other critters» «The ability of many small insects... and to live in an atmosphere devoid of oxygen...» «Pull, torsion, and displacement were responsible for mountain building, too.» [thinks mars & venus pulled mountains up] «If the petroleum that poured down...» «The fact that methane has been discovered on Jupiter- the only known constituents of its atmosphere are the poisonous gases methane and ammonia - makes it rather probable that it has petroleum.» «Venus - and therefore Jupiter - is populated by vermin; this organic life can be the source of petroleum.» nicht vollkommen falsch zitiert sind.
Meiner Meinung nach geht es Velikovski um eine ganze Reihe von Dingen, die dem gläubigen (oder auch nur nationalbewußten) Juden am modernen Gechitsbild nicht passen: a) Sind die Juden erst spät in der Geschichte des Nahen Ostens nachweisbar, zu einer Zeit, wo schon mehrere andere Völker (Sumerer, Kassiten, Amoriter, Hethiter, Hurriter, Midianiter) Aufstieg und Fall ihrer Reiche hinter sich hatten. b) Die in Exodus 47ff beschriebene Politik Josephs (erst das Anlegen der Lebensmittelvorräte in Ägypten zentralisieren, die ägyptischen Bauern durch die erhöhte Abgabe an der Bildung eigener Vorräte hindern und sie dann zwingen, sich in die Leibeigenschaft zu verkaufen, um nicht zu verhungern) wird von modernen, unvoreingenommenen Menschen als verbrecherisch empfunden und die Juden werden mit dem Verbrecher-Volk der Hyksos identifiziert, daß in der Geschichte der Ägypter eine besonders üble Rolle gespielt hat. In der Tat würden die in Exodus 47ff am ehesten in die Hyksos-Zeit passen, zumal eine entsprechende Veränderung der Eigentumsverhältnisse für den Übergang Mittleres Reich - Neues Reich anscheinend nachweisbar ist. c) Desgleichen werden die Massaker bei der Landnahme in Kanaan als Verbrechen empfunden, wie sie selbst von den schlimmsten Assyer-Königen nicht in dieser Regelmäßigkeit verübt worden.
Velikovski versucht diese Probleme zu lösen, indem er die Zeit der Hyksos-Herrschaft mit der Richterzeit identifiziert, also in die Zeit nach dem Exodus verlegt. Dabei identifiziert er die Hyksos mit den von den Juden ausgerotteten Amalekitern. In demselben Aufwasch erledigt er c), indem er die Kanaaniter und Philister als Hilfsvölker und Verbündete der Hyksos=Amalekiter diffamiert. Schließlich löst sein Ansatz auch das Problem a), denn er hält weitgehend an den biblischen Zeitmaßstäben fest. Es versteht sich von selbst, daß keines der von Veliksovski «gelösten» Probleme auf einem logischen Widerspruch in der gängigen Geschichtsschreibung beruht, sondern es lediglich ein Problem für jüdische oder christliche Fundamentalisten ist, diese Ergebnisse der modernen Religionskritik zu akzeptieren.
Der Velikovskische Lösungsversuch kann nicht überzeugen. Einmal kommt Velikovski nicht an der Tatsache vorbei, daß gerde diejenigen Passagen des biblische Textes, aus denen eine besonders verbrecherische Gesinnung spricht, schwerlich umzudeuten sind. Die in Exodus 47 beschriebene Vernichtung des ägypten Bauerntumes, die übrigens nicht unähnlich der Kulakenvernichtung durch den Massenmörder Lazar Kaganowitsch ist, den die größte russisch-jüdische Webseite als einen der als einen der 33 größten Juden aller Zeiten betrachtet, ist durch und durch verbrecherisch, unabhängig davon, ob man Joseph als einen Wesir der Hyksos-Pharaonen ansieht oder nicht. Velikovski stimmt ein großes Lamento an, der Antisemitismus beruhe darauf, daß die Juden mit den Hyksos identifiziert werden. In Wahrheit besteht das Problem darin, daß verbrecherische Gestalten wie der Joseph aus Exodus 47 als Vorbilder betracht werden, wie eben neuerdings auch der Massenmörder Kaganowitsch, und daß die daraus resultierende Politik anderen Völkern gegenüber in der Regel ganz genau so gewesen ist, wie man es bei diesem religiösen Hintergrund erwarten würde. Ob die Juden mit den Hyksos identisch sind, wird wahrscheinlich heutzutage niemanden (abgesehen von den Ägyptologen) mehr interessieren. Interessant ist allein die Frage, ob die Juden heute ähnlich handeln werden wie Joseph, wenn sie in eine ähnliche Machtposition kommen. Denn nur das betrifft die heute lebenden Menschen direkt, die, sofern sie nur offene Augen für die politische Realität der Gegenwart haben, den besten Anschauungsunterricht darüber bekommen, wer ihre Hyksos sind.
