Ideologie, Glaube und Wahrheit (auch @franke43)

Geschrieben von JeFra am 10. Juni 2004 11:52:50:

Als Antwort auf: Re: Wahrheit geschrieben von Gilgamesch am 09. Juni 2004 15:27:32:

Ich antworte hier vor allem auf den Ausgangsbeitrag von Gilgamesch, möchte mich aber im letzten Absatz auch an franke43 wenden.


Ist die Wahrheit daß Feuer brennt auch eine Ideologie?

Ich würde, was diese Frage angeht, eher sagen, daß das Verb «brennen» in der deutschen Sprache eben vor allem benutzt wird, um das Wirken des Feuers zu bezeichnen (abgesehen von übertragenen Verwendungen mit meist intensivierender Bedeutung wie brennende Liebe, Neugier, brennender Haß etc.)

Oder ist die Wahrheit daß wenn man atome spaltet, es zu einer Katastrophe kommt auch eine Ideologie?

Ich würde sagen, es ist eine Ideologie. Beispielsweise schließe ich mich der Ansicht Swissmans (und wahrscheinlich einiger anderer Teilnehmer dieses Forums) an, wonach die gängige Vorstellung von den Auswirkungen eines Atomkrieges (siehe etwa «Das letzte Ufer») nicht der Realität entspricht und mit dem Vorsatz der Manipulation der öffentlichen Meinung in Umlauf gebracht wurde.


Was die Frage nach dem ideologischen Charakter des Christentumes angeht, so muß man etwas differenzieren. Da die Frage nun einmal aufgekommen ist, möchte ich nicht mit einer Ansicht hinter dem Berg halten, daß das Christentum in der Tat eine Ideologie ist. Allerdings verwende ich den Begriff «Ideologie» nicht nur in abwertendem Sinne. Da es etwas Arbeit macht, das zu erläutern, würde ich normalerweise in einem Forenbeitrag meine Ansicht über das Christentum ohne Verwendung von Worten wie «Ideologie» oder «ideologisch» formulieren, die in den Ohren der meisten Zeitgenossen einen negativen Klang haben.


Ich habe das Wort «Ideologie» in meinem Ausgangsbeitrag speziell für die Ideologie Napoleons sowie für die zionistische Spielart des Christentumes verwendet, die ich in der Tat negativ werte. Man muß nur an die Vorschläge Napoleons denken, unsere Arbeitslosen auf den Schlachtfeldern im Irak zu verheizen, was nicht im Geringsten in unserem Interesse liegt. Napoleon hat mir in einer von Johannes gelöschten Diskussion gesagt, daß er Jude sei, das aber auf meine Nachfrage dahingehend relaviert, daß aus biblischer Sicht alle Christen Juden seien. Zeitweise hat er sich aber vom Christentum distanziert, anscheinend weil ihm das derzeitige Christentum zu masochistisch ist, und sich als Thorshammer bezeichnet, wenn ich mich richtig erinnere. Es ist also nicht leicht, zu einer einigermaßen schlüssigen Annahme über die Motive zu gelangen, aus denen er Beiträge wie den vorhin erwähnten schreibt. Am einfachsten wäre seine Haltung vielleicht dadurch zu erklären, daß er wirklich Jude ist (etwa im Sinne der Einwanderungsgesetzgebung des Staates Isreal, die sicher nicht alle Christen als Juden betrachtet) und etwas von den Deutschen will, nämlich daß wir unsere Jugend zur Verteidigung der israelischen Interessen aufs Schlachtfeld schicken. In dieser Situation wäre klar, daß eine negative Form von Ideologie vorliegt: X fordert von Y massive Opfer, dies mit erfahrungswidrigen religösen Thesen (alle Christen sind Juden, ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das von dem durchschnittlichen Juden durchaus nicht erwiedert wird) begründend und sein eigenes Interesse an dieser Angelegenheit verschweigend. Hinzu kommt noch die Heuchelei, mit der man dann denjenigen, die andere Interessen haben und diese auch zu vertreten versuchen, unterstellt, sie handelten aus Haß oder Neid (während man für sich selbst reine Liebe und Selbstlosigkeit als Motivation des eigenen Handelns unterstellt) oder betrachteten sich als unfehlbar («wenn jemand die wahrheit anders sieht , macht man ihn klein , wer aber in der wahrheit steht hat dies nicht nötig.» Ganz so, als täte man das nicht selber auch). Ich muß freilich zugeben, daß ich nicht sicher ausmachen kann, auf wen sich die eben zitierte Stelle beziehen soll.


