Re: "Der Untergang"
Geschrieben von Johannes am 16. September 2004 14:12:36:
Als Antwort auf: Re: "Der Untergang" geschrieben von DaveRave am 16. September 2004 13:22:23:
> Wie sollen wir Deutschen denn auch stalinistische Verbrechen aufarbeiten?
> Das wäre ja in erster Linie Sache der ehemaligen SU, sich der Thematik zu
> nähern.
Hallo DR,
der Stalinismus hat die DDR und seinen Parteiapparat geprägt, und die SED ist nahtlos, ohne Bruch mit der Vergangenheit, weiter politisch aktiv, lediglich unter neuem Namen. Und hier gibt es einen ganzen Sumpf von alten Seilschaften, die nun wieder kurz davor sind, die Regierungsgewalt zu übernehmen (in Brandenburg könnte die SED-Fortsetzungspartei größte Kraft werden) - stell Dir mal den Aufschrei und die Betroffenheitskundgebungen vor, wenn dies eine Partei nicht aus dem roten, sondern aus dem braunen Sumpf wäre...
> Außerdem werden wir ja gerade von einer Ostalgie-Welle überrollt, dagegen
> sind Filme über das 3. Reich geradezu spärlich vertreten. Aber ich gebe Dir
> insofern recht, daß hier fast nur Sandmännchen, Rotkäppchensekt und fröhli-
> che FDJler zu sehen sind, Mauerschützen, Stasiknäste und dergleichen doch
> eher selten.Und nun stell Dir einfach mal vor, es würde genauso fröhlich des Leben eines Hitlerjungen etc. dargestellt, ...
> Doch wiederum hier gilt: Die Nachfrage steuert das Angebot. Frag mal den
> Durchschnittsossi" (nicht abwertend gemeint) auf der Straße nach der DDR und
> Du wirst in 70% der Fälle hören, was früher alles ganz toll war...Und was wird der ältere Durchschnittsdeutsche zur Zeit von 33-45 sagen? Wie reagiert man darauf, wenn sie nicht alles in Bausch und Bogen verurteilen, sondern Sachen positiv sehen ("Man konnte Abends sicher zu Fuß nach Hause gehen").
> Also dreht man bunte Filmchen
Also dreht man aus diesen Aussagen eines älteren Durchschnittsdeutschen was?
Nein, nein, ich weiß schon, DAS darf man nun nicht tun, damit darf man nicht so locker umgehen. Wenn hier ein Film über die Zeit 33-45 gezeigt wird, dann darf nicht ein Pimpf in der Hitlerjugend und das Familienleben im Mittelpunkt stehen, vielleicht gewürzt mit einer Detektivgeschichte und einer Romanze, sondern es muß der moralische Zeigefinger erhoben werden. Und der Held muß der sein, der gegen das braune Regime kämpft. Sympathieträger sind, wenn es um die braune Zeit geht, nur die Regimegegner, niemals Anhänger. Auch bei Punkten, die dann gar nicht die Politik betreffen.
> Mal anders gefragt, Johannes: Sollte es nach Dir eine Quote geben, wonach
> für je einen Film über das NS-Unrecht auch ein Film über den Schrecken des
> Kommunismus gedreht werden muß? So funktioniert das nicht, Johannes, wir
> sind zum Glück in keiner Planwirtschaft mehr...;o)Doch, DR, das sind wir, es gibt eine Art Quote. Und eben die legt fest, daß wir uns mehr mit den Schrecken der Zeit bis 45 und seinen Folgen , als mit den Schrecken der kommunistischen Ideologie und seinen Folgen zu befassen, die uns auch heute noch betreffen. Ich kann schlichtweg nicht über die Zuschauerquote "abstimmen", was gezeigt werden soll, weil z.B. ein Film über Richard Wurmbrand niemals Chancen hätte, gezeigt zu werden. Auch das Schweigen der Kirchen zu den roten Verbrechen und somit deren Mitschuld wird nie so thematisiert werden, wie es gegenüber dem Schweigen zu den braunen Verbrechen gemacht wird. Klar, man bekäme ja auch zuviel Druck, wenn man das machen würde. Und eben das führt zu der Art "Quote", die ich genannt habe.
Und schau Dir mal im Fernsehen und den anderen Medien an, wie viele Beiträge sich um Kindesmißbrauch drehen. Wie viele Fernsehsendungen fallen Dir dagegen ein, in dem sich die Eltern im Gebet ernsthaft für ihre Kinder einsetzen und dabei als Sympathieträger dargestellt werden, nicht nur bestenfalls als wunderliche Exoten? Nein, wenn man sich die Auswahl der Sendungen ansieht, muß man den Eindruck haben, Deutschland sei ein Land von mißbrauchten Kindern.
Ich glaube ja manches, daß die Welt schlecht sei etc., aber so, wie der Kindesmißbrauch in den Mittelpunkt gestellt wird, muß man den Eindruck haben, es gäbe keine normalen Familien mehr (heute Abend, 3sat, aus dem Fernsehprogramm meiner Tageszeitung: "Vor allen Anwesenden klagt Christian den Vater an, ihn und seine Zwillingsschwester jahrelang sexuell mißbraucht zu haben.") Ziel ist, für meine Begriffe, die Torpedierung der Familie als starke Gemeinschaft, es soll ein Keil in diese an sich starke Gemeinschaft getrieben werden.
Im Mittelpunkt stehen eigentlich immer die Abartigkeit, nicht das Normale. Sympathieträger sind meist die, die einem christlichen oder zumindest wertekonservativen Familienbild widersprechen, obwohl die Christen immer noch die größte Glaubensgemeinschaft darstellen. In den Medien kommt aber eigentlich nur das in den Mittelpunkt, was traditionelle Familienwerte und Ordnung niederreißt. Und es klafft auch hier, wie in der Politik, ein Unterschied zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung - eben die "Quote", die bei der Themenauswahl unserer Medien besteht. Medien oder Gruppen, die sich dem entgegenstellen, werden niedergemacht (über den bewaffneten Kampf der Sandinisten wurde z.B. viel positiver berichtet als über die friedliche Arbeit der Ostpriesterhilfe, etc.)
Dave, es ist also nicht die Frage, ob wir eine Quote haben sollten. Die Frage ist eher, warum wir eine Quote haben bzw. wer sie bestimmt. Oder ist dies alles nur Zufall?
Gruß
Johannes
- Re: "Der Untergang" DaveRave 17.9.2004 09:55 (5)
- Re: "Der Untergang" - die manipulierte Masse Der Berliner 17.9.2004 13:57 (4)
- Re: "Der Untergang" - die manipulierte Masse Swissman 17.9.2004 22:12 (1)
- Re: "Der Untergang" - die manipulierte Masse Der Berliner 18.9.2004 09:07 (0)
- Re: "Der Untergang" - die manipulierte Masse DaveRave 17.9.2004 14:02 (1)
- Re: "Der Untergang" - Scholl-Latour Der Berliner 17.9.2004 16:05 (0)