Götterdämmerung
Geschrieben von Persephone am 09. Januar 2002 19:19:49:
Als Antwort auf: Re: Berufsmusiker/in ?? geschrieben von franke43 am 09. Januar 2002 10:18:16:
Hallo Franke 43,
vielleicht für Dich als Grundinformation zunächst mal ein ganz kurzer Abriss, wie und warum es im "Ring des Nibelungen" zur Götterdämmerung kam.
Die Geschichte beginnt, als Wotan sozusagen schon im Zenit seiner Macht steht.
Auch auf Drängen seiner Frau Fricka hin, beschliesst er, eine Burg bauen zu lassen, Walhall. Zwei Riesen, Fasolt und Fafner übernehmen das, und Wotan sagt ihnen seine Tochter Freya als Lohn zu.
Währenddessen findet ein Nibelung, Alberich, auf dem Grund des Rheines, einen Goldschatz, bewacht von 3 Rheintöchtern, und erfährt, was eigentlich niemand erfahren sollte: Dieses Gold hat die magische Eigenschaft, dass der, der auf ewig der Liebe abschwört, daraus einen Ring schmieden kann, der seinem Träger Allmacht verleiht. Was er dann auch tut. (Aus Gründen, die alleine 10 Erklärungsseiten füllen würden, das ist quasi nur Telegrammstil.)
"Der Welt Erbe gewänne zu Eigen,
wer aus dem Rheingold schüfe den Ring,
der masslose Macht ihm verlieh`."Die Burg ist fertiggebaut, die Riesen fordern Ihren Lohn, und Wotan weigert sich, den vereinbarten Lohn zu zahlen.
(Das Konzept von Wotans Göttlichkeit unterscheidet sich stark vom "üblichen Göttervaterbegriff"! Er ist nicht allmächtig, sondern an Regeln gebunden, " Verträge" in Form von "Runen, in seines Speeres Schaft" geschnitzt, bilden die Grundlage seiner Macht, und er MUSS sie einhalten.)
Dem listigen Loge gelingt es, die Riesen dazu zu bringen, als Alternativlohn statt Freya den Goldschatz der Nibelungen und den Ring zu akzeptieren. Wotan und Loge steigen hinab nach Nibelheim, der Unterwelt, überlisten Alberich, nehmen ihn gefangen, und Wotan nimmt ihm den Ring.
Alberich belegt den Ring mit einem Fluch.
Die Riesen kommen erneut, und wollen ihren Lohn. Wotan ist mittlerweile dem Zauber des Rings erlegen, der ihm die Allmacht geben könnte, die er bis dahin nicht hatte.
Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung zwischen den Parteien öffnet sich die Erde, und eine Frauenerscheinung spricht (singt) folgende Worte:Erda:
Weiche, Wotan , weiche!
Flieh des Ringes Fluch!
Rettungslos dunklem Verderben
weiht Dich sein Gewinn.Wotan:
Wer bist Du, mahnendes Weib?Erda:
Wie alles war, weiss ich;
wie alles wird, wie alles sein wird,
sehe ich auch:
der ew`gen Welt Ur-Wala Erda
mahnt Deinen Mut!Drei der Töchter, urerschaffne,
gebar mein Schoss:
was ich sehe, sagen Dir nächtlich die Nornen.Doch höchste Gefahr führt mich heut
selbst zu Dir her:
Höre! Höre! Höre!
Alles, was ist, endet.
Ein düstrer Tag dämmert den Göttern:
Dir rat`ich, meide den Ring!Wotan:
Geheimnis-hehr
hallt mir Dein Wort:
weile, dass mehr ich wisse!Erda:
Ich warnte Dich, Du weisst genug:
sinn in Sorg`und Furcht!Danach verschwindet sie wieder in der Erde. Und die Geschichte geht weiter.
Das zunächst mal zur Prophezeihung im Geschehen. Und jetzt mal einige Gedanken dazu. Erda, die die Prohezeihung spricht, ist im ganzen Geschehen diejenige, die man als höchste Macht klassifizieren könnte, obwohl es von Göttern nur so wimmelt. "Der ew`gen Welt Ur-Wala", die, die schon immer da war, und immer da sein wird. Aus sich selbst heraus, ohne männliches Schöpferelement, hat sie drei Töchter geboren, die Nornen, die den Schicksalsfaden spinnen, also das geschehen real werden lassen.Vergleichende Mythologie ist manchmal insofern interessant, als dass sie zeigen kann, dass in den verschiedensten Mythologien, die räumlich und zeitlich nichts miteinander zu tun haben, Wesen beschrieben werden, die dieselben PRINZIPIEN verkörpern. Mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Ausprägungen natürlich.
Aber der Loge/Loki der nordischen Mythologie, Prometheus und Luzifer haben durchaus Gemeinsamkeiten in Verhalten und auch Zuordnung zum Feuer-Element.
Ein bisschen mehr Pan in der Physiognomie und eine stärkere Betonung des (teilweise) hinterlistigen Verführers Loge, und man erkennt schnell den Teufel der biblischen Darstellung.Ich setzte jetzt mal voraus, dass sich Mythos und Religion nur dahingehend unterscheiden, als dass der Begriff Mythos für Religionen verwendet wird, an die keiner mehr, oder kaum jemand glaubt. Alles was heute unter dem Begriff "griechische Mythologie" zusammengefasst wird, beschreibt eben die religiösen Konzepte der alten Griechen.
Ein weiteres Element, dass allen Religionen und Mythen gemeinsam ist, ist das Vorhandensein von Prophezeihungen, Visionen und Orakeln. Heute können wir diese vergleichen, in der Zeit, in der die Religionen praktiziert wurden, die heute Mythen genannt werden, war das schwieriger.