Eine ähnlich negative Einstellung habe ich zur Weltanschauung bestimmter Teilnehmer in diesem Forum, von denen ich ansonsten eine hohe persönliche Meinung habe. Da werden leicht widerlegbare Behauptungen über die angebliche Rolle Israels als Bollwerk der europäischen Kultur im Nahen Osten aufgestellt, und als Antwort auf etwaige Widerlegungsversuche erhält man dann, wenn überhaupt, meist nur die Bemerkung, so etwas könne in Deutschland nicht in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Die Gegenseite ergeht sich dann aber trotzdem in verallgemeinernden (wenn auch in bestimmten konkreten Einzelfällen berechtigten) Vorwürfen des entstellenden Zitierens, der unsauberen Quellenarbeit oder der unberechtigten Verallgemeinerung von Einzelfällen. Das systematische Ignorieren wohlbelegter Beispiele für die aggressiver Politik bestimmter jüdischer Kreise gegenüber unserem Volk und den meisten anderen europäischen Völkern kann im Grunde nur dadurch erklärt werden, daß diese Autoren selber Juden sind (was wohl nur bei einer Minderheit der Fall ist) oder einer Spielart des Christentumes, wonach die Juden sich alles erlauben dürfen und die Christen froh sein sollen, wenn sie toleriert werden, solange sie den Juden nützliche Dienste leisten. Diese (aus meiner Sicht als Agnostiker) Entartung des Christentumes ist im Grunde nicht mehr als ein Vehikel zur geistigen Versklavung des deutschen Volkes. Wenn das Christentum schon früher derart offen als Werkzeug zur geistigen Versklavung der Nichtjuden durch die politisch aggressiveren Teile des Judentumes aufgetreten wäre, wäre es keine 500 Jahren alt geworden. Die oft sehr drastischen antisemitischen Äußerungen einiger Kirchenväter, die man z. B. bei Deschner zitiert findet (wie ich mal provisorisch annehmen will, korrekt zitiert), hatten anscheinend unter anderem die Funktion, einer solchen Entwicklung vorzubeugen, in dem man sich von gar zu offen judenhörigen Auslegungen der Bibel distanziert. Sie scheinen einer solchen bekämpfenswerten Richtung des Christentumes ja nicht anzuhängen, wie Sie mehrfach deutlich gemacht haben, und deswegen sehe ich auch keinen besonderen Grund, Ihnen Ihren Glauben ausreden zu wollen.


Wenn ich trotzdem mein eigenes Verhältnis zur Frage nach den letzten Dingen kurz skizziere, so tue ich das unter anderem deswegen, weil ich klarmachen möchte, wie ich das Wort «Ideologie» verwende. Offenbar kann man nicht behaupten, das Christentum sei empirisch belegbare Wahrheit, denn andernfalls hätten wir nicht das Problem der leerstehenden Kirchen, sondern die Leute würden in Strömen zum Beichtstuhl drängen, um ihr Seelenheil zu retten. Es handelt sich offenbar um einen Glauben, also man glaubt Dinge, die weitaus schlechter belegt sind als beispielsweise die Grundlagen der Quantenmechanik. Schließlich ist es reine Willkür, die Geschichten über die Wunder Jesu Christi ernstzunehmen und für diese Wunder für göttlich zu halten, während man die Geschichten über die Wunder des Apollonius von Tyana entweder als Lügenmärchen verwirft oder für diese Wunder einen teuflischen Ursprung unterstellt. Ich kann persönlich nicht sehen, warum die Festigkeit im Glauben an derartige Überlieferungen besonders tugendhaft sein soll, wie dies in den verschiedenen Religionen immer wieder unterstellt wird. Schließlich wird es ja auch nicht als sonderlich tugendhaft angesehen, wenn jemand im April 1945 unerschütterlich an den Endsieg des dritten Reiches geglaubt hat. Dasselbe gilt für den unerschütterlichen Glauben an die Unfehlbarkeit des ZK der KPdSU in allen Fragen, die den Aufbau einer gerechten menschlichen Gesellschaft betreffen. Ich werte den unerschütterlichen Glauben an schwer belegbare Thesen neutral oder (wie in den letzten beiden Beispielen) negativ. Von dieser Wertung nehme ich allein z. B. die Situation aus, wenn sich jemand einem erfahrenen Kapitän zur See oder einem Bergführer anvertraut hat, ohne selber ausgeprägte See- oder Bergerfahrung zu besitzen. In dieser Lage ist sicher meist besser, zu glauben und auch absurd scheinende Anweisungen des Führers zu befolgen.


