Re: Russland und die Energieversorgung Europas
Geschrieben von Regina am 05. Juni 2004 17:15:27:
Als Antwort auf: Russland und die Energieversorgung Europas geschrieben von Hagen am 04. Juni 2004 17:54:14:
Da dies keine Prophezeiung im klassischen Sinn ist, gibt es sicher wieder Ärger mit Johannes. Letztendlich sind Einblicke in die politische Geschichte aber gerade zum Prophezeiungsthema unerlässlich ...
(ich kann aus Geschichten unscharf prophezeien ;o)
Energie-Abkommen mit RusslandSpontan erinnert mich dieses Abkommen ein wenig an den Rapollovertrag, den Walther Rathenau am 16.4.1922 mit Russland abschloss. In erster Linie schlossen Deutschland und Russland Frieden.
In diesem Vertrag verzichtete Russland auf die Ansprüche aus dem Versailler Vertrag - im Gegenzug verzichtete Deutschland auf Entschädigungen für die Verstaatlichung deutschen Eigentums in Rußland.
Darüber hinaus verpflichtete sich Deutschland zur Lieferung industrieller Technologie. Deutschland sollte Industrieanlagen liefern, die Russland in die Lage versetzen sollten ihre Ölfelder unabhängig zu betreiben. Ebenso sollte Deutschland, Russland bei der Schaffung von Infrastruktur zur unabhängigen Vermarktung des Öls, aktiv unterstützen. (Deutsch-Russische Ölgesellschaft DEROP)
(Deutschland hatte mit dem Versailler Vertrag auch grosse Gebiete abgetreten, die Rohstoffe, wie Kohle, hatten. Die Energiewirtschaft war vollkommen in Händen Frankreichs und England.)
Der Rapollovertrag wurde von den Siegermächten des 1. Weltkriegs nicht akzeptiert und löste massive Proteste aus!
Frankreich marschierte in Folge in das Ruhrgebiet ein und besetzte damit das wichtigste deutsche Industriegebiet. Deutschland konnte so seine Verpflichtungen gegenüber Russland nicht erfüllen. ...
Rathenau wurde ermordet ...Genau betrachtet gab es keinen 1. und 2. Weltkrieg, sondern einen grossen Krieg mit Ruhepausen. - Energie, Kohle, vor allem Öl, die Kontrolle des Öls und seine Transportwege stehen seit dem 1. Weltkrieg im Mittelpunkt des Geschehens.
Dieser Krieg setzt sich fort ... und welche Folgen es haben kann, dass heute Deutschland wieder verstärkt auf Russland, als Handelspartner und zur Versorgung mit Gas und Öl setzt, ist nicht absehbar.
Rathenau und der russische Volkskommissar Tschitscherin hatten zwar damals einen Grundstein für einen europäischen Frieden gelegt ...
Ein Wechsel in der Französischen Politik (Poincaré) - mit Grundtenor, dass der Krieg nun mit politischen Mitteln weitergeführt wird - und massives Misstrauen gegen die Deutsch-Russische Partnerschaft - führten 1923 zur Besetzung des Ruhrgebiets und einem Ende dieser wirtschaftlich (für ganz Europa) sinnvollen Friedens-Politik.
(offizelle Begründung waren ausstehende Reparationszahlungen Deutschlands)"... „Denn,“ so sagte er (Rathenau) den in München
Versammelten, „die restlose Erfüllung dessen, was der Vertrag
von Versailles und das Ultimatum von London verlangen, würde die
Weltwirtschaft noch tiefer schädigen als uns. Die Weltwirtschaft wird
eines Tages das non possumus aussprechen, und diesen Moment werden
wir erleben.“Und wir haben es tatsächlich erlebt - mit allen Folgen!
letztendlich befinden wir uns nach wie vor in der selben Geschichte - NEUER VERSUCH ...
zu Rathenau:
www.walther-rathenau.de/pdf/mitteilungen_2002/4_Mader_02.pdf
Grüsse
Regina
>Da ich nicht so oft hier reinschaue, entschuldige ich mich schonmal im voraus, falls das angesprochene Thema schon genug diskutiert wurde.