Zum Beispiel in Deiner heutigen Wahlheimat wurden diese Religionen gelehrt in Form von Liedern und Gedichten, am Feuer in langen Winternächten. ;-)
Es stand aber nur sehr wenigen Reisenden die Möglichkeit des Vergleichs zur Verfügung.Weiterer gemeinsamer Punkt aller Mythen ist die Vielzahl von Göttern, und deren teilweise sehr menschlichen Eigenschaften, z.B. das Begehen von Fehlern, die Konsequenzen nach sich ziehen. Nur die monotheistischen Religionen konstruieren das Bild eines allmächtigen, fehlerlosen Gottes. Und ich sage bewusst : konstruieren, denn schon die biblische Übersetzung des Begriffes "elohim" der Genesis mit "Gott" ist eigentlich eine unzulässige Singularisierung.
Worauf ich hinauswill, ist ungefähr folgendes: Eine sehr lange Zeit vor dem "Siegeszug" der monotheistischen Religionen waren die Religionen
neben ihren primären funktionalen Aspekten (z.B. diesen oder jenen anbeten oder Opfer darbringen um z.B. Jagdglück zu sichern), auch dazu da, Werte zu vermitteln, moralische Konzepte zu vermitteln und zu definieren, den Menschen etwas beizubringen.Und, weitere Gemeinsamkeit, die dafür verwendeten Mythen wurden nicht von einer "Zentrale" oder einer "Elite" editiert und vermittelt, wie das zum Beispiel später durch die Kirche oder die Elite, (die einzigen die lesen und schreiben konnten, Mönche) der Fall war.
Wenn nun allen diesen Mythen gemeinsam ist, was noch vollständig zu prüfen wäre, dass die in ihnen vorkommenden Prophezeihungen die Funktion der WARNUNG einnehmen, wie z.B. bei Erda, warum sollte ich dann heute felsenfest davon überzeugt sein, dass Prophezeihungen heute etwas anderes sind?
Vielleicht ist der einzige Grund dafür, dass die monotheistische Religion, in derem Kulturkreis wir aufgewachsen sind, zwingend eine Denkstruktur vermittelt, die besagt: DU SOLLST / MUSST DAS GLAUBEN?
>Was eden scheinbaren Gegensatz prophetische Aussage - Entscheidungsfreiheit
>angeht, so gehe ich davon aus, das der echte Seher das Endergebnis
>der künftigen Entscheidungsprozesse zu sehen bekommt. Auch wenn die
>Prophezeiung ernstgenommen wird und zu kollektiven "Gegenmassnahmen"
>führt (was nie der Fall ist), sind vermutlich auch diese Gegenmassnahmen
>ein Teil der Entwicklung, die (über Umwege) zum vorausgesagten
>Endergebnis gehört.Insofern finde ich Deine Tätigkeit, verschiedene Prophezeihungen miteinander abzugleichen, sehr interessant. Deutliche gleichlautende Prophezeihungen könnte ich als Indiz werten. Überzeugt hat mich aber bis jetzt davon noch niemand.
Allerdings gebe ich Dir in dem Punkt Recht:
wenn die
>Prophezeiung ernstgenommen wird und zu kollektiven "Gegenmassnahmen"
>führt (was nie der Fall ist),
Das ist in der Tat eine weitere Gemeinsamkeit in den Schilderungen, wie mit den Prophezeihungen umgegangen wird, siehe z.B. Wotan. Aber genau das könnte eben die Notwendigkeit zum Erzielen eines "pädagogischen Effekts" sein.>Beispiel: ich gehe zu einem echten Seher und befrage ihn, an welchem
>Ort ich sterben werde. Nehmen wir an, der Seher sieht den Ort wirklich
>und kann ihn genau beschreiben. Folge: ich meide diesen Ort und versuche
>ihm nicht zu nahe zu kommen. Aber wie´s der Zufall oder Gott will,
>geschieht irgendetwas, was mich zwingt, den Ort wider meinen Willen
>aufzusuchen. Und dann passiert´s eben doch.Das hingegen, entschuldige bitte, ist kein Beispiel, sondern eine mehr Worte beinhaltende Form zu sagen: "Nehmen wir an, ich habe Recht!"
Denn, nehmen wir an, und füge das bitte anstelle deiner letzten beiden Sätze ein:
Nehmen wir an, ich meide diesen Ort, und kein Zufall oder sonstwas kommt mir in die Quere. Und daher bleibe am Leben.
Andere Vorstellung, aber die gleiche Menge an Gehalt, der zur Klärung der Frage beitragen könnte, wie in Deiner Vorstellung. Nämlich gar keiner.
>Erst mal hast Du mich unwillentlich völlig baff gemacht und bloss
>gestellt.Dich baff gemacht zu haben, ist eine vergnügliche Vorstellung. ;-)
Ich mag es, "baff" gemacht zu werden. Du hoffentlich auch.
"Bloss gestellt" fühlen solltest Du Dich nicht, denn so wie Deine Prohezeihungsvergleiche mein Wissen erweitern, so kannst Du das auch mit meinen "Ring" - Gedanken betrachten, wenn Du möchtest.
Allerdings ( das kann ich mir jetzt nicht verkneifen :-))) ) solltest Du nie mehr bei ähnlichen Gelegenheiten von "4 Opern" sprechen, da schüttelt es jeden Wagnerianer sofort durch. Das "Bühnenweihfestspiel" Ring besteht aus drei Opern und einem "Vorabend", dem Rheingold.
;-)Grüsse!
P.
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