Was sich über die Frage des Lebens nach dem Tod an empirischer Erfahrung zusammentragen läßt, kann man meiner Meinung nach mit den Worten des schwedischen Komponisten Allan Pettersson so zusammenfassen:


Han ska släcka min lykta
att intet jag ser
och tysta min bjällra
att intet jag hör.
Mer kann ingen väl gissa
men önska få,
om någon orkar önska
när Döden tittar på.


ER [ der Tod ] wird mein Licht löschen,
so daß ich nichts seh
mein Glöcklein zerschlagen
daß nichts ich versteh.
Mehr kann keiner erraten,
doch wünschen vielleicht,
wem Wünsche geraten
vor Todes Blick erbleicht.


Mit dem Text nach der Einspielung der Pettersson-Lieder auf SCD1033 und der deutschen Übersetzung mit enger Anlehnung an Andreas K. W. Meyer im Begleitheft zur Einspielung der 6. Sinfornie bei cpo999124-2. Die Erfahrung mit bestimmten degenerativen Erkrankungen des Gehirns (Alzheimer, Creutzfeldt-Jacob, Huntington) liefert sehr schwerwiegende empirische Belege für die vollständige Zerstörbarkeit der menschlichen Persönlickeit, aber läßt keine definitiven Schlüsse zu (man kann wünschen, wenn einem danach zu Mute ist), zumal wenn man den Glauben an das Weiterleben nach dem Tode hinreichend abschwächt, wie es anscheinend von einigen Spielarten des Buddhismus getan wird. In dieser Situation ist es letztlich auch eine Ermessenfrage, wie man sich zur Religion verhält, und da ist meine ablehnende Haltung zu jeder Art von Religion vor allem durch Kunstwerke wie den Hamlet-Roman von Georg Britting, das Spätwerk Schostakowitschs oder den Bergman-Film «Das siebente Siegel» bestimmt. Auf jeden Fall halte ich es für verwerflich, mit irgendwelchen Lehren über das Leben nach dem Tod hausieren zu gehen und den Ungläubigen mit ewiger Verdammnis zu drohen, wenn man sich bei nüchterner Einschätzung des Pro und Contra eigentlich eingestehen müßte, über diese Dinge keinerlei einigermaßen sichere Erkenntnisse zu besitzen.


Ich würde nicht zögern, diese Einstellung als Ideologie zu bezeichnen, obwohl ich sie für vollkommen natürlich halte. Es ist also nicht unbedingt abwertend gemeint, wenn ich für mich persönlich eine bestimmte Haltung als Ideologie bezeichen. Gegen das Christentum habe ich nichts einzuwenden, solange Sie durch das Praktizieren Ihres Glaubens nicht die Chance anderer beeinträchtigen, ein würdevolles und sinnerfülltes Leben zu führen. Ich lehne vor allem das zionistische Christentum ab, aber auch gegen den Katholizismus liefert das Zölibat vielleicht ein sehr starkes moralisches Argument. Ich schreibe das gerade auch für franke43, der sich anscheinend mit dem Gedanken trägt, zum Katholizismus zu konvertieren. Glauben Sie wirklich, daß es gut ist, sein seelisches Gleichgewicht davon abhängig zu machen, daß man bei Leuten beichtet, die ohne rationalen (oder selbst biblischen) Grund zur Ehelosigkeit gezwungen werden? Ist es nicht besser, mit der Erkenntnis der eigenen Endlichkeit so umzugehen, wie es der Komponist Allan Pettersson (oder viele andere bekannte oder weniger bekannte Persönlichkeiten) oder der Knappe Jöns aus «Das siebente Siegel» getan haben? Oder bei irgendeiner Spielart des Protestantismus zu bleiben, die die Priester nicht zur Ehelosigkeit verpflichtet, sondern nur dazu, in ihrem Familienleben vorzuleben, was sie selber von den Gläubigen fordern? Ich würde mir die Konversion zum Katholizismus gerade auch unter diesem Aspekt sehr genau überlegen.


MfG
JeFra


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