>Immer mal wieder rückt die Russisch-Europäische Energiekooperation ins Gespräch, wobei es immer daraufhinausgeht, dass wir uns zunehmend auf Russland verlassen und damit natürlich auch in Abhängigkeit geraten - auch wenn sich dies unter den heutigen politischen Verhältnissen kaum nachteilig auswirkt. Trotzdem wäre es kurzsichtig, sich heute in eine solche langfristige Abhängigkeit zu begeben und dabei unsere eigenen Fähigkeiten und Potentiale (insbesondere Nutzung der Kernenergie) zu vernachlässigen.
>Folgender Text ist den "Aktuellen Nachrichen" auf der BüSo-Seite entnommen und hat Putins Bericht zur Lage der Nation zum Anlass. (die links funktionieren leider nicht)
>...Noch größeres Interesse fanden Putins Äußerungen allerdings in Kontinentaleuropa, deren führende Industriestaaten nicht erst jetzt, wo sie auf dem Energiesektor akut von anglo-amerikanischer Seite erpreßt werden, auf Rußland als verläßlichen Energielieferanten setzen. Gerade in Berlin, aber auch in Paris ist unvergessen, daß Putin vor einigen Jahren in Duisburg der deutschen Wirtschaftselite öffentlich zusicherte, künftige Energieprobleme Kontinentaleuropas z.B. bei einer Unterbrechung der Ölversorgung aus dem Nahen Osten nicht auszunutzen, sondern gerade in solchen Krisenzeiten ein verläßlicher Partner zu sein. Unzweifelhaft gehörte die Sicherung der Energieversorgung Kontinentaleuropas - allen voran natürlich Deutschlands (und Frankreichs) - bei den zahlreichen bilateralen und gemeinsamen Gesprächen zwischen Putin, Schröder und Chirac in den letzten Jahren zu den Hauptthemen. Daher ist es keine Überraschung, daß die EU-Kommissarin für Energie und Verkehr Loyola de Palacio, die allein in den letzten vier Wochen zweimal nach Moskau reiste, Putins jüngste Äußerungen zur Beschleunigung der Projekte für neue Erdöl- und Erdgaspipelines nach Europa ausdrücklich begrüßte. Kurz vor Putins Rede war am 21. Mai auf dem EU-Rußland-Gipfel in Moskau eine Expertenrunde zur Zusammenarbeit in Energiefragen eingerichtet worden.
>Auch die beschleunigte Realisierung der zwischen Rußland und der EU schon seit Jahren geplanten Stromallianz paßt in dieses Bild. Wie der russische Energieminister Kristenko und der EU-Generaldirektor für Transport und Energie Lamoureux am 2. Juni in Moskau mitteilten, sollen die Verhandlungen zwischen Moskau und Brüssel jetzt so zügig betrieben werden, daß die für 2007 anvisierte Stromallianz zwischen der EU und Rußland bereits ab 2005 in Funktion tritt. Damit nicht genug, soll die europäisch-russische Energiekooperation auch qualitativ verbessert werden. Nach Angaben des russischen Atomenergieministeriums gibt es derzeit Pläne, über die verstärkte Zusammenarbeit auf dem Öl- und Gassekor hinaus auch gemeinsame russisch-europäische Projekte bei der Kernenergie durchzuführen. Dabei wird vor allem an die fortschrittliche Technik des Schnellen Brüters gedacht, die Deutschlands "Elite" dummerweise - und aus rein politisch-ideologischen Gründen - schon vor vielen Jahren aufgegeben hat. Nach jetzt vorliegenden Plänen soll Rußland in Zukunft die EU-Staaten, die mit Ausnahme Frankreichs derzeit die Kernenergie nicht besonders fördern, mit preisgünstigem Atomstrom aus russischen Brutreaktoren beliefern. Wahrscheinlich erklären diese ebenso ehrgeizigen wie zukunftsweisenden Energiepläne die unglaubliche Hysterie, mit der gerade in Deutschland derzeit die grünen Ideologen in allen Parteien den forcierten Ausbau der ineffizienten (und praktisch unbezahlbaren) "alternativen Energiequellen" (Wind, Sonne, Biomasse) fordern.
- Re: Russland und die Energieversorgung Europas Hagen 05.6.2004 22:46 (0)