Auch bei Punkt c) kommt Velikovski nicht daran vorbei, daß der Text der Bibel für seine Umdeutungsversuche Probleme aufwirft. Treibendes Motiv hinter der Ausrottung der Kanaaniter war eben nicht der Kampf gegen die Hyksos, sondern eine Art Räubermaterialismus wie in Deut. 5.10f: «Wenn dich nun der Herr, dein Gott, in das Land bringen wird, das er deinen Vätern Abraham, Isaak und Jakob geschworen hat dir zu geben, große und feine Städte, die du nicht gebaut hast, und Häuser, alles Guts voll, die du nicht gefüllt hast, und ausgehauene Brunnen, die du nicht ausgehauen hast, und Weinberge und Ölberge, die du nicht gepflanzt hast, daß du essest und satt werdest...»
Klar ist Velikovskis Ideologie (jedenfalls soweit ich das nach dem von mir gelesenen Buch beurteilen kann) nicht sonderlich aggressiv, verglichen etwa mit der Theorie Heinsohns. Der Unterschied beruht vielleicht allein darauf, daß Velikovksi in den USA und in den 50iger Jahren tätig war und, verglichen mit dem Deutschland etwas seit 1980, wesentlich mehr Rücksichten auf ein Publikum nehmen mußte, dem man noch nicht so erfolgreich wie den Deutschen jegliche Selbstachtung aberzogen hat. Die Quintessenz der Heinsohnschen Theorie besteht darin, daß der Antisemitismus darauf beruhen soll, daß die Menschheit irgendwelche Traumata nicht verarbeitet haben soll, die auf irgendwelche kosmischen Katastrophen in der Bronzezeit zrückgehen soll. Man sieht schön den Zusammenhang mit der Freudschen Psychoanalyse, die ja mit reichlich dubiosen (wenn auch nicht derart verrückten) Behauptungen über Traumata arbeitet. Im Prinzip würde es die Heinsohnsche Theorie gestatten, jeden zu psychiatrisieren, der sich der «Aufarbeitung» dieser durch Heinsohn diagnostizierten bronzezeitlichen Traumata widersetzt, indem er etwa an dem herkömmlichen Geschichtsbild festhält. Denn solche Leute widersetzen sich ja der Beseitigung der in unseren Gesellschaften vorherrschenden (wenn auch unterdrückten) Menschenopfer-Triebe, die letztlich den rational nicht erklärbaren Antisemitismus hervorbringen. Aber die, verglichen mit Heinsohn, geringere Aggressivität Velikovskis ändert nichts daran, daß ich den Mann für einen Spinner halte.
vielleicht die herren mit der hohlwelt theorie?
Meinen Sie Zet (die Welt ist eine Höhle, und wir leben innen drinnen) oder die Neuschwabenland-Experten? Bei Zet ist der Wirkungskreis doch sehr klein. Ich habe noch nie erlebt, wie Zet erfolgreich einen Proselyten gemacht hat. Bei den Neuschwabenland-Freunden ist der Wirkungskreis etwas weiter, aber immer noch unbedeutend. Velikovski können Sie in jedem Buchladen kaufen, wogegen ein Verlag, der die Neuschwabenland-Theorie druckt, doch sofort dichtgemacht wird. Leute wie Velikovski (um mal von Freud&Co oder von Hollywood ganz zu scheigen) haben viel mehr zur Zerstörung der Vernunft beigetragen, als es die Neonazis mit ihren beschränkten Mitteln tun könnten.
MfG
JeFra
PS. Warum haben Sie sich eigentlich in den Kopf gesetzt, in diesem Leben noch einen Polsprung erleben zu wollen. Gibt es in Peru keine Achterbahn und kein Reisenrad, womit man fahren kann, wenn einen die Sehnsucht nach der Seekrankheit packt?
- Re: DAS war aeusserst unklug! (1) Z 02.11.2004 17:38 (0)
- Re: DAS war aeusserst unklug! (1) detlef 01.11.2004 22:05 